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Torben Becker sichtet die sozialen Bewegungen der Stadt

Wie funktioniert eine gerechte Gesellschaft? Der US-amerikanische Philosoph John Rawls hat in seinem Hauptwerk „Theorie der Gerechtigkeit“ versucht, Antworten auf diese Frage zu finden. Zu seiner Grundthese zählt, dass sich Menschen dafür auf bestimmte Regeln und Prinzipien einigen müssen. Dabei setzen sich die Interessen durch, die von allen oder den meisten Bürger:innen geteilt werden. Hypothetisch gedacht: Ein Gesellschaftsvertrag entsteht.

Das Recht auf individuelle Freiheit gilt dabei für alle gleichermaßen. In modernen Demokratien könnten dazu Rechte der Pressefreiheit, Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit oder auch der Freiheit vor staatlicher Willkür gezählt werden. Folgt man dem Gerechtigkeitsverständnis von Rawls und legt es als Schablone auf aktuelle politische Entwicklung, können Zweifel aufkommen. Chile, Hongkong, Irak, Frankreich, Bolivien und auch in Deutschland kommen Millionen von Menschen als soziale Bewegungen auf die Straße und fordern ihr demokratisches Mitspracherecht ein. Bei allen Unterschieden der Bewegungen scheinen sie eine Gemeinsamkeit zu haben: ein gestörtes Gerechtigkeitsempfinden das sich aus versagter politischer Partizipation, dem Ausschluss marginalisierter Gruppen, verschärfter Klassenunterschiede und Ausbeutungen speist.

Beispielsweise kommt Chile seit Mitte Oktober nicht zur Ruhe. Eine unbändige Wut gegen den neoliberalen Kurs der Regierung schlägt sich in Massendemonstrationen, Generalstreiks und Blockaden nieder. Der Staat antwortet mit brutaler Repression durch Polizei und Militär. Es gab Dutzende Tote und Tausende Verletzte. Wie sieht die aktuelle Lage in Chile aus? Das wird am Freitag auf einer Diskussionsveranstaltung mit Videos und Augenzeugenberichten zu den aktuellen Ereignissen in der Vierten Welt erörtert (13. 12., Adalbertstr. 4, 19 Uhr).

Es ist ein symbolträchtiges Datum, der 13. 12., zu welchem das Kollektiv Bass Down Boarders ins Mensch Meier einlädt. Unter dem Motto #allcops­are­borders wird ein Raum geschaffen, in welchem verschiedene Gäste über die Lage an den Grenzen Europas berichten. Dabei wollen sie auf folgende Fragen eingehen: Wie hat sich die Lage seit 2015 verändert? Welche Strategien gibt es auf gesetzlicher Ebene und welche Strategien verwenden örtliche Polizei- und nationale Militärorgane, um die Situation von Menschen auf der Flucht weiter zu erschweren? Welche Formen von widerständigem Handeln gegen staatliche Ausgrenzung gibt es vor Ort? Und hier? (13. 12., Storkower Str. 121, 20 Uhr)

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