piwik no script img

Archiv-Artikel

Union diskutiert weiter über Mindestlohn

Fraktionschef Kauder sieht noch Diskussionsbedarf mit Wirtschaftsflügel. Wirtschaftsminister Glos verteidigt Entwurf

BERLIN afp ■ Der Kabinettsbeschluss zum Mindestlohn ist am Donnerstag auf ein geteiltes Echo gestoßen. Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder (CDU), sprach zwar von einem akzeptablen Kompromiss, sah aber noch Diskussionsbedarf.

Und der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der Union, Josef Schlarmann (CDU), befürchtete negative Auswirkungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland.

Nach monatelangem Streit zwischen Union und SPD hatte die große Koalition am Mittwoch den Weg für weitere Branchen-Mindestlöhne freigemacht. Für acht Branchen mit etwa 1,57 Millionen Beschäftigten wird nun die Aufnahme ins Entsendegesetz geprüft: Leih- und Zeitarbeit, Pflegedienste, Wach- und Sicherheitsgewerbe, Abfallwirtschaft, Weiterbildung, forstliche sowie textile Dienstleistungen und Bergbauspezialarbeiten. Ein Mindestlohn gilt bislang für das Baugewerbe, für Gebäudereiniger sowie für Briefdienstleistungen und damit für etwa 1,8 Millionen Beschäftigte.

Er wolle mit dem Wirtschaftsflügel seiner Partei besprechen, ob der Tarifvorrang noch besser abgesichert werden könne, sagte Kauder der Berliner Zeitung vom Donnerstag. Er sehe die „Grundlagen unserer Wirtschaftsordnung betroffen“, kritisierte Schlarmann am gleichen Tag im Handelsblatt. „Die Bundesregierung hat mit ihren Mindestlohnplänen den Rückfall in Planwirtschaft und Dirigismus beschlossen.“

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) verteidigte den Kompromiss. Der Kabinettsbeschluss entspreche zwar „nicht voll“ seinen Wunschvorstellungen, sagte er der Tageszeitung Die Welt. Er habe aber durchgefochten, dass der Kompromiss so „wirtschafts- und beschäftigungsfreundlich wie möglich“ umgesetzt wird.

Der Kompromiss bringe nur „ganz wenigen Branchen und ihren Beschäftigten wirkliche Fortschritte“, sagte DGB-Vize Ingrid Sehrbrock der Nordwest-Zeitung vom Donnerstag. Minigewerkschaften und ihre Tarifverträge seien sogar bei Lohn- und Sozialdumping praktisch geschützt. Deshalb sei ein flächendeckender Mindestlohn notwendig.

Auch das Mitglied im Sachverständigenrat, Wolfgang Franz, kritisierte den Kompromiss. „Die Bundesregierung schlägt mit den Gesetzen einen verhängnisvollen Weg ein: Die jüngsten Erfolge auf dem Arbeitsmarkt werden fahrlässig aufs Spiel gesetzt“, sagte der Arbeitsmarktexperte der Financial Times Deutschland. „Darunter werden vor allem gering qualifizierte Arbeitnehmer leiden.“