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■ TennisGrand-Slam-Auftakt in der Backröhre

Berlin (taz) – Das einzige, worauf die Londoner Buchmacher in Hinblick auf das erste Grand- Slam-Turnier des Jahres keine Wetten annehmen, ist das Wetter. Schön warm wird es werden, bei den Australian Open in Melbourne, wie jedes Jahr. Immerhin fiel das Thermometer kurz vor Turnierbeginn von rund 40 Grad auf schlappe 35, in den ersten Tagen der heute beginnenden Veranstaltung soll es sogar noch ein wenig kühler werden. Dann aber sind wieder Backröhren-Temperaturen garantiert.

Beunruhigende Aussichten, zumindest in meteorologischer Sicht, für Boris Becker, der zwar mal behauptet hatte, daß er gern schwitze, sich aber in manch einem Hitze-Match selbst Lügen strafte und hundserbärmlich litt. Beim Davis Cup in Rio de Janeiro im letzten Jahr etwa, als er nach der ersten Partie aussah wie eine gegrillte Feige. Nach seinem Turniersieg in Katar ist Becker noch vor dem Titelverteidiger und Weltranglistenersten Jim Courier bei den Buchmachern mit 10:3 der Favorit Nummer eins. Zumal nach dem bronchitiskranken Andre Agassi gestern auch der Kroate Goran Ivanisevic, den die Bookies mit 9:2 an zweiter Stelle ihrer Favoritenliste führten, seine Teilnahme kurzfristig absagen mußte. Bei dem Fünften der Weltrangliste wurde ein Ermüdungsbruch im rechten Fuß festgestellt. Stefan Edberg scheint es bereits geahnt zu haben, in seiner Jahresprognose hatte er Ivanisevic glatt weggelassen: „Jim will vorne bleiben, ich zurück an die Spitze. Pete kann es schaffen, und Boris hat wieder den richtigen Biß für die Nummer 1.“ Pete kann es sogar schon in Melbourne schaffen. In Sydney hatte Pete Sampras zwar Probleme mit den Schienbeinen, gewann das Finale aber mit 7:6 (9:7), 6:1 gegen den Österreicher Thomas Muster. Da er im letzten Jahr bei den Australian Open fehlte, kann er jede Menge Punkte gutmachen.

Auch Becker, der in der ersten Runde auf den Schweden Anders Jarryd trifft, hat eine gute Ausgangsposition. Er verlor im letzten Jahr schon in der dritten Runde gegen den diesmal abwesenden John McEnroe und kann sich von seinem vierten Platz aus näher an das Spitzentrio Courier, Edberg, Sampras heranpirschen.

Bei den Frauen liegt der Fall wesentlich klarer. Eindeutige Anwärterin auf den Finalsieg am 30.Januar ist die Vorjahressiegerin und Nummer eins Monica Seles. Die bosnische Serbin, die in Melbourne gern „Sarasota, Florida“ als Herkunftsbezeichnung führen möchte, steht in London mit einer Quote von 10:1 zu Buche, ist selbst allerdings vorsichtig: „Man kann nicht jedes Jahr drei Grand-Slam- Turniere gewinnen“.

Weit abgeschlagen folgt Steffi Graf (2:1), die ihr erstes Match gegen eine Qualifikantin bestreiten muß. Nach dem Debakel beim Masters- Turnier, als sie in der ersten Runde gegen Lori McNeil ausschied, hat sie beim Hopman-Cup, den sie zusammen mit Michael Stich gewann, neues Selbstvertrauen eingesaugt und mißt dem Turnier in Australien eine hohe Bedeutung für den weiteren Verlauf der Saison bei: „Wer gut anfängt, hat es leichter.“

Gut angefangen hat das Jahr auch für Anke Huber, obwohl sie das Endspiel von Sydney mit 1:6, 4:6 gegen die US-Amerikanerin Jennifer Capriati verlor. Die Heidelbergerin, die auf Rang 11 der Weltrangliste vorrückt, bekommt es zunächst mit der Australierin Nicole Pratt zu tun.Matti

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