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Tödliche Schüsse auf StudentenFamilie geht vor das Verfassungsgericht

Die Familie eines von der Polizei in Regensburg erschossenen Studenten hat Verfassungsbeschwerde eingelegt. Sie will, dass der Tod des Musikstudenten aufgeklärt wird.

Demonstranten in Regensburg fordern eine unabhängige Untersuchung (Archivfoto vom 30.04.2010). Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Die Familie hat Geld gesammelt, um eine zweite Obduktion zu bezahlen, sie hat ihre Anwälte alle Rechtsmittel ausschöpfen lassen, um doch den Fall doch noch vor Gericht zu bringen. Erfolglos. Die Ermittler legten den Tod des Regensburger Musikstudenten Tennessee Eisenberg, der am 30. April 2009 von der Polizei erschossen wurde, trotz zahlreicher Ungereimtheiten zu den Akten.

Nachdem vor einem Monat das Oberlandesgericht Nürnberg ein von der Familie beantragtes Klageerzwingungsverfahren abgelehnt hat, unternehmen die Angehörigen nun einen letzten Versuch, die Umstände der tödlichen Schüsse aufzuklären. Sie ziehen vor das Bundesverfassungsgericht.

Diese Woche haben drei renommierte Anwälte im Auftrag der Familie Verfassungsbeschwerde eingereicht. Die Begründung der Juristen: Die Einstellung des Verfahrens verletzte die Grundrechte der Eltern auf effektiven Rechtsschutz und auf willkürfreie Rechtsanwendung. In der Regel haben Verfassungsbeschwerden nur eine recht geringe Erfolgsaussicht. Vergangenes Jahr waren laut offizieller Statistik nur 1,88 Prozent aller Beschwerden erfolgreich.

"Wir haben uns das Ganze nicht leicht gemacht", sagt Anwalt Jan Bockemühl, der zusammen mit seinen Kollegen Ricarda Lang und Till Günther die Beschwerde verfasst hat. "In diesem Fall haben wir begründete Hoffnung", so Bockemühl. "Wir denken, dass dieser Fall das Rechtsproblem dem Verfassungsgericht nahebringt."

Bockemühl und seine Kollegen greifen in ihrer Beschwerde die Ablehnung des Klageerzwingungsverfahrens durch das Oberlandesgericht an. Erst im September hat das Verfassungsgericht einer Beschwerde gegen ein abgelehntes Klageerzwingungsverfahren stattgegeben.

Die genauen Todesumstände des von Bekannten als höflich und friedlich beschriebenen Tennessee Eisenbergs bleiben bis heute im Dunkeln. Am 30. April 2009 ruft der Mitbewohner Eisenbergs die Polizei, Tennessee bedrohe ihn mit einem Messer. Als die Beamten eintreffen, reagiert Eisenberg nicht auf die Aufforderungen, das Messer fallen zu lassen.

Die Polizisten fühlen sich von Eisenberg angegriffen. Im Flur des Wohnhauses fallen 16 Schüsse, 12 treffen den 24-jährigen Musikstudenten. Eisenberg stirbt. Die Polizisten hätten aus Notwehr gehandelt, so die Richter des Oberlandesgerichts in ihrer Ablehnung, eine Verurteilung wäre unwahrscheinlich. Die Anwälte der Familie verwiesen erfolglos auf zahlreiche Widersprüche in den offiziellen Ermittlungsergebnissen, die an einer Notwehr zweifeln lassen.

In der Verfassungsbeschwerde konzentrieren sich Bockemühl und seine Kollegen vor allem auf eine Schwachstelle in der Begründung des Oberlandesgerichts: die Beschreibung des ersten Treffers. Das Gericht schreibt: Eisenberg sei von einer Kugel im Knie getroffen worden und daraufhin mit dem Messer in der Hand auf einen Polizisten zugegangen.

Die Anwälte sagen: Der Durchschuss im Knie habe die Statik von Eisenbergs Bein beeinträchtigen müssen, er hätte nach dem Treffer allenfalls humpeln können. Sie sagen: "Auch ein Irrer hätte auf einem kaputten Knie nicht so stehen und gehen können wie auf einem gesunden."

Das Klageerzwingungsverfahren soll solche Zweifel klären. Bis das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung zu dem Fall trifft, könnte es Monate bis Jahre dauern. Sollte die Beschwerde erfolgreich sein, würde der Fall zurückverwiesen an das Oberlandesgericht in Nürnberg.

