piwik no script img

UN-Bericht zur WeltbevölkerungReiche reicher, Arme mehr

Sieben Milliarden Menschen leben auf der Erde, Tendenz steigend, vor allem in Entwicklungsländern Afrikas. Laut UN-Bericht wird die Zahl bis 2100 dramatisch zunehmen.

Fünf aus sieben Milliarden: Kinder in Pakistan. Bild: imago/Imagebroker

BERLIN taz | Ab Ende Oktober werden 7 Milliarden Menschen auf der Erde leben. Das geht aus dem gestern vorgestellten Weltbevölkerungsbericht der Vereinten Nationen hervor. Bis zum Ende des Jahrhunderts, schätzt die Bevölkerungsabteilung der Vereinten Nationen, dürften es mindestens 10,6 Milliarden sein.

Das größte Wachstum entfällt dabei auf Afrika, dessen Bevölkerung von heute rund einer Milliarde Menschen sich bis zu 3,6 Milliarden Menschen im Jahr 2100 mehr als verdreifachen wird.

Damit entfällt erneut ein Großteil des Bevölkerungswachstums auf die Entwicklungsländer. Der neue Weltbevölkerungsbericht stellt wortreich dar, wie Bevölkerungswachstum als Herausforderung und Chance gleichzeitig begriffen werden kann, und er verweist auf die massive ökonomische Ungleichverteilung von Einkommen, Vermögen, Ressourcenverbrauch und ökologischem Fußabdruck zwischen den verschiedenen Weltregionen.

Der ökologische Fußabdruck eines heute in den USA geborenen Babys wird bis zu seinem Lebensende etwa 86-mal so groß sein wie der eines gleichzeitig in Nigeria geborenen Kindes.

Seltsamer Unterton

Stadtentwicklung, Energieversorgung und Lebensmittelsicherheit, all das sind Themen im neuen Bericht - der sich dabei allerdings an die reichen Länder vor allem mit allgemeinen Appellen zu bewussterem Konsum wendet. Für die armen Länder wird vor allem eine Senkung der Geburtenraten als Lösung vorgeschlagen - zu erreichen durch bessere Bildung, besseren Zugang zu Maßnahmen reproduktiver Gesundheit und moderne Familienplanung.

Die Grundzüge dieses Ansatzes waren 1994 bei der Weltbevölkerungskonferenz in Kairo gelegt worden - einer der großen UN-Konferenzen der 90er Jahre.

Es mag an der Zuständigkeit der den Bericht herausgebenden Abteilung liegen, dass sich immer wieder ein Unterton einschleicht, der nahezulegen scheint, die Probleme der Welt wären lösbar, wenn nur die Armen aufhören würden, sich so ungebührlich zu vermehren.

Zwar zitiert auch dieser Bericht etliche Wissenschaftler, die auf die Verantwortung der reichsten Verbraucherländer hinweisen. Aber wenn es um konkrete Maßnahmen geht, fallen den AutorInnen denn doch nur familienpolitische Konzepte mit dem Ziel der Reduzierung des Bevölkerungswachstums in den Entwicklungsländern ein.

Dabei ist längst bekannt, dass etwa die hemmungslose Ausweitung der für die Produktion von Bioethanol vorgesehenen Flächen für die weltweite Lebensmittelkrise von ungleich größerer Bedeutung ist als das afrikanische Bevölkerungswachstum.

Und die Folgen des Raubbaus durch industrielle EU-Fischfangflotten vor Afrikas Küsten dürften auch dann gravierend sein, wenn die Fruchtbarkeitsrate afrikanischer Frauen tatsächlich von derzeit 4,8 Geburten pro Frau auf den weltweiten Durchschnitt von 2,5 gesenkt werden sollte.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • EA
    Enzo Aduro

    Die Senkung des Bevölkerungswachstums ist auch noch aus einem anderen Grund wichtig: Wenn es weniger Menschen gibt, dann sind alle Reicher. Denn wir haben nur eine Erde. Das man die Güter dieser einen Erde gerechter verteilen soll, stimmt in beiden Fällen. Aber dieser Bevölkerungswachstum macht uns alle Arm. Und wenn man im Westen weniger Fleisch ist dann akzeptiert man nur diese Armut, aber wir werden mit diesem Verzicht ja ärmer. Wenn die Bevölkerung aber weiter so wächst, dann können wir uns nur zwischen Krieg und Haferschleim für 15 Milliarden Mäuler entscheiden. Und dann wird es wohl eher Krieg geben.

  • EA
    Enzo Aduro

    Also das die Taz und co. das mal so sehen.

     

    Die Rechnung ist ganz einfach: Wenn in Afrika heute Eine Milliarde genug zum Überleben im biologischen Sinne haben, dann würden 700 Millionen Satt werden. Das war der Bevölkerungsstand in Afrika Mitte der 90er. Also nicht eine allzu verrückte Welt.

  • EA
    Enzo Aduro

    Vielleicht sollte man auch aufhören immer NUR* auf den "reichen" Ländern rumzuhacken das Sie Bio-Ethanol Auto fahren und viel Fleisch essen und es als unmoralisch deklarieren - sondern auch mal fragen wie unmoralisch denn der Bevölkerungswachstum in einigen Ländern ist. Das ist nämlich genauso krank.

     

    *nicht das der Punkt nicht auch richtig wäre