: Tempodrom-Finanzen spalten die Opposition
Grüne fordern Insolvenz und Neuanfang ohne Zelt-Gründer Moessinger und Waehl. CDU hält das für den schlechtesten Weg. Verkauf offenbar auch im Senat nicht mehr sicher. Finanzsenator wegen Honorarzahlungen unter Beschuss
Geht es nach der Grünen, sollte das Tempodrom Pleite gehen. „Die Insolvenz scheint die einzig sinnvolle Möglichkeit zur Beendigung dieses Trauerspiels zu sein“, sagt Oliver Schruoffeneger, ihr Haushaltsexperte im Abgeordnetenhaus. Für die CDU hingegen wäre ein Konkurs „jetzt der schlechteste Weg“. Doch auch im Senat ist der bislang als sicher geltende Verkauf des Tempodroms nicht ausgemacht. Dem Vernehmen nach ist die Angelegenheit nun Chefsache beim Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Als Alternativen gelten Verkauf, Insolvenz und der so genannte dritte Weg: Weiterbetrieb in Landesbesitz.
Eine Verkaufsentscheidung wurde seit Wochen vergeblich für die jeweils dienstägliche Senatssitzung erwartet. Auch in der heutigen Sitzung wird sie nicht fallen: Wowereit ist auf Dienstreise in Moskau. Grünen-Haushälter Schruoffeneger sieht in einer Insolvenz einen Neuanfang. Mit den bisher beteiligten Personen, unter anderem den Gründern Irene Moessinger und Norbert Waehl „hat das Tempodrom keine Chance“, sagte er.
Gestern sorgten auch Berichte für Aufsehen, wonach Wirtschaftsprüfer vor der umstrittenen Landesbürgschaft für das Tempodrom auf mögliche Risken hingewiesen haben. Der damals schwarz-rote Senat hatte im Jahr 2000 Kredite für das Betonzelt am Anhalter Bahnhof mit rund zehn Million Euro abgesichert. Der Tagesspiegel und der Rundfunk Berlin-Brandenburg berichteten von angeblichen Warnungen eines Gutachtens der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC im Jahr 2000.
Demnach war der Betrieb der Tempodrom-Betreiber Moessinger und Waehl bilanziell überschuldet und blieben geplante Millioneneinnahmen durch Sponsoren weit hinter den Erwartungen zurück. Die für das Tempodrom zuständigen Senatsverwaltungen für Finanzen und Wirtschaft führten damals die CDU-Männer Peter Kurth und Wolfgang Branoner.
Auf die Union zielt auch die Kritik der SPD-Abgeordneten Dilek Kolat, Sprecherin ihrer Fraktion im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Tempodrom. Die Landesbank Berlin und damit letztlich Kurth seien für die Gesamtfinanzierung zuständig gewesen. Sie haben nach Kolats Auffassung die Bonität der Tempodrom-Betreiber und die Kostenentwicklung nicht ausreichend kontrolliert