piwik no script img

Archiv-Artikel

Unterhaltsame Typen

Noiserock und mehr: Zum zehnjährigen Jubiläum bittet Hamburgs Fidel Bastro-Label einen Schwung Leistungsträger und Zugpferde auf die Bühne

Gerne feiern, das tun sie, die Betreiber wie auch die Künstler des Hamburger Noiserock-Labels Fidel Bastro. Vor ein paar Wochen veröffentlichte man anlässlich des zehnjährigen Bestehens die Jubiläums-CD Zehn B, begrüßt im Rahmen eines beinahe schon sagenumwoben alkoholisierten DJ-Abends in einer arglosen Pinte in Eimsbüttel-Süd. Doch schon im Vorfeld hatten die Gebrüder Kroschewski, verbliebene Fidel Bastro-Gründer, das Vorhaben geäußert, möglichst viele Leistungsträger und Zugpferde für ein Jubiläumskonzert zusammenzutrommeln.

Ein ähnliches Unternehmen endete vor fünf Jahren, beim letzten gefeierten Labelgeburtstag, beinahe im Eklat: Beim Auftritt von Happy Grindcore stürmten empörte Konzertbesucher die Bühne, um dem vermeintlich menschenverachtenden Treiben („Schneidet euch die Haare, wascht euch, werdet Menschen“) der Provo-Schreihälse mittels fliegender Fäuste ein drastisches Ende zu setzen. Es folgten kurzlebige Mini-Diskussionen um Punk und Definitionsmacht, aber am Ende hatte sich eigentlich alles wieder eingerenkt, woran seinerzeit das spätabendliche Set von Superpunk nicht ganz unschuldig war.

Besagte Vorzeige-Straßensoul-Instanz hat das Label zwar inzwischen verlassen, beim jetzt anstehenden Konzertabend ist man aber selbstredend dabei. Insgesamt zehn Bands sind angekündigt, und nach einigem Hin und Her steht das Line-up. Mit Stau und Potato Fritz sind die beiden derzeit am tiefsten im Krach-Untergrund wühlenden Bands dabei. Erstere legten unlängst ein weiteres dunkel-scharfkantiges Noiserock-Juwel vor, Letztere lassen auch weiterhin zu wünschen übrig, was Veröffentlichungen angeht.

Auch Uri Geller stehen noch am ehesten für das Bild, das lange Zeit im Rest der Welt vom eher sperrigen musikalischen Repertoire bei Fidel Bastro herrschte: „Free Noise und White Jazz“ attestierte diese Zeitung vor geraumer Zeit, und allzu viel dürfte sich im Oeuvre der Band um den Sänger und Klarinettisten Michel Chevalier (Hash Over) nicht geändert haben.

Für den Popfaktor des Abends – wenn auch in angezerrter Spielart – konnten Sport gewonnen werden: Nach zähen Verhandlungen war es möglich, Sänger und Gitarrist Felix Müller für ein paar Stunden von einer hiesigen, nun ja, Post-Rock-Band auszuleihen. Freuen Sie sich auf feines Indierock-Liedgut und den mitunter enorm unterhaltsamen Typen am Bass. Nicht ganz unähnlich klingen die Berliner Davos, deren Debüt-Single in diesem Frühjahr bei Bastros angekündigt ist: energischer Poppunk von Sitcom Warriors- und Die Sterne-Mitgliedern.

Geradezu auf Zuruf zerhackstücken – davor oder danach – die hinlänglich bekannten Boy Division populäre Schlager und Evergreens aus mehreren Dekaden Popgeschichte – unausgesprochen mindestens so sehr Punk wie Oma Hans, die sich diesmal unplugged angekündigt haben. Ach ja, sogar Happy Grindcore erheben sich aus ihrem Grab, um erneut die Massen zu provozieren – nicht länger als Gitarre‘n‘Geschrei-Duo, sondern verstärkt zur ganzen Band.

Alexander Diehl

Freitag, 21 Uhr (pünktlich!), Fabrik