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Torben Becker sichtet die sozialen Bewegungen der Stadt

Endlich! Fast täglich lesen wir in überregionalen Medien etwas über rassistische und rechte Gewalt. Statistiken belegen zwar, dass rechtspolitisch motivierte Straften zugenommen haben. Dennoch wäre es verkürzt, Rechtsex­tremismus als überraschendes Problem der Gegenwart zu begreifen. Schon in den Jahrzehnten vor dem Sommer 2015, der oft als entschuldigende Erklärung für die Zunahme rechter Straftaten benannt wird, waren es in erster Linie Rechtsradikale, die Andersdenkende angriffen. Rund 200 Menschen sollen seit 1990 in Deutschland von Neonazis ermordet worden sein. Das dokumentiert die Antonio-Amadeu-Stiftung. Die Dunkelziffer ist wahrscheinlich höher. Für Neonazis sind diese Zahlen Gründe zur Belustigung und Feier. Das zeigten sie auch am 3. Oktober während einer Demonstration in Berlin. „Wo ist denn euer Silvio?“, skandierten sie in Richtung der Gegendemo. Ihr rhetorische Frage war eine Anspielung auf den 1992 von Neonazis ermordeten linken Aktivisten Silvio Meier. Sie wissen um die lange Liste ihrer gewalttätigen Straftaten. Neu ist jedoch, dass sie durch Parteien wie die AfD, NPD, Die Rechte und der III. Weg parlamentarisch vielseitiger vertreten sind. Deshalb ist es wichtig, dass Rechtsextremismus ein Dauerthema auch in den Medien bleibt.

Noch am Abend als Silvio Meier starb, war die Berliner Polizei darum bemüht, die Tat als Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden Jugendgruppen zu verunglimpfen. Je mehr wir heute über solche Straftaten lesen, um so mehr Menschen können diese als das benennen, was sie sind: rechtsradikale Angriffe. Deshalb wird zum Todestag in Gedenken an Silvio Meier und die vielen weiteren Opfer rassistischer und rechtsradikaler Gewalt mit einer Mahnwache gedacht (21. 11., U-Bhf. Samariterstraße, 17 Uhr).

Nach einer einjährigen Pause schließt sich in diesem Jahr an den Gedenktag wieder einer Demonstration an. Unter dem Motto „Antifa heißt Liebe“ soll ein breites Publikum angesprochen werden, dass sich gegen Neonazis und rechte Gewalt stellt (23. 11., ­U-Bhf Samariterstraße, 16 Uhr).

Das Neonazis aber nicht immer als Glatzköpfe auf Demonstrationen zu erkennen sind, haben nicht zuletzt die taz-Recherchen zu rechtsextremen Netzwerken in Polizei und Bundeswehr gezeigt. Der Staat spielt in Bezug auf diese Netzwerke oft eine ambivalente Rolle. Am frühen Samstagabend wird diese im Kreuzberger Kiezladen MaHalle genauer unter die Lupe genommen und gefragt, was neonazistischen Netzwerken zivilgesellschaftlich entgegengesetzt werden kann (23. 11., Waldemarstraße 110, 17.30 Uhr).

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