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Archiv-Artikel

Tibet-Ausstellung Proteste gegen Schätzeschau

Vor der grauen Fassade des Museums für Asiatische Kunst fallen die bunten Flaggen Tibets besonders auf. Eine Gruppe von 40 Demonstranten hat sie angebracht und sich die Münder zugeklebt. Die eintreffenden Journalisten begrüßte die Gruppe gestern mit hochgehaltenen Bannern. „China zerstört die Kultur in Tibet“, verkündeten mehrere Organisationen anlässlich der Pressekonferenz zur heutigen Eröffnung der Tibet-Ausstellung.

„Tibet-Klöster eröffnen ihre Schatzkammern“ lautet das Motto der Ausstellung. „Jedoch leider nicht die Geschichtsbücher“, fügt Pema Zompa vom Verein der Tibeter in Deutschland hinzu. Grundsätzlich begrüßt Zompa das Interesse an der Kultur ihres Landes. In dem Museum werde jedoch die chinesische Politik der vergangenen 60 Jahre völlig verschwiegen. „Die Besucher werden weder auf den Völkermord an 1,2 Millionen Tibetern noch auf die systematische Zerstörung unserer Kultur hingewiesen“, so die Tibeterin.

Seit acht Jahren finden sich die rund 30 tibetischen Mitglieder monatlich zusammen, um die Traditionen ihres Heimatlandes zu bewahren und ihre Kultur zu vermitteln. In ihrem Einsatz stoßen sie dabei in der Berliner Bevölkerung häufig auf Skepsis. Viele wüssten nur wenig über das Land, berichtet Zompa. Und das Interesse schwinde zunehmend.

Dass der Einsatz für Tibet ein Wettlauf gegen die Zeit ist, bestätigt auch Petra Zörner von der Berliner Ortsgruppe der Tibet Initiative Deutschland (TID). Seit 1990 organisiert die Gruppe Informationsstände, Demonstrationen und Podiumsdiskussionen. „Tibet ist nicht mehr in der gleichen Weise in den Medien vertreten wie früher“, beklagt Zörner. Viele NGOs könnten mit kurzfristigen Zielen und Aktionen, Mitglieder und Spender werben, während sich die Forderungen für Tibet niemals ändern. „Unsere Arbeit ist weniger greifbar als die anderer Organisationen“, so Zörner.

Von rund hundert Mitgliedern in Berlin hat sich die Zahl der Aktiven bei TID auf zehn eingependelt. Heute stoßen vor allem Menschen zum Verein, die schon von sich aus ein großes Interesse für Tibet hegen, meint Zörner. In den Jugendgruppen komme es daher zu Nachwuchsschwierigkeiten, zumal die jungen Interessenten sehr sprunghaft seien.

Anders als die Basisinitiativen wie TID kann die weltweit größte Tibet-Organisation International Campaign for Tibet in Deutschland nicht über Mangel an Interesse unter den Berlinern klagen. Von 7.000 bundesweiten Mitgliedern kämen 4.000 aus der Hauptstadt, sagt Geschäftsführer Kai Müller. Der Verein allerdings arbeitet auch nicht mit Ortsgruppen und kleineren Einzelaktionen, sondern wendet sich mit breiten Kampagnen an Presse und Politik. „Jede Organisation benötigt öffentliche Aufmerksamkeit, daher kommt es verstärkt darauf an, sich untereinander zu vernetzen“, beschreibt er eines der Anliegen des Vereins.

Die Tibet-Ausstellung, wirft Müller den Organisatoren vor, sei eine verpasste Gelegenheit, die Berliner wieder stärker für den Einsatz für Tibet zu sensibilisieren. Die drei Tibet-Vereine planen daher, die Ausstellung mit weiteren Demonstrationen zu begleiten. Unter anderem sollen die Besucher durch eine gemeinsam verfasste Erklärung über die verschwiegenen Fakten aufgeklärt werden. Damit ein Einblick in die tibetische Geschichte zumindest vor dem Museum gelingt. Tim Westerholt