Torwartstreit beim FC Bayern: Harte Positionskämpfe
Nach wie vor rangeln Hans-Jörg Butt und Michael Rensing um den Platz als Nummer Eins beim FC Bayern. Doch der Rekordmeister hat auch auf anderen Positionen erhebliche Probleme.
Eines der Überbleibsel aus der Klinsmann-Zeit ist Philipp Laux, der Teampsychologe. "Schön, dass solche Leute an Bord sind", findet Michael Rensing. Er selbst habe aber noch nie Hilfe gesucht bei Laux, der vor seinem Studium auch Profitorwart war. "Ich komme ganz gut allein zurecht", glaubt Rensing, der sich gern als unbeugsamer Kämpfer geriert. Das klingt dann so: "Wenn ich etwas anpacke, ziehe ich das bis zum bitteren Ende durch." Als er im Juni zwei Wochen vor allen anderen zu trainieren begann, sagte er: "Ich lass mich nicht so leicht verbrennen."
Den Kampfgeist kann man dem 25-Jährigen in der Tat nicht absprechen. Es gehört schon zu den Überraschungen dieser Saisonvorbereitung des FC Bayern, dass er überhaupt noch da ist. Er schien schließlich auf alle Zeiten als Torwart des Rekordmeisters unmöglich gemacht, als ihn Jürgen Klinsmann kurz vorm Spiel in Barcelona zum Ersatztorwart degradierte. Die Abwehr vertraue ihrem Hintermann nicht, hieß es damals. Ein schlimmer Vorwurf. Bis Saisonende blieb Rensing auf der Bank.
Noch weniger aber hätte man damals gedacht, dass er auch jetzt noch Chancen auf einen Stammplatz beim - wieder einmal - neuen FC Bayern hat. Doch nachdem der Klub mit seinem eifrigen Werben um Schalkes Torhüter Manuel Neuer am kühlen Veto Felix Magaths gescheitert war, erlahmte der Ehrgeiz der Oberen urplötzlich - möglicherweise mangels anderer Ideen. Und so heißen die Kandidaten nach wie vor Rensing und Hans-Jörg Butt. Der heute 35-jährige Butt hatte vor zweieinhalb Jahren seinen Platz in Leverkusen an René Adler verloren, sich in der Folge bei Benfica Lissabon nicht durchgesetzt und war dann in München gelandet als designierter Rensing-Ersatz. Zwar genügen beide wohl nicht den Ansprüchen des FC Bayern, aber das ist jetzt eben erst mal so.
Am Donnerstagabend saß Rensing in der Münchner Arena auf dem Podium im Pressesaal. Er war nach dem Sieg des FC Bayern in einem Einladungsturnier zum besten Mann auf dem Platz gekürt worden. Er hatte in der regulären Spielzeit gegen Manchester United stark gespielt und im Elfmeterschießen zweimal gehalten. Bayern gewann 7:6. Tags zuvor hatte Butt einen Schuss kläglich über die Handschuhe rutschen lassen und seine bis dahin erarbeitete Favoritenposition verloren. Und so ist die Torwartfrage momentan die dominierende rund um den FC Bayern. Schließlich steht am Sonntag (17.30 Uhr) das erste Pflichtspiel an: im DFB-Pokal gegen den Sechstligisten SpVgg Neckarelz, der das Spiel im Stadion der TSG Hoffenheim austrägt. Ob Rensing Pluspunkte gesammelt habe, wollte ein Reporter von Louis van Gaal wissen. "Ich denke, dass das eine rhetorische Frage ist", parierte der Trainer, "ich habe über die Torwartposition noch nicht entschieden."
Umso erstaunlicher ist diese Ungewissheit, als der Torwart in van Gaals Vorstellung eine exponierte Rolle einnimmt, nämlich als "elfter Feldspieler", wie Butt erzählt. "Der Torwart soll aktiv teilnehmen, soll rausrücken, wenn der Ball in der anderen Hälfte ist." Und die Verteidiger sollten lieber "einen sicheren Ball zurückspielen, als Risiko einzugehen". Deshalb schien der versierte Fußarbeiter Butt im Vorteil, bis in dieser Woche plötzlich die Fähigkeiten mit den Händen in den Mittelpunkt rückten.
Zusätzliche Brisanz entsteht durch die Besetzung der Innenverteidigung, die eigentlich mit dem Torhüter zusammen ein stabiles Dreieck bilden muss. Überraschend scheint nach allen Eindrücken aus Training und Testspielen Holger Badstuber gesetzt. Der 20-Jährige profitiert davon, dass er Linksfuß ist und van Gaal einen solchen auf der linken Innenverteidigerposition sehen will. Bisher spielte Badstuber in der zweiten Mannschaft, er hat noch keine Minute Erstliga-Erfahrung. Neben ihm rangeln - nach dem Verkauf Lucios an Inter Mailand - die arrivierten, aber nicht eben zuverlässigen Daniel van Buyten (technisch eher schwach) und Martin Demichelis (seit einem Jahr im Formtief) um den übrig bleibenden Platz. Man kann es aber auch so sehen: Der Schlussmann der Bayern fällt nicht von vornherein gegenüber seinen Vorderleuten ab.
Michael Rensing jedenfalls fühlt sich für seine Mühen belohnt. "Ich habe ein gutes Gefühl", sagt er. Und: "Ich werde erst gehen, wenn ich sehe, dass da ein besserer Torwart ist als ich."
MICHAEL RENSING
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