Umweltzonen werden selten kontrolliert: Alles im grünen Bereich
Nur vier Städte in Deutschland überwachen ihre Umweltzonen effektiv. Besonders nachlässig sind Städte im grün-roten Baden-Württemberg.
BERLIN taz | Stell Dir vor, es gibt eine Umweltzone - aber keiner kontrolliert sie. Das ist in vielen deutschen Städten der Fall, vor allem aber im grün-rot regierten Baden-Württemberg. Das jedenfalls hat die Deutsche Umwelthilfe durch die Befragung von 47 Kommunen in Deutschland herausgefunden. "Es kann nicht sein, dass eine Stadt wie Tübingen mit einem grünen Bürgermeister ihre Umweltzone nicht kontrolliert", sagte der Geschäftsführer der Umweltorganisation, Jürgen Resch, am Dienstag in Berlin.
Mehr als 60 Kommunen in Deutschland haben Umweltzonen eingerichtet, um die Belastung der Luft mit gesundheitsschädlichem Feinstaub und mit Stickoxiden zu senken. In solche Zonen dürfen nur schadstoffarme Fahrzeuge mit entsprechenden Plaketten einfahren. Parken die Fahrzeuge, werden sie von kommunalen Ordnungsämtern kontrolliert; fahren sie, ist die Polizei, also das Bundesland, zuständig. In Baden-Württemberg kontrollieren nach Reschs Worten weder die Kommunen noch die Polizei effektiv. "Wenn Sie in Stuttgart von der Polizei herausgewinkt werden, weil Sie am Steuer mit dem Handy telefoniert haben, schaut der Beamte nicht nach, ob Sie eine Plakette haben."
Nur vier Städte in Deutschland überprüfen ihre Umweltzonen laut Resch ausreichend: Bremen, Hannover, Berlin und Leipzig. In 13 Städten wird der ruhende Verkehr, also parkende Autos, vorrangig überwacht.
Allerdings ist die Höhe der Feinstaubbelastung der Luft stark wetterabhängig, wie ein Blick auf Daten des Umweltbundesamtes zeigt: Bei Regen und Wind sinkt die Belastung deutlich, weil Staub weggeweht oder ausgespült wird; an trockenen und windschwachen Tagen steigt die Belastung stark an. Eine Reduzierung des Feinstaubs an der Quelle ist dennoch sinnvoll, da es immer wieder zu windschwachen Witterungsperioden kommt, insbesondere in Tallagen wie in Stuttgart.
Durch Umweltzonen könne der Ausstoß von feinen Dieselrußpartikeln um bis zu 58 Prozent gesenkt werden, so Resch. Gleichwohl müsse man auch weitere Feinstaubemittenten in den Blick nehmen: Lokomotiven, Baufahrzeuge sowie Holz- und Kohleöfen. Wenig Erfolg verspricht sich Resch hingegen von anderen Maßnahmen im Verkehrsbereich: etwa das Anpflanzen von staubschluckendem Gebüsch auf Mittelstreifen oder die regelmäßige Nassreinigung von Straßen bei anhaltender Trockenheit. Resch: "Das sind alles Placebo-Maßnahmen, die die Autolobby ins Gespräch bringt."
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