Unis im taz-Test: Die besten Bachelorstudiengänge
Zum Semesterbeginn präsentiert die taz fünf der interessantesten deutschen (und internationalen) Bachelorstudiengänge: Diese Hochschulen bieten Alternativen zum Schmalspur-BA.
Alle weinen wegen des Bachelors. Weil er angeblich das Humboldtsche Bildungsideal versaue - und keine Jobs bringe. Die taz hat sich fünf Bachelor-Studiengänge angesehen - und sich gewundert, wie exzellent das neue Studium sein kann. Schluss mit dem Gejammer!
Leuphana-Bachelor, Leuphana Universität Lüneburg
Radikaler als die Leuphana Uni kann man es kaum machen: Die Hochschule hat schlichtweg alle Einzelstudiengänge abgeschafft - und bietet nur noch einen "Leuphana"-Bachelor an. Die einheitliche Konzeption der Bachelor-Struktur ermöglicht es nun, nahezu jedes Studienfach miteinander zu kombinieren, ohne dabei Probleme zu haben.
Genau auf die dabei entstehende Vielfalt legt die Universität großen Wert: "Wir wollen die Studierenden zu eigenem Nachdenken befähigen", sagt Sascha Spoun, Präsident der Leuphana-Universität.
Konkret sieht das so aus: Zwar steht den Bachelor-Studierenden eine große Auswahl spezifischer Fachkombinationen zur Auswahl - doch erst ab dem zweiten Semester. Denn die Leuphana Universität hat als erste und einzige Uni in Deutschland ein grundständiges Studium generale in ihre Studiengangsplanung eingebunden: Alle Studierenden belegen im ersten Semester interdisziplinäre Module wie "Wissenschaft hat Verantwortung" oder "Wissenschaft hat Geschichte", bekommen eine strukturierte Einführung ins wissenschaftliche Arbeiten und werden - bevor überhaut das eigentliche Fachstudium beginnt - in Teamarbeit und Projektentwicklung geschult. Auch im weiteren Studienverlauf bleiben allgemeinbildende Module erhalten - so müssen Ingenieure sich auch in Modulen wie "Kunst und Ästhetik" oder "Sprache und Kultur" schulen. "Dieser Blick über den Tellerrand", sagt Präsident Spoun, "ist für uns die Essenz eines Studiums, das diesen Namen verdient."
Bachelor Ingenieurwissenschaften, Fachhochschule Kiel - University of Applied Sciences
Die meisten der deutschen Bachelor-Studiengänge sind auf drei Jahre angelegt - da bleibt kaum Zeit für Auslandsexperimente. Und wenn doch, gibts oft Stress mit der Anerkennung von Leistungen. Die Fachhochschule Kiel geht hier mit ihrem Bachelor der Ingenieurwissenschaften einen Pionierweg: Sie bietet ihren Studierenden ein durchkonzipiertes Projektstudium im Ausland an - als regulären Bestandteil des Bachelor-Studiums.
Studierende haben im fünften Semester die Möglichkeit, an einer von sieben Partnerhochschulen ein Projektsemester im Ausland zu absolvieren, das als integraler Bestandteil des Studiums zählt. Anders als an vielen anderen Unis organisiert die Kieler Fachhochschule diesen Austausch selbst in einem eigens eingerichteten Kooperationsverband mit Partnerunis von Norwegen bis Spanien. Die Studis treffen auf internationale Teams und entwickeln gemeinsam Forschungsprojekte.
Das Gute: Durch die enge Abstimmung der Hochschulen fügt sich der Auslandsaufenthalt passgenau in den Studiengang an der Heimathochschule. Das hat auch Auswirkung auf die Mobilitätszahlen. An der Fachhochschule waren die Mobilitätsraten zwischenzeitlich stark rückläufig - dieser Trend hat sich mit dem Austauschprogramm umgekehrt: Für ihre gute Arbeit wurde die Fachhochschule daher im letzten Jahr als beste deutsche Uni mit dem europäischen Mobilitätszertifikat ausgezeichnet.
