: Unternehmergewinne sind Kosten
betr.: „Ein Wattestäbchen auf Kanalreise“, taz vom 4. 10. 05
Ich war da richtig enttäuscht, dachte ich doch, mal ein paar gut recherchierte Hintergründe über unsere Wasserbetriebe lesen zu können. Und dann diese harmlose Mitleidsgeschichte, genau das, was man bei einem Schulausflug zu erwarten hätte. Die bösen Verbraucher sind zu sparsam!
Nun, tatsächlich sind die Verbraucher etwas sparsamer geworden – das liegt auch daran, dass hier und dort durch Sanierung Mängel behoben wurden. Der eigentliche Umsatzrückgang der Wasserbetriebe ist aber dem massiven Rückgang gewerblicher Verbräuche, also der Deindustrialisierung Berlins zu verdanken. Und dafür, dass Gewerbe und Industrie nicht mehr so fleißig Wasser durch die Kanäle und Geld auf die Konten der Wasserbetriebe fließen lassen, soll nun der Bürger zahlen – und zwar doppelt!
Denn es werden ja nicht nur die weitgehend konstanten Kosten auf immer weniger Kunden bzw. m[³]Wasser verteilt. Es gibt da ja auch noch die feinsinnige Teilprivatisierung der Wasserbetriebe mit vertraglich garantierten Gewinnen für die ach so mutigen Investoren. Und es wäre auch nicht verwunderlich, wenn das ach so erfolgreiche Management der Wasserbetriebe für diese Glanzleistungen auch noch Erfolgsprovisionen bekommt. (Es gibt da einen, der war mal zuständiger Staatssekretär…)
Das heißt, der Bürger wird diesen nicht vorhandenen, aber erzwungenen Gewinn zahlen. Über einen höheren Wasser- und Abwasserpreis oder als Steuerzahler, oder eben doppelt. Nun, vielleicht lernt auch der gemeine Bürger so endlich, was auch die Wirtschaftswissenschaftler lernen müssen: Unternehmergewinne sind als Kosten zu verbuchen. MICHAEL VOGELSANG
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