URDRÜS WAHRE KOLUMNE : Schweine mit Flügeln
Ausgerechnet in Bremen fand jetzt die Schüler-Bundestagung „Schule ohne Rassismus“ statt. Bürgerschaftspräsident Christian Weber als Grüßaugust hätte gut daran getan, den Gröpelinger Murat Kurnaz anhand seiner Deportation nach Guantánamo schildern zu lassen, was Rassismus auch sein kann und wie herzlose Politiker (z. B. Senator Röwekamp) den Folterknechten als willfährige Frettchen des US-Imperialismus noch zugearbeitet haben. Sein erschütterndes Interview im neuen Stern über die Mitwirkung doitscher Landser und Schlapphüte bewegt umso mehr angesichts der unverhohlenen Drohung aus Berlin, den gepeinigten Bremer Muslim türkischer Abstammung eventuell auch noch wg. Verleumdung ranzukriegen. Murats Zeugenlage wird dabei denkbar schlecht sein …
Eine Steilvorlage für den sozialkundlichen Unterricht liefert der Hamburger Senat jetzt seinen Schulen durch eine Art Dienstanweisung an die Lehrer, künftig jene SchülerInnen bei den Behörden zu denunzieren, deren Aufenthaltsstatus nicht eindeutig geklärt ist. Da bietet sich dem Pädagogen doch der Besinnungsaufsatz an: „Warum kein Mensch illegal ist“, die vergleichende Lektüre von Anne Frank und das interdisziplinäre Projekt „Wir sind alle Weiße Rose!“ – in der Waldorfschule auch mit eurythmischer Umsetzung. Und im Kunstunterricht bemalen wir die Turnhallenwand mit dem Monumentalgemälde „Schweine mit Flügeln“ – aber die Gesichter nur von Einser-Schülern gestalten lassen, damit man die Damen und Herren Senatoren auch gut erkennen kann!
Wie sehr das Laster in diesem Jammertale triumphiert, belegt ein Vorfall im südhannöverschen Salzhemmendorf, wo zwei Autofahrer auf der Landstraße in eine Schafherde rasten, dabei zwei der liebenswerten Tiere töteten und inzwischen Ermittlungen gegen(!) den guten Hirten(!) als Unfallverursacher eingeleitet wurden.
Trauer muss jetzt Norddeutschland tragen: Das über viele Jahrzehnte populäre Wrestling-Turnier auf dem hannoverschen Schützenplatz (einst mit sieben Wochen Dauer „das Größte der Welt“) muss abgesagt werden, nachdem immer noch kein Großsponsor dieses Festivals der kühnen Recken gefunden wurde, das jahrelang als „Gilde-Catchcup“ das nämliche Bier in alle Munde brachte. Jetzt aber wird die einst so starke Regionalmarke zunehmend von den Heuschrecken der Inbev-Gruppe verhunzt und da entzieht man sich gern der ehrenvollen Unterstützung für den Mythos des heroischen Kampfes Mann gegen Mann! Ein Grund mehr, keine Konzernbrühe mehr über unsere Zungen rinnen zu lassen. Oder gar über einen Volkshochschulkurs als Hausbrauer nachzudenken …
LeserInnen dieser Kolumne aus dem Raum Bremen sind herzlichst gebeten, heute um 20 Uhr beim Saisonstart des Kabaretts der Literarischen Gewalttätigkeiten in der GaDeWe dabei zu sein. Alle anderen seien darauf verwiesen, dass heute über 36 Millionen im Lotto-Jackpot warten – mit der Hälfte davon wird es Euch nicht schlechter gehen und mit dem Rest könnte die taz nord auf Jahre hinaus mit täglichen Regionalseiten für Stade, Plön, Bückeburg und/oder Wismar erscheinen – wäre doch mal was, meint jedenfalls ULRICH „KLEINSTADT-TÄTER“ REINEKING