Bachelor of Philosophy & Economics, Universität Bayreuth
Von langbärtigen Lebenszeitphilosophen hatten die ProfessorInnen an der Uni Bayreuth genug, als sie vor acht Jahren ihren Philosophie-Magister einstampften und stattdessen den Bachelor of Philosophy and Economics einführten: Ein Studiengang, der seinen Studierenden vermitteln will, wie sie "schwierige Entscheidungsprobleme mit analytischer Grundsätzlichkeit" lösen können. Sie setzt auf die Ausbildung von ethisch belastbaren Führungspersönlichkeiten.
Was an der Uni Bayreuth neu ist: Hier ist Philosophie - wieder! - ein Elitestudiengang. Die harten Zulassungskriterien des Bachelor-Studienganges steht daher in der Kritik manches jener Philosophen, die in dem philosophischen Turbo eine Sünde am Geiste sehen. Mit harten Eignungsfeststellungsverfahren wird entschlossen gesiebt, um die Abbrecherquote so klein wie möglich zu halten.
Wie kaum ein zweiter symbolisiert der wirtschaftsfreundliche Bayreuther Philosophie-Studiengang den interdisziplinären Ausbildungscharakter, wie er zunehmend von potenziellen Arbeitgebern gefordert wird. Das schadet vielleicht der Dialektik, macht aber aus Philosophen zumindest eins nicht: Taxifahrer.
Bachelor Politikwissenschaft, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Wenn die Wahlfreiheit gleich null ist und alle Pflichtveranstaltungen nur stattfinden, wenn die Kitas zu sind, dann wird der Lehrplan für studierende Eltern mit betreuungsintensiven Kindern oder Studis mit Nebenjob oft zu einem Spießrutenlauf durchs Studium. Doch obwohl 63 Prozent der Studierenden auf eigenes Einkommen angewiesen sind, sind immer weniger Bachelor-Studiengänge auf die soziale Realität ihrer Studierenden eingestellt. Stattdessen in Mode: verschulte Vollzeitstudiengänge mit engen Bachelor-Korsetts.
Der Bachelor-Studiengang Politikwissenschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt "ist auf der anderen Seite des Möglichkeitsspektrums angesiedelt", sagt Jens Borchert, Professor für Politikwissenschaft und Politische Soziologie in Frankfurt. Hier genießen die Studierenden maximale Wahlfreiheit: Außer der Einführungsvorlesung und zwei Methodenseminaren sind die angehenden PolitikwissenschaftlerInnen in ihrer Kurswahl völlig frei. Das heißt nicht nur, dass sie ihr Studium inhaltlich nach eigenen Interessen selbst bestimmen können, sondern auch ganz banal, dass sie etwa Seminare wählen können, die zeitlich zu ihrem Leben passen.
Während eine zu starke Selbständigkeit der Studierenden an anderen Unis als Hauptursache für orientierungslose Bummelstudis herhalten muss, drehen die Frankfurter PolitikwissenschaftlerInnen den Spieß einfach um: "Wir halten es für eine besondere Qualität, sich auch unter unübersichtlichen Verhältnissen selbstbestimmt organisieren zu können", sagt Borchert.
Informatik-Bachelor an der RWTH Aachen
Dass Studierende mit ihrem Mitspracherecht an der Hochschule zufrieden sind, ist selten. "Intransparenz", "Klüngelrunden", "Hinterzimmerentscheidungen" sind die Stichworte, die Studierendenvertreter häufig gegen die Entscheidungsprozesse an den Unis ins Feld führen.
Nicht so im Bachelor-Studiengang Informatik an der RWTH Aachen: Hier spricht Informatik-Student Thomas Kesselheim, 23, studentisches Mitglied im Fakultätsrat, Prüfungsausschuss und Studierendenparlament, von "transparenten Verfahren und konstruktiven Partizipationsmöglichkeiten" bei der Studiengangsgestaltung. Weil die Studierenden hinreichend informiert würden, könnten sie auch sachkundig mitreden. "Und das nützt am Ende der gesamten Universität", sagt Kesselheim. "Wenn es etwa um die Arbeitsbelastung im Studium geht, sind die Studierenden doch die Einzigen, die wirklich wissen, worüber sie da reden."
An Kesselheims Fakultät seien die Studierenden von Anbeginn in die Konzeption des neuen Informatik-Bachelors eingebunden gewesen - und konnten so übertriebene Studienanforderungen verhindern, sagt Kesselheim: "Das hat die Situation ganz klar verbessert - und zwar für alle Beteiligten."
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