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Unpassierbare RadwegeÜber dem Abgrund

Riologie

Aus Ipanema

Markus Völker

Mit einem klapprigen Rad gurke ich zum Strandradweg von Ipanema. Ich weiß nicht, ob ich der Mühle vertrauen kann, denn am Vortag hatte ich einen Platten. Aber die Luft scheint diesmal zu halten. Der Radweg ist eigentlich eine Joggingstrecke. Man joggt bevorzugt mit nacktem Oberkörper. Auch ältere walkende Herren haben das Hemd ausgezogen. Ich muss die Läufer umkurven, mich durchwühlen durch dieses Gewimmel von Körperkultisten. Nicht einfach – ohne Klingel.

Ich bin losgefahren, um den Olympiaradweg zu erkunden, der am südlichen Ende von Ipanema anfängt und Richtung Olympiazentrum geht, hin­über nach Barra entlang der Avenida Niemeyer. Von dem Olympiaradweg hat man schon lange vor den Spielen gehört, denn im April stürzte ein Teil des Neubaus ein. Zwei Menschen starben. Ein Betonpfeiler war ins tosende Meer gestürzt und riss die Radler, die gerade auf diesem Abschnitt unterwegs waren, 50 Meter in die Tiefe.

Es geht zunächst einen kleinen Anstieg hinauf. Hier sind kaum noch Radler unterwegs. Nach ein paar Kurven klebt die Favela Vidigal am Berg, der steil ins Meer abfällt. Der Ausblick ist spektakulär, denn der Radweg schwebt über der Bucht, und man surft mit dem Rad über Felsformationen. An den Aufgängen zur Favela stehen überall Militärpolizisten. Als der Radweg noch atemberaubender wird, versperrt plötzlich ein Betonpoller den Weg. Ein Schild signalisiert: Radfahren verboten! Ich quetsche mich am Poller vorbei und fahre weiter. Jetzt bin ich ganz allein und fühle mich wie auf einem Hochseil überm Abgrund.

Dann kommen wieder Absperrungen. Irgendwann wird es mir zu anstrengend, ich kehre um. Der Radweg ist wirklich grandios, nur eben leider unpassierbar. Er hätte eine der Attraktionen der Spiele von Rio werden sollen. 11 Millionen Euro hat er gekostet, pro Meter 2.820 Euro. Die Baufirma Concremat hat den Radweg gebaut. Sie gehört praktischerweise der Familie des Tourismuschefs von Rio, Antonio Figueira de Mello. Verdammt schade, dass hier gepfuscht wurde. Es hätte so schön werden können.

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