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Archiv-Artikel

Üben, recherchieren, neu schreiben

betr.: „Öffnen und sprengen“, taz vom 9. 1. 06

Selten habe ich einen solch amüsanten Artikel gelesen! Allerdings handelt es sich dann doch wohl eher um unfreiwillige Komik. Um der Praxisnähe des Autors ein wenig auf die Sprünge zu helfen:

1. Ein recht großer Teil der Pornos wird von Paaren konsumiert und nicht nur von „einsamen männlichen Zuschauern“.

2. Warum es für besagten onanierenden Zuschauer angeblich möglichst echt sein muss, versteht kein Mensch. Hallo, schon mal was von Mangas gehört? Das ist ein ganzer Industriezweig, basierend auf gezeichneten, meist komplett erfundenen und oft völlig unglaublichen Pornogeschichten. Etwas Künstlicheres gibt es nicht – stört halt bloß auch nicht die Konsumenten.

3. Warum soll Analverkehr „echter“ sein als vaginaler? Diese Antwort bleibt der Text schuldig. Sooo unterschiedlich sieht das ja (von außen betrachtet, sozusagen) nun nicht aus.

4. Soso, Machtfragen werden da verhandelt. Warum aber gibt es – anders als dargestellt – im Porno-Mainstream eben praktisch keine Gewalt- oder Vergewaltigungsszenen? Und warum simulieren die Frauen beim gefilmten Analverkehr dann Lust und nicht Schmerz? Müsste sich ja besser verkaufen.

5. Das Geschlechterverhältnis ist also archaisch. Die Standardsituation im „Mainstream-Porno“ ist nun dummerweise die, dass laut „Drehbuch“ die Frau(en) die Initiative ergreifen. Männer sind hier eher Sexobjekt, Frauen das Subjekt.

6. Aber was soll man dann dem Autor raten, der „berechtigte Zweifel am vaginalen Orgasmus“ hat oder, noch besser, meint, nur beim Analverkehr spart man sich den Blickkontakt? Genau: Üben. Recherchieren. Und dann den Artikel bitte neu schreiben.

BERNHARD HOLZINGER, Schwabach