Tschechien, Brünn: Kulturní noviny

„Die Kulturzeitung“ ist eine Meinungszeitung mit dem Redaktionssitz in Brünn. Sie beschäftigt sich sich mit Themen aus Politik, Gesellschaft und Kultur.

Die Redaktion. Bild: Kulturní noviny

Zu ihrem Geburtstag unterstützt die Genossenschaft vier internationale Zeitungsprojekte. 73.928 Euro brachten LeserInnen, GenossInnen und FreundInnen zusammen. Die Kulturní noviny ist eines dieser Projekte.

Die Kulturzeitung (KN) ist eine Meinungszeitung, die sich sich mit Themen aus Politik, Gesellschaft und Kultur beschäftigt. Gegründet wurde sie als Alternative zu den tschechischen Mainstreammedien, als Stimme der bürgerlichen Gesellschaft, der engagierten Leuten, und auch der Kultur, die nicht nur Kulturbusiness ist.

KN sieht die neoliberalen Tendenzen kritisch, ebenso wie die egoistische Ausrichtung der Politik und die nicht-transparenten Machtstrukturen. Der tschechische Markt ist dominiert von den Mainstreammedien (ca. 5 Tageszeitungen und 3 Wochenzeitungen).

Diese sind meistens konsumorientiert, unterstützen rechts-liberale oder konservative Meinungen, manchmal chaotisch, aber mehr oder weniger gegen linke und sozial-orientierte Aktivitäten. Dies ist das Erbe oder ein negatives Ergebnis des totalitären Regimes. Klar profilierte Meinungszeitungen fehlen. Die einzige, die man so nennen kann, heißt Respekt und ist rechts-liberal orientiert.

Unsere Leser interessieren sich für gesellschaftliche Alternativen, sind in sozialen, ökologischen, politischen, kulturellen Organisationen aktiv. Viele von ihnen sind Pädagogen, Ökologen, Künstler, Sozialarbeiter...

Was uns  unterscheidet

Wir stehen noch ganz am Anfang, deswegen ist es schwer zu sagen, aber wir sind stark in der Kulturberichterstattung und da insbesondere bei der Literatur. Wir heben uns von den anderen Zeitungen ab, weil wir nicht in Prag sitzen und mehr auf regionale Kulturthemen achten. Außerdem legen wir einen Fokus auf soziale und ökologische Themen. Unser nächstes Ziel ist die Politik.

Wir haben sieben feste und zwei bis drei freie Mitarbeiter. Außerdem haben wir etwa 50 externe Autoren. Wir haben beispielsweise einen Rechtsstreit an der Universität in Brno öffentlich gemacht, was den allgemeinen Kampf um den Charakter des akademischen Raumes, um seine Freiheit, seine Ethik positiv beinflusste.

Dieser Fall war symbolisch für die Entwicklung in der ganzen Gesellschaft, die von Technokratismus und Neoliberalismus bedroht ist. Durchhalten und eine immer bessere Zeitung zu machen. Wir brauchen mehr feste Mitarbeiter, insbesonders im Produktionsbereich. Und mehr freie Mitarbeiter für die aktive Werbung.

Wo wir in 5 Jahren stehen wollen: Wir würden gerne ein Meinungsgegengewicht zu den rechtsorientierten Zeitungen sein. Gute Kulturberichterstattung treiben und eine respektierte Stimme in der Bürgergesellschaft, die kritisch gegen das Establishment ist, sein.

Die Genossenschaft

Wir waren von Anfang an eine Genossenschaft. Inspiriert dazu hat uns die taz. Dieses Modell ermöglicht es uns, Leute und ihre Anteile in verschiedener Höhe zusammenzubringen und dabei demokratisch zu bleiben. Ein Mitglied – eine Stimme. Und hinzu kommt, dass die Genossenschaft die Leute zusammenbringt, die aktiv sein wollen. Und sie sichert uns Unabhängigkeit von Großspendern oder Unternehmern. Wir wollten auch an unsere historischen Traditionen anknüpfen. 

In der Zwischenkriegszeit und auch früher, waren Genossenschaften ein wesentlicher Teil des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens der tschechischen Gesellschaft. Die berühmte Tschechische Philharmonie wurde im Jahre 1904 als Genossenschaft gegründet, noch früher das  Nationaltheater, später viele Verlage etc.

Die kommunistische Diktatur hat das alles kaputtgemacht. Aus den Genossenschaften hat sie ein Instrument von Staatsgewalt gemacht. Noch jetzt hat der Begriff „Genossenschaft“ einen negativen Beigeschmack.

Außerdem ist die Genossenschaft ein Versuch, die Menschen wieder zu aktivieren. Viele Menschen hier sind skeptisch und glauben, nichts ändern zu können. Es ist eine große Herausforderung für uns und eine Möglichkeit, die Gesellschaft wieder selbstbewusster zu machen. Wir sind ein großes Experiment.

Am Anfang, im Jahr 2009, waren wir 19. Am Ende 2011 waren wir 62. Wir sind sehr verschiedene Leute: renommierte Universitätsprofessoren, alte antitotalitäre Dissidenten, junge Journalisten, Ökoaktivisten, Lehrer, Künstler, Schriftsteller, Ingenieure... Wir sind offen für neue Mitglieder.

Das Kapital

Das Startkapital lag bei etwa 20.000 EUR, heute sind es 12.000 EUR. Insgesamt haben wir im letzten Jahr Verlust gehabt. In Grundsatzfragen, die die Existenz betreffen, haben alle die gleichen Rechte.

In konkreten Fragen, die die von der Genossenschaft abgestimmten Tätigkeiten betreffen, entscheidet dann der Vorstand (das ist heute eigentlich die Redaktion). Der Vorstand macht zudem weitere Vorschläge für die Zukunft.

Wir zahlen symbolische Honorare, die nach einem sehr einfachen Tarif (nach aufgeschriebenen Seiten) kalkuliert sind und symbolische Löhne für einige Redaktionsmitglieder (etwa 120 EUR pro Monat).

Aber jeder von uns hat noch eine andere Einkommensquelle.Wir wollen den Mitarbeiterkreis erweitern und die Professionalisierung erhöhen. Außerdem würden wir gerne in die Werbung für unsere Zeitung investieren.