ULRIKE HERRMANN ÜBER EINEN BUNDESHAUSHALT OHNE NEUVERSCHULDUNG : Das Geld ist dann mal weg
Es klingt wie eine gute Nachricht, ist aber ökonomisch sehr bedenklich: Deutschland steuert auf einen ausgeglichenen Haushalt zu. Finanzminister Wolfgang Schäuble will eine Neuverschuldung ab 2014 möglichst vermeiden. Dies wirft die zwingende Frage auf: Wo sollen die vielen Spargelder der Deutschen hin, wenn selbst der Staat kein Interesse mehr zeigt?
Deutschland ist in einer seltsamen und gefährlichen Situation: Hier sparen alle. Die privaten Haushalte, die Firmen – und neuerdings auch der Staat. Natürlich nehmen einzelne Bürger Kredite auf, um Autos oder Häuser zu kaufen. Es gibt auch Unternehmen, die mit geliehenem Geld neue Investitionen anschieben. Aber im Saldo wird mehr gespart, als an Darlehen abgerufen wird. Bei den Banken staut sich das Geld.
Das Geld kann aber nicht einfach auf den Konten liegen bleiben – dann hätte man es ja auch gleich unter der Matratze horten können. Also bleibt nur ein Ausweg: Wenn im Inland nicht genug Kredite aufgenommen werden, müssen die deutschen Ersparnisse eben ins Ausland abwandern.
Viele Bürger und liberale Ökonomen sehen das nicht als Problem, sondern glauben hoffnungsfroh, dass damit das Anlagerisiko international „diversifiziert“ sei. Das ist ein Irrtum. Deutsche Gelder im Ausland sind verloren. Denn wenn die Deutschen ständig zu viel sparen, dann muss es andere Länder geben, die ständig zu hohe Defizite haben. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auffällt, dass die Schuldner ihre Kredite nicht zurückzahlen können.
Noch heute wundern sich viele Deutsche, warum in der Finanzkrise ab 2008 oder in der Eurokrise so viel Geldvermögen verloren ging. Eine Antwort ist: Weil die Deutschen so zwanghaft ans Sparen glauben – ihr Finanzminister vorneweg.
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