piwik no script img

USAJustizminister Gonzales tritt zurück

Erneuter Wechsel in der US-Regierung: Der wegen der Entlassung von Bundesanwälten umstrittene Justizminister gibt sein Amt auf. Der Nachfolger soll bereits feststehen.

Rückschlag für US-Präsident George W. Bush: Er muss auf seinen Minister Alberto Gonzales verzichten Bild: ap

WASHINGTON taz/afp US-Präsident George W. Bush hat einen weiteren engen Mitstreiter verloren. Der umstrittene Justizminister Alberto Gonzales habe seinen Rücktritt eingereicht, teilte das Weiße Haus in Washington am Montag mit. Damit bestätigte die Regierung einen Bericht der "New York Times". Auf der Internetseite der Zeitung hieß es unter Berufung auf Regierungsquellen, der Minister habe Bush bereits am Freitag telefonisch über seine Entscheidung informiert. In die Kritik geraten war der Justizminister nach der Entlassung von Bundesanwälten, die dem Weißen Haus nicht genehm gewesen sein sollen.

Ein ranghoher Regierungsbeamter sagte, die Entscheidung zum Rücktritt sei von Gonzales selbst ausgegangen. Die Regierung habe keinen Druck auf den Minister ausgeübt. Der Präsident habe den Rücktritt "mit großem Zögern angenommen". Nach seinem Anruf am Freitag sei Gonzales mit seiner Familie auf die Ranch der Familie Bush in Texas gereist, wo der Präsident zur Zeit zu seinem Sommerurlaub weilt. Einem Bericht des Fernsehsenders CNN zufolge ist die Nachfolge bereits geklärt: Heimatschutzminister Michael Chertoff solle den Posten des Justizminister übernehmen, berichtete der Sender am Montag.

Gonzales war in der Affäre um die Entlassung von Bundesanwälten in den vergangenen Monaten immer stärker unter Druck geraten. US-Senatoren hatten ihm Mitte Juli offen ihr Misstrauen ausgesprochen. Er weiche Fragen aus, ändere immer wieder seine Aussagen und erzähle die Unwahrheit, warfen sie dem Minister bei einer Sitzung des Justizausschusses vor. Auch einflussreiche Politiker von Gonzales' Republikanischer Partei forderten zuletzt seinen Rücktritt. Der republikanische Senator Arlen Specter brachte zudem einen Sonderermittler zur Aufklärung der Vorgänge im Justizressort ins Gespräch. Im Juni trat zudem Gonzales' Stellvertreter Paul McNulty zurück.

Auch im eigenen Haus geriet Gonzales schließlich unter Druck. Das Justizministerium leitete im Juni Ermittlungen gegen den eigenen Ressortchef ein. Dabei ging es um die Frage, ob der Minister die Zeugenaussagen von Mitarbeitern zu der Angelegenheit beeinflussen wollte. Im Mittelpunkt stand ein Treffen von Gonzales und seiner inzwischen zurückgetretenen Beraterin Monica Goodling. Die Mitarbeiterin hatte bei ihrer Aussage vor einem Ermittlungsausschuss des Senats ausgesagt, ein Treffen mit Gonzales habe bei ihr ein "etwas unbehagliches Gefühl" hinterlassen.

Bush allerdings hatte bis zuletzt zu seinem umstrittenen Minister gehalten und Rücktrittsforderungen zurückgewiesen. Zudem weigerte sich der Präsident, mit seinen ehemaligen Top-Beratern Joshua Bolton und Harriet Miers enge Vertraute in der Affäre vor dem Kongress aussagen zu lassen. Der Druck des Weißen Hauses war stark genug, um ein symbolisches Misstrauensvotum gegen Gonzales Mitte Juni scheitern zu lassen: Den Abgeordneten der Demokratischen Partei gelang es nicht, ausreichend Republikaner auf ihre Seite zu ziehen, um die nötige Mehrheit von 60 Stimmen in dem 100 Mitglieder zählenden Senat bekommen.

Hintergrund des Streits ist die Entlassung von acht der 93 ranghohen US-Bundesanwälte im vergangenen Jahr. Gonzales hatte behauptet, die Juristen seien wegen schlechter Leistungen entlassen worden. Kritiker des Justizministers sind jedoch davon überzeugt, dass sie wegen mangelnder Loyalität zur Bush-Regierung gefeuert wurden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!