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Archiv-Artikel

Trotz Drohungen: Die Energiewirtschaft hat nichts zu befürchten Glos zerschlägt Stromkonzerne. Beinahe

Bislang hielt Wirtschaftsminister Glos seine schützende Hand über die Energiekonzerne. Jetzt hat er gedroht, ihnen die Netze wegzunehmen. Doch es ist kaum damit zu rechnen, dass er diese Drohung auch in die Realität umsetzt. Der vermeintliche Meinungsumschwung verschleiert eher, dass sich für die Konzerne möglichst wenig ändern soll.

Bei der Frage, wem in Zukunft die Netze gehören sollen, lagen Bundesregierung und EU-Kommission bisher weit auseinander: Während Brüssel ursprünglich auf eine völlige eigentumsrechtliche Trennung setzte, hielt Berlin ein bisschen mehr Aufsicht über die Konzerne für ausreichend. Inzwischen hat die EU-Kommission ihre Position abgeschwächt: Als Alternative zur völligen Abtrennung nannte Barroso jetzt die Möglichkeit, dass die Netze weiterhin den Konzernen gehören, aber von einem unabhängigen Betreiber kontrolliert werden.

Schon diesen abgespeckten Vorschlag der Kommission akzeptiert Glos in seinen jüngsten Äußerungen nur als „zweiten Schritt“, falls eine konzerninterne Entflechtung von Netz und Betrieb nicht funktionieren sollte. Und nur als letztes Mittel will er darüber „nachdenken“, den Konzernen die Netze ganz wegzunehmen.

Damit ist absehbar, wie die Sache weitergeht: Mit der Schlagzeile „Glos droht Stromkonzernen“ zeigt sich der Minister als volksnaher Kämpfer gegen überhöhte Energiepreise und nimmt der EU den Wind aus den Segeln. Doch hinter den Kulissen wird Deutschland weiter darauf drängen, dass die Minimallösung der Kommission das Maximum ist, das jemals umgesetzt wird – dass die Konzerne also weiter Eigentümer der Netze bleiben dürfen.

Solange die deutsche Politik über alle Parteigrenzen hinweg – personell und finanziell – so eng mit den Energiekonzernen verbunden ist, kann aus Deutschland kein Rückenwind für Maßnahmen erwartet werden, die diesen ernsthaft wehtun. Dass sie ihre gewinnträchtigen Netze verkaufen müssen, ist daher leider nicht zu erwarten – und noch weniger die Verstaatlichung der Netze, wie von Experten gefordert und in einigen Nachbarstaaten bereits umgesetzt. MALTE KREUTZFELDT