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7 Kommentare

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  • PP
    Pro Polizei

    Merke:

     

    Gehst Du mit einem Messer auf Polizisten im Einsatz los, dann ist grundsätzlich damit zu rechnen, dass man erschossen wird... Ursache - Wirkung!

     

    Ich habe für Herrn Eisenberg keinerlei Mitgefühl und finde die Polizei hat absolut richtig gehandelt!!!

  • N
    Nemesis

    Ganz besonders ist wichtig, darauf hizuweisen, dass nicht die dem Fall entsprechende Einheit eingerückt war, nämlich eine, die sich um geistig verwirrte Menschen bemüht, und auch ist von besonderem Interesse, dass die Polizei über Waffen und Munition verfügt, die sie nicht gewollt, aber doch zwangsläufig auf die Menschen richten können, so dass im Notfall die ganzen Patronenmagazine geleert werden.

    In diesen beiden Fällen müssen bessere Vorkehrungen und Vorgehensweisen erwartet werden, wolle man nicht, dass dies wieder geschieht, wie hier gehabt!

  • R
    roland

    @ Patrick Steinke

     

    was ist denn hier einseitig? über den Vorfall wurde in den letzten monaten breit berichtet, es kann doch nicht verlangt werden, in jedem kleinen artikel nochmal die ganze geschichte wiederzugeben... einfach maol google, wiki und was auch immer bemühen.

    dann wüsste man z.b. dass alkohol und drogen KEINE rolle spielten und die mehrzahl der schüsse in den rücken des toten abgegeben wurden. alles umstände, die zweifel berechtigen.

  • HD
    holla die waldfee

    Dieser Fall ist leider nur einer von dramatisch vielen (Vgl. auch Oury jalloh, Adem Özdamar, Jendrik Thiel, ...usw.) in einer erschütternden Liste, bei dem die Staatsanwaltschaft und die Gerichte auffällig viele Polizeibeamte damit durchkommen ließen, die Aussage zu verweigern oder sich ganz plötzlich nicht erinnern zu können oder sich im Sinne des Korpsgeistes gegenseitig lächerliche Alibis zu geben, oder sich so in Widersprüche zu verhängen, dass jedes Verfahren nur noch eine arrogante Farce wurde und ein aufklärendes Urteil verhindert wurde und wird.

     

    Die Forderung für eine sinnvolle Sicherung der Bürger_innen vor brutaler Polizeigewalt muss bundesweit lauten:

     

    Eine unabhängige Untersuchungskommission, die fragwürdige Polizeigewalt untersucht - Stetige Videoaufzeichnung der Gewahrsamszellen in den Polizeistationen und Vorgänge im Polizeigewahrsam- Eine menschrechtsorientierte Standartausbildung und psychologische Eignungstests für Anwärter_innen des Polizeidienstes- Gut sichtbare Nummerierung der Kräfte zu allen Einsätzen

     

    Darunter ist keine Gewährleistung von dringend zu sichernden Grundrechten zu ermöglichen.

  • PS
    Patrick Steinke

    Ein normaler Mensch geht nicht mit einem Messer auf seinen Mitbewohner und auf Polizisten los. Was bitte sagt denn der Mitbewohner, der ja die Polizei zu Hilfe gerufen hat dazu? Was sagen denn die Obduktionen zu Alkoholpegel und illegalen Drogen im Blut des Täters? Mir scheint die Berichterstattung doch sehr einseitig.

  • F
    Frank

    Einen Fehler darf der Leser jetzt auf keinen Fall machen.

    Nachdenken.

    Messer, Schuessse...

    Egal. Zum Teufel mit wem auch immer. Ich bin ja dafuer.

  • S
    staatsfreund

    Mein herzliches Mitgefühl gilt der Familie, meine Trauer dem Getöteten, meine ganze Wut der Polizei, der Staatsanwaltschaft und den Gerichten.

    Unglaublich, Ungeheuerlich von Anfang an. Was sind das für Polizisten, die auf einen Menschen 16 Schüsse abgeben, um – berechtigt oder nicht - seiner habhaft zu werden.

    Was ist das für eine Staatsanwaltschaft, die Untersuchungen anstellt, die ihren Namen nicht verdienen, die jeder professionellen Arbeit Hohn spricht.

    Was müssen das für Richter sein, die solcherlei Machenschaften nicht aufklären.

    Das Ganze hat ein Niveau, bei dem sich diverse Nachmittagssendungen „vor Gericht“ geradezu wie juristische Eliteschulen darstellen. Das ist nicht nur widerlich, es ist in höchstem Maße schädlich für das Vertrauen in Gerichtsbarkeit.