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UNICEF–Konferenz zu Kindern im Krieg

■ Fünftägiges Treffen in Nairobi / Untersuchungen aus Südafrika, Uganda und dem Libanon / „Kindersoldaten“, inhaftierte und erschoßene Kinder und psychische Schäden bei Kindern durch Kriegshandlungen

Nairobi (afp) - Mit dem Anbruch moderner Zeiten in Afrika wurden auf dem traditionell kinderfreundlichen Kontinent plötzlich mehr öffentliche Gelder für Waffen ausgegeben als zugunsten der Kinder. Diese Bemerkung machte der kenianische Sozialminister Henry Kosgey in seiner Rede auf der ersten internationalen Konferenz über die Leiden der Kinder in bewaffneten Konflikten. Die am Montag eröffnete fünftägige Konferenz wird von der UN–Kinderhilfsorganisation UNICEF und dem Afrikanischen Kinderschutzbund ausgerichtet. Über 100 Vertreter von Regierungen und unabhängigen Hilfsorganisationen sind in Nairobi vertreten. Ein Mitarbeiter der Organisation für Afrikanische Einheit OAU, Venant Wege Nzomvita, beschrieb nachdrücklich, wie sehr die Kinder in Südafrika unter ihrem wachsenden Widerstand ge gen die Apartheid leiden würden. Die Situation in Südafrika beschrieb er als allgemeinen Kriegszustand. Etwa 1.000 Kinder und Jugendliche seien seit Ausrufung des Ausnahmezustandes im Juni letzten Jahres erschossen worden. Etwa 4.000 würden ohne Gerichtsverfahren gefangengehalten. Die inhaftierten Kinder würden einer „besonders üblen Behandlung“ unterworfen, die „stark an die Konzentrationslager der Nationalsozialisten“ erinnere. Die Operationen der von Südafrika unterstützten Rebellen in Angola und Mozambik hätten allein im Jahre 1985 mehr als 500.000 Kindern unter fünf Jahren das Leben gekostet. Die meisten Opfer von Befreiungskriegen seien immer Frauen und Kinder, stellte der OAU–Vertreter bedauernd fest. Aus Uganda stammt eine Fallstudie, die auf der Konferenz vor gestellt wurde. Darin wird das Schicksal der „Kindersoldaten“ des Bürgerkrieges zwischen der Nationalen Widerstandsarmee un den damaligen Regierungstruppen nachgezeichnet. Junge Mädchen seien gezwungen worden, „Soldatenbräute“ zu werden. Regierungsarmee und Widerstandstruppen hätten sich zwar der Waisenkinder angenommen. Andauernd unterwegs, hätten sie die Kinder dazu ausbilden müssen, sich selbst zu schützen und zu verteidigen. Es sei nicht die Politik der Widerstandsarmee gewesen, Kinder zu rekrutiern. Dies sei nur aus „humanitären Gründen“ geschehen. Ein Schreckensbild über die Auswirkungen von mehreren Jahren schwerer Kämpfe auf Kinder wird in einer Studie der Beiruter Universität gezeichnet. Die Studie wurde von der Leiterin des Instituts für Frauenforschung in der arabischen Welt, Julinda Abu Nasr, erstellt. Neben den körperlichen Leiden litten die libanesischen Kinder nach Angaben von Müttern und Lehrern zu 90 Prozent an neurotischen und psychischen Störungen. Der Krieg sei der alles bestimmende Hintergrund beim Spielen geworden. Die erwachsenen Kämpfer im Libanon seien die Vorbilder der Kinder geworden. „Die sonst unerreichbaren Hollywood–Kämpfer, Spione, Doppelagenten und Soldaten aus Film und Fernsehen waren plötzlich an der nächsten Straßenecke - oder bei den Kindern zu Haus. Die Vorbilder sind meistens männlich. Es sind Helden, Parteimitglieder, die wichtige Positionen halten“, sagte die Autorin der Untersuchung. Die Kinder würden lernen, daß das aggressive Verhalten der Kämpfer belohnt würde. Sie würden Uniform anziehen, Gewehre tragen, Panzer fahren - und für das Kämpfen bezahlt werden.

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