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Überschuldung in der EUDie Gefahr lauert in Spanien und Italien

Eigentlich befindet sich Athen mit seinem auf Pump finanzierten Staatshaushalt in guter Gesellschaft: Gegen 20 der 27 EU-Mitgliedstaaten läuft ein Defizitverfahren.

EZB-Gebäude in Frankfurt/Main. Bild: ap

BRÜSSEL taz | Mit Protesten und Warnstreiks haben die Staatsbediensteten in Griechenland auf die von Brüssel verordnete Sparpolitik reagiert – und damit die Warnung von Analysten bestätigt, die Bevölkerung verkenne den Ernst der Lage.

Eigentlich befindet sich Athen mit seinem auf Pump finanzierten Staatshaushalt in guter Gesellschaft: Gegen 20 der 27 EU-Mitgliedstaaten läuft ein Defizitverfahren. Zudem steuert Griechenland nur 3 Prozent zur Wirtschaftsleistung der Eurozone bei - ein Bankrott Spaniens oder Italiens wäre für den Euro bedrohlicher.

Als Musterschüler hingegen gilt Irland. Bereits im vergangenen April wurden dort die Gehälter im öffentlichen Dienst um 7,5 Prozent gekürzt. Damit war Irland eines der ersten Länder der Eurozone, das nach der Rezession einen strengen Sparkurs einschlug. Im Dezember wurden zusätzliche Kürzungen bei den Beamtengehältern um bis zu 15 Prozent angekündigt. Außerdem sollen die Sozialausgaben um 4 Prozent gesenkt werden - das bedeutet unter anderem Streichungen beim Kindergeld und bei der Arbeitslosenhilfe.

Einen noch drastischeren Sparkurs fährt Lettland, das allerdings noch nicht zur Eurozone gehört. Kredite des Internationalen Währungsfonds und der EU verhinderten dort den Staatsbankrott – sie sind aber mit strengen Auflagen verbunden. Deshalb hat die Regierung in Riga im vergangenen Jahr die Staatsausgaben um 40 Prozent gesenkt - mit verheerenden sozialen Folgen. Noch dringender als vor der Krise möchte Lettland der Schutz versprechenden Eurozone beitreten. 2014 sollen die Kriterien erfüllt sein.

Nachbarland Estland möchte schon nächstes Jahr den Euro einführen. Während des Aufschwungs hatte die Regierung Geld für einen Stabilisierungsfonds zurückgelegt, aus dem nun Staatsschulden beglichen werden können. Deshalb wird die Neuverschuldung dieses Jahr wohl bei nur 2 Prozent liegen - damit geht es Estland deutlich besser als seinen Nachbarn Schweden und Finnland. Die Aufnahmebedingungen für die Eurozone sind erfüllt.

Auch in Spanien wird drastisch gespart. Die Regierung legte in Brüssel einen Plan vor, nachdem die Staatsverschuldung 2012 einen Höchststand von 74,3 Prozent des BIP erreicht und danach stetig sinken soll. 2013 will das Land die Neuverschuldung auf unter 3 Prozent zurückfahren und den Stabilitätspakt wieder einhalten. Damit stehe Spanien besser da als Griechenland, Portugal oder Italien, betonte ein Regierungsvertreter. Auch einige Analysten betonen, dass die Krise in Spanien und Irland vor allem durch den Zusammenbruch des Immobilienmarktes entstanden sei, während in Griechenland und Portugal die Bürger jahrzehntelang sorglos auf Pump gelebt hätten.

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4 Kommentare

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  • SS
    Susi Sorglos

    Ihre Sorge ist unbegründet.

    Die Kredite sind alle versichert.

    Sollte ein Land nicht zahlen können, dann zahlt die Versicherung.

     

    Gott, sei Dank gibt es Firmen wie Lehmann, GoldmannsSack, die so tolle Sachen erfinden.

  • RL
    Rusa Lobowicz

    Frau Weingärtner,

     

    bei Spanien ist die Lage so ernst wie in Irland oder Portugal. Italien als vergleichsweise starkes Industrieland mit geringer Verschuldung der privaten Haushalte kann man so aber nicht mit den anderen auf eine Stufe stellen. Zudem ist es schade, dass sich die Union, ob man nun den Euro für sinnvoll hält oder nicht, immer so peinlich selbst zerfleischen muss. Was ist mit der wesentlich desolateren Lage in England? Oder in Kalifornien? Das wäre sicher mal einen Artikel wert, Infos hierzu gibt es ja.

     

    http://www.bankhaus-rott.de/wordpress/?p=485

     

    Mit freundlichen Grüßen

    Rusa

  • N
    nikosasteriades

    Frau Daniela Weingaertner, Sie sind ein Papagei der Deutschen Bank.Die Deutsche Bank ist vorallem schuldig an der heutigen Spekullationen der "Boersen-Haien" an der griechischen Finanzkrise. Seit einem Jahr spekulliert die DB dagegen. Die Deutsche Bank ist sehr eng mit der Interessen der Thyssen Grupp verschwunden.

     

    Denn wer profitiert vorallen in Europa von einem schwachen Euro? Das Exportland Deutschland, No2 an der Weltrangliste.

     

    Vielen Dank.

    Nikos Asteriades.

    Thessaloniki, Makedonia, Griechenland.

  • DL
    Dr. Ludwig Paul Häußner

    Spanien mit roter Laterne bei der Mehrwertsteuer

     

    Spanien ist dem Immobilienboom furchtbar auf den Leim gegangen und kommt nun in eine fiskalische Schieflage.

     

    Allerdings könnte sich Spanien auch aus der selbst verschuldeten Misere berfreien: mit einer schrittweisen Erhöhung des derzeitigen MwSt-Satzes von 16% auf 25%. Damit würde Spanien nicht nur das Defizit seiner öffentlichen Haushalte beheben, sondern auch die Einfuhren, durch eine ebenfalls höhere Einfuhrumsatzsteuer senken.

     

    Ungarn hat genau damit seine fiskalischen Probleme in den Griff bekommen. Die MwSt wurde dort am 01. 07. 2009 von 20% auf 25% erhöht.

     

    Übrigens Italien, Frankreich und nicht zuletzt auch Deutschland wird nichts anderes übrig bleiben als die MwSt auf den EU-Höchstsatz zu erhöhen.

     

    Sparmaßnahmen wie in Irland wüden nur die Deflationstendenzen in Deutschland verstärken.

     

    Deshalb als Therapie für Deutschland: die MwSt rauf, den Soli abschaffen und ein bedingungslosesn Bürgergeld einführen und dies über die persönliche Steueridentnummer auszahlen bzw. verrechen.

     

    Weiterführende Informationen dazu im Artikel

     

    Konsumsteuer und Staatsverschuldung im Internet unter:

     

    http://www.unternimm-die-zukunft.de/Ausgewaehlte_Texte/Texte_zu_verwandten_Themen/Konsumsteuer%20und%20Staatsverschuldung%20-%20B_Hardorp_DasGoetheanum_2009-12.pdf

     

    L.P. Häußner, Karlsruhe