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Todesschüsse auf Afrikaner in Italien

■ Fünf Tote und sieben Verletzte bei Überfall in Süditalien / Fast alle Opfer stammen aus Tansania / Rassistische Angriffe häufen sich in Italien / Polizei vermutet Racheakt der Camorra im Kampf um Drogenmonopol / Killer konnten entkommen

Berlin (afp/dpa/taz) - Bei einem Überfall auf eine von Afrikanern besuchte Bar in der Nähe des süditalienischen Ortes Caserta wurden in der Nacht zu Dienstag fünf Menschen ermordet und sieben weitere zum Teil schwer verletzt. Fast alle Opfer stammen aus Tansania. Zeitgleich nehmen allerdings in ganz Italien rassistische Angriffe auf afrikanische Immigranten zu. Hinter den Morden in Süditalien könnte nach Auffassung der örtlichen Ermittler die neapolitanische Camorra stecken, die ihre Monopolstellung im regionalen Drogenhandel gegen Einwanderer, die als Kleindealer auftreten, zu verteidigen sucht. Im Großraum Neapel kontrollieren etwa 60 Clans der Camorra nicht nur den Rauschgifthandel, sondern auch weite Bereiche der Bauindustrie, der Wasserversorgung, der Prostitution und des Zigarettenschmuggels.

Die mit Kapuzen maskierten Killer waren kurz nach Mitternacht in die Bar „Centro“ im Zentrum des Dorfes Pescopagano eingedrungen und hatten das Feuer auf die anwesenden ausländischen Gäste und den italienischen Besitzer eröffnet, sie hinterließen einen Toten und mehrere Verletzte. Auf der Flucht schossen sie dann auf vier weitere Afrikaner, die mit einem Kleinwagen unterwegs waren. Drei Männer wurden getötet, der vierte ist schwer verletzt. Die Mörder konnten entkommen. Die Bar „Centro“ gilt bei der Polizei als Umschlagplatz für harte Drogen. In dem Gebiet nördlich Neapels leben uner primitivsten Bedingungen über 10.000 illegale Einwanderer, die vorwiegend zur Tomatenernte eingesetz werden.

In den vergangenen Wochen ist in ganz Italien eine ausländerfeindliche Stimmung deutlich geworden. Gewalttätige Übergriffe auf afrikanische Immigranten häuften sich. In der Innenstadt von Florenz kämpfen offen rechtsradikale Gruppierungen gegen fliegende Händler aus afrikanischen Ländern. Zugleich versucht die italienische Verwaltung ihre neuen Immigrantengesetze mit aller Brutalität durchzusetzen. Nachdem die darin vorgesehene Frist zur Selbstanzeige für illegal im Land weilende Ausländer verstrichen war, begann die Florentiner Polizei bereits im März damit, die Stadt systematisch nach „Illegalen“ zu durchkämmen.

In der Küstenregion nördlich von Neapel hat es wiederholt Racheakte der Camorra gegen Afrikaner gegeben, die ihr in das Geschäft mit Drogen und Prostitutierten gepfuscht hatten. Außer zwei Morden Mitte Januar und Anfang Februar hat diese Mafia auch mehrere Brandanschläge gegen Immigrantenwohnungen verübt. Mehrfach wurden Afrikaner durch Schüsse in die Beine schwer verletzt.

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