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Archiv-Artikel

Ulrike Ballweg, Assistentin Das Hirn von Silvia Neid

Ulrike Ballweg

■ 45, trainiert auch die U23-Nationalelf und die Nationalspielerinnen in der Bundeswehr-Sportförderkompanie FOTO: DPA

Wenn man die Erfolgsspur des zweimaligen Frauenfußballweltmeisters Deutschland weit genug zurückverfolgt, landet man beim SV Klinge-Seckach. Dort im Odenwald begegneten sich Anfang der achtziger Jahre zwei Teenagerinnen auf dem Fußballplatz, die 25 Jahre später gemeinsam auf der Trainerbank der Nationalelf Platz nahmen: Silvia Neid und Ulrike Ballweg. Während Neid als Frontfrau des Frauenfußballs unumstritten ist, beginnen die wenigen Artikel über Ulrike Ballweg meist mit der Frage: Wie kann man heute noch Vokuhila tragen?

Dabei ist die Wahl-Hamburgerin keineswegs ein Relikt aus den Achtzigern, sondern das „Hirn“ des Teams. Das ist sehr schön eingefangen in einer Szene des Films „Die besten Frauen der Welt“: Auf der Weiterreise nach dem WM-Spiel gegen England 2007 in China, erklärt Ballweg Neid mit dem Laptop auf dem Schoß die Stärken und Schwächen des nächsten Gegners.

Während Neid die baden-württembergische Provinz früh verließ, machte Ballweg mit 17 ihren Trainerschein und führte den SV Klinge-Seckach 1996 als Spielertrainerin sensationell ins DFB-Pokalfinale. Da hatte sie als dritte Frau in Deutschland den Fußball-Lehrer-Schein gemacht und arbeitete nebenbei als Auswahltrainerin beim Badischen Fußball-Verband.

Mit Praktika bei Ajax Amsterdam und beim Karlsruher SC erweiterte sie systematisch ihr Know-How und wurde 1998 Verbandsportlehrerin beim Hamburger Fußball-Verband, wo sie ein Jahrzehnt lang erfolgreich den Nachwuchs förderte und Strukturen professionalisierte. Ein Anliegen war es ihr dabei, Jungen und Mädchen möglichst lange zusammen spielen zu lassen. „Im Leistungsfußball ist es kontraproduktiv, dass die Mädchen zu früh in reinen Mädchenmannschaften spielen. Dort werden die guten Spielerinnen weder im Training noch im Spiel richtig gefordert“, so ihr Credo.

Parallel zur Tätigkeit in Hamburg arbeitete sie von 2002 bis 2005 als Assistenztrainerin der U-19-Frauen, mit denen sie Vize-Europameister und Weltmeister wurde. Als Silvia Neid schließlich 2005 Nationaltrainerin wurde, holte sie ihre Jugendfreundin ins A-Team. Ihren Job beim Hamburger Verband gab sie Ende 2007 auf, ist aber immer noch ehrenamtlich als Beisitzerin im Ausschuss für Frauen- und Mädchenfußball tätig.

Gibt man Ulrike Ballweg die Möglichkeit, tatsächlich über Fußball zu reden, dann erfährt man in wenigen Sätzen mehr über die Geheimnisse des Spiels, als in stundenlangen TV-Talkrunden mit angeblichen Experten. Zum Beispiel, dass Frauen mit rund 15 Kilometern pro Spiel heute genauso viel laufen wie Männer und dass das im Männerfußball vor einigen Jahren als große Innovation gefeierte 4-2-3-1-System bei den DFB-Frauen schon 1996 von Tina Theune eingeführt wurde. RALF LORENZEN