piwik no script img

Dokumentation„Treten Sie zurück, Herr Borttscheller!“

■ Ein Beiratssprecher wehrt sich

Der Senator für Inneres hat 50 Prozent der Beiräte-Globalmittel gesperrt. Gleichzeitig droht eine neue Kürzungsrunde im Innenressort, der möglicherweise die Mittel für die Stadtteilparlamente zum Opfer fallen (s. taz v. Samstag). Nun hat der Sprecher des Beirates Hemelingen reagiert:

Ich betone ausdrücklich, daß diese Stellungnahme meine persönliche Meinung darstellt. Ich gehe allerdings davon aus, daß die Beiräte und der Gesamtbeirat meine Meinung teilen.

Nach § 32.1. des Beirätegesetzes sind im Haushaltsplan der Stadt Bremen Mittel bereitzustellen. Da die Aufstellung des Haushaltsplanes eines der wichtigsten Rechte der Volksvertreter ist, hat diese Entscheidung der Bürgerschaft rechtsverbindlichen Charakter. Die Exekutive, und dazu gehört auch der Innensenator, hat diese Beschlüsse der Legisiative zu respektieren und umzusetzen. Daß der Senator sich bei den Globalmitteln Entscheidungsrechte anmaßt, verstößt gegen das Beirätegesetz. In § 7.1. steht nämlich: Der Beirat entscheidet über die Verwendung der Mittel für stadtteilbezogene Maßnahmen nach § 32 Abs. 1. Aufgrund dieser klaren Gesetzeslage bedeutet selbst die Sperrung der Mittel um 50% ein Verstoß gegen bestehende Gesetze. Pervertiert wird diese Haltung dadurch, daß ausgerechnet der Innensenator für die Einhaltung bestehender Gesetze und Verordnungen zu sorgen hat.

Da dies nicht die einzige Entscheidung des Innensenators ist, bei der man feststellen kann, daß ihm die bestehenden Gesetze und Verordnungen eines Rechtsstaates nur dann etwas bedeuten, wenn sie ihm in den Kram passen, stellt sich langsam die Frage, wie lange diese einstmals Freie und Hansestadt sich einen, meiner Meinung nach, Rechtsbrecher leisten kann. Ich werde in meiner Eigenschaft als Sprecher des Beirates Hemelingen, als Sprecher der SPD-Gesamtbeiratsfraktion und als Stellvertreter des Gesamtbeiratsprechers in allen Gremien dafür werben, demokratische Mehrheiten zu bekommen, um mit allen zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln gegen diese Entscheidungen des Senators für Inneres vorzugehen. Darüber hinaus empfinde ich es als groben Verstoß gegen seine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Untergebenen, wenn er anordnet, daß Ortsamtsleiter Beschlüsse der Beiräte zur Verwendung von Mitteln mißachten sollen, denn nichts anderes bedeutet die Anordnung, nur 50% der Mittel auszuzahlen. Die Beiräte sind von der Bevölkerung gewählt und nicht an Weisungen der Verwaltung gebunden. Sie allein haben das Entscheidungsrecht über die Vergabe der Mittel. Daraus kann sich nur eine Forderung ergeben: Treten Sie zurück Herr Borttscheller, bevor Sie der Demokratie und dieser Stadt noch mehr Schaden zufügen. Kurt Schuster, Sprecher des Beirates Hemelingen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen