UNTER JUGOSLAWEN : Drei Euro
Wir hören Bajaga und Jazz von Roma-Bands, dabei unterhalten wir uns in drei Sprachen. Wir wechseln hin und her. Als gegen halb sechs endgültig ins Ex-Jugoslawische gewechselt wird, kippe ich fast vom Barhocker, so sehr strenge ich mich an. Schließlich lullt mich die ungewohnte Intonation ein und lässt mich Richtung Theke sacken. Nur die steigende Gläschenfrequenz verhindert, dass ich mich auf dem Boden zusammenrolle. Meine Wohnung, drei Minuten Fußweg entfernt, ist unerreichbar geworden. Zwei Häuserblöcke. Eine Straßenecke. Eine Weltreise. Ich stöhne leise.
Dunkel erinnere ich mich, meine Begleitung per SMS gebeten zu haben, nicht mehr als drei Euro mitzunehmen, um sicherzustellen, dass wir vor Mitternacht im Bett liegen. Bevor wir dann gegen sieben Uhr morgens aus dem Café Rroma treten, leert meine Begleitung die restlichen Münzen auf den Tisch. (Heimlich hatte er mehr Geld als abgemacht mitgenommen!) Und obwohl es sich um einen symbolischen Betrag handelt, müssen wir uns beeilen, denn die Münzen werden vehement in unsere Richtung zurückgeschoben. Wäre der Barkeeper und neue Freund nicht selbst etwas derangiert, hätte er sich uns sicher in den Weg gestellt.
So aber spielt sich unsere Flucht in Zeitlupe ab. Es dauert etwas, bis ich registriert habe, dass meine Begleitung „bezahlt“ hat und sich in Bewegung setzt (sehr langsam). Ich rutsche also vom Barhocker (sehr langsam) und auch meine Jacke rutscht (langsam – verhindern kann ich es trotzdem nicht) hinunter. Ich muss sie also aufheben und dabei das Gleichgewicht halten. Das dauert etwas. An der Türe angekommen, haben wir Probleme mit dem Knauf. Und da wir uns zum Abschied umdrehen, stolpern wir die Stufen des Laden-Cafés blind hinunter. Irgendwie komme ich zuhause an. Als ich aus meiner Jeans steige, fallen drei Euro heraus. SONJA VOGEL