Thor Steinar-Verbot an Berliner Uni?: Studis wollen Nazis an den Kragen
Das Studierendenparlament der FU Berlin will die bei Neonazis beliebte Kleidung von "Thor Steinar" auf dem Hochschul-Gelände verbieten. Die Unileitung fühlt sich nicht zuständig.
Das Studierendenparlament (Stupa) der Freien Universität (FU) will Kleidungsstücke der bei Rechtsextremen beliebten Marke "Thor Steinar" auf dem Unigelände verbieten. Ein entsprechender Beschluss des Stupa stößt bei der Unileitung jedoch auf Widerstand. Der Akademische Senat, der eine solche Kleiderordnung beschließen müsste, will sich mit dem Thema nicht beschäftigen.
Die Kleidungsmarke "Thor Steinar" genießt in der rechtsextremen Szene Kultstatus. Das beruht vor allem auf Gerichtsprozessen um ihr früheres Logo, das aus zwei germanischen Runen bestand, heute aber nicht mehr von der Firma verwendet wird. Das Tragen von "Thor Steinar" gilt als Erkennungszeichen für politisch Gleichgesinnte. Deswegen wird die Kleidung unter anderem bei der Berliner Polizei nicht geduldet. Gleiches gilt für den Deutschen Bundestag und verschiedene Sporteinrichtungen, darunter das Olympiastadion, wo Fußballbundesligist Hertha BSC spielt, und die vom Eishockeyteam Eisbären Berlin genutzte Halle am Ostbahnhof.
Das Verbot von "Thor Steinar" an Berliner Fachhochschulen und Unis ist nun auch das Ziel von studentischen und antifaschistische Gruppen, die derzeit an den Hochschulen über "Symbole, Codes, Lifestyle und Marken der extremen Rechten" informieren. In studentischen Hochschulgremien stieß ein solches Verbot auf breite Zustimmung. Die Stupas der FU, der Technischen Universität und der Technischen Fachhochschule beschlossen auf ihren Sitzungen im Herbst fast einstimmig, Personen, die Kleidung und Accessoires der Firma "Thor Steinar" tragen, den "Zugang zu Räumen, Veranstaltungen und Versammlungen der Studierendenschaft" zu verwehren. Zudem erklärten die drei Stupas, sich dafür einzusetzen, dass entsprechende Regelungen für die jeweilige Hochschule erlassen werden.
Der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) der FU setzte sich daraufhin im Dezember mit dem Unipräsidium in Verbindung. Er formulierte einen Antrag für den Akademischen Senat. Nach einer mehrwöchigen Bearbeitungszeit erhielt der Asta Anfang Februar eine Antwort von der Geschäftsführung des Gremiums: "Nach Prüfung des Antrags kann ich Ihnen mitteilen, dass eine Behandlung im Akademischen Senat der Freien Universität nicht möglich ist", heißt es darin.
In dem Schreiben, das der taz vorliegt, heißt es weiter, dass "Beschlüsse über den Zugang von Personen mit einer bestimmten Kleidung" nicht im Akademischen Senat gefasst werden können. In einem anschließend veröffentlichten Rundschreiben des FU-Präsidiums stellte dieses klar "dass es untersagt ist, Plakate, Transparente, Flugblätter, Aufkleber, Kleidungsstücke mit strafbarem Inhalt (…) in den Liegenschaften der Freien Universität Berlin mit sich zu führen".
Sarah Walz ist studentisches Mitglied im Akademischen Senat der FU. Sie ist vom Verhalten des Präsidiums enttäuscht, hofft aber, dass es zu einer Einigung kommen wird, um gemeinsam ein Zeichen gegen Rechtsextremismus zu setzen. "Das Schreiben des Präsidiums geht gänzlich an der Thematik vorbei. Das Tragen von Kleidung der Firma ,Thor Steinar' stellt keine strafbare Handlung dar. Dennoch ist diese ein Erkennungszeichen der rechten Szene", so Walz zur taz.
Die zuständige Senatsverwaltung für Wissenschaft erklärte auf taz-Anfrage, dass die Hochschulen autonom sind und ihre Angelegenheiten selbstständig regeln. "Sie unterliegen in akademischen Angelegenheiten lediglich unserer Rechtsaufsicht. Es ist deshalb grundsätzlich Sache der Hochschulen, ihrer Verantwortung auch in der Frage des Tragens von ,Thor Steinar'-Kleidung gerecht zu werden", sagte Jens Stiller, der Sprecher von Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD).
An der Technischen Universität läuft derzeit noch die Diskussion darüber, wie der Beschluss des Studierendenparlaments für ein Verbot von "Thor Steinar"-Kleidung am besten umgesetzt werden könne.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen