piwik no script img

Unions-Experte zu Onlinedurchsuchung"Gesetz noch vor der Sommerpause"

CDU-Polizei-Experte Binninger lobt die Anforderungen des Verfassungsgerichts an Onlinedurchsuchungen: Sie seien "lebensnah" und gut umzusetzen.

Schäuble muss jetzt die Voraussetzungen präzisieren, meint Binninger. Bild: ap

taz: Herr Binninger, wann wird der Bundestag dem Bundeskriminalamt (BKA) erste Onlinedurchsuchungen erlauben?

Clemens Binninger: Ich rechne damit, dass es in etwa zwei Monaten einen Gesetzentwurf für die ohnehin geplante Novelle des BKA-Gesetzes geben wird. Und ich hoffe, dass wir das Gesetz noch vor der Sommerpause beschließen können.

Der Innenminister hat im letzten Sommer einen Entwurf zur BKA-Novelle vorgelegt, das auch die Onlinedurchsuchung regelt. Muss er nach dem Karlsruher Urteil viel ändern?

Nein. Präzisieren müssen wir aber die Voraussetzungen, ab wann eine Onlinedurchsuchung erlaubt sein soll. Das Verfassungsgericht verlangt eine konkrete Gefahr.

Bisher sollte ganz allgemein die Verhütung von Terroranschlägen genügen. Hätte da die Festplatte jedes potenziellen Terroristen ausgespäht werden können?

Es ging nie um flächendeckende Maßnahmen gegen alle Gefährder. Die heimliche Durchsuchung einer Festplatte sollte immer das letzte Mittel sein, wenn die Polizei anders nicht mehr weiterkommt. Karlsruhe verlangt als Voraussetzung zudem, dass es konkrete Anzeichen für Anschlagsvorbereitungen geben muss. Das werden wir umsetzen.

Wie sieht es beim Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung aus?

Auch da werden wir korrigieren. Im bisherigen Entwurf wurde verlangt, dass auf der Festplatte nur solche Suchwörter verwendet werden, die nicht zur Erfassung von Inhalten aus dem Kernbereich führen. Das war etwas lebensfremd. Es kann ja nicht sein, dass wir eine Datei mit Bombenbau-Anleitungen nicht finden, nur weil sie "Liebesbrief.doc" genannt wurde.

Was schlagen Sie vor?

Karlsruhe hat erlaubt, dass die Polizei erst einmal die gesamte Festplatte kopiert und dass ein Richter dann die Daten durchsieht. Was zum privaten Kernbereich gehört, wird sofort gelöscht, und nur der Rest geht an die Polizei.

Sie sind mit dem Karlsruher Urteil also sehr zufrieden?

Ja. Das Verfassungsgericht hat sich diesmal sehr bemüht, lebensnahe Anforderungen aufzustellen. Es macht ja auch keinen Sinn, die Onlinedurchsuchung grundsätzlich zuzulassen und dann so hohe Hürden aufzustellen, dass die Polizei das Instrument gar nicht benutzen kann.

Vermutlich wird die Onlinedurchsuchung auch in der Strafprozessordnung und vielen Landespolizeigesetzen verankert. Wie viele derartige Eingriffe wird es im Jahr 2013 geben?

Ich schätze, dass die Zahl pro Jahr - alle Sicherheitsbehörden zusammengenommen - immer noch im unteren zweistelligen Bereich liegen wird.

INTERVIEW CHRISTIAN RATH

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!