ULRIKE HERRMANN ÜBER EINEN EU-WÄHRUNGSFONDS AUCH FÜR GRIECHENLAND : Von der Realität eingeholt
Nein, nie!!! Dieser Gestus ist nicht neu, sobald es um Rettungspakete in der Finanzkrise geht. Anfangs sollte es auch nie ein Konjunkturpaket geben, und Bad Banks galten ebenfalls als ausgeschlossen. Doch jedes Mal brauchte es nur kurze Zeit, um einen fundamentalen Sinneswandel bei der Bundesregierung einzuläuten. Die Realität hat die Politik noch jedes Mal überholt.
Nun wird die Finanzkrise erneut diktieren, wie sich die Politik zu verhalten hat. Noch bemühen sich die EU-Regierungen, den Eindruck zu erwecken, als würden sie einen europäischen Währungsfonds höchstens langfristig diskutieren. Keinesfalls soll der Fonds schon für Griechenland gelten, wie auch Kanzlerin Merkel noch einmal versicherte. Stattdessen wird so getan, als hätte sich die griechische Krise erledigt, seitdem die Griechen ihren Staatshaushalt zusammenstreichen.
Dieser Optimismus wird sich nicht lange durchhalten lassen, denn real sieht es nicht gut aus für Griechenland. Durch das Sparprogramm wird die Wirtschaft in diesem Jahr um fünf Prozent schrumpfen, wie Forschungsinstitute ausgerechnet haben. Bald also werden sich Banken und Investoren erneut jene tödliche Frage stellen, die den Kreditstrom abrupt versiegen lässt und jedem Staatsbankrott vorausgeht: Wie will Griechenland eigentlich seine Schulden bedienen?
Die EU-Staaten werden also einspringen müssen. Ein europäischer Währungsfonds für Griechenland und andere Pleitekandidaten ist absehbar – auch wenn er dann vielleicht „Agentur“ heißt, damit die Kehrtwende nicht so auffällt. Trotzdem bleibt es nicht folgenlos, dass die EU-Staaten derart viel Zeit vergeuden. Denn am Ende wird es zu einer Ad-hoc-Lösung kommen, von der Panik der Märkte getrieben, die einmal mehr die entscheidende Frage schon deswegen nicht stellt, weil für solche Details dann keine Zeit mehr ist: Wie beteiligt man die Banken und Spekulanten an den Kosten der Rettungsaktionen?
Wirtschaft + Umwelt SEITE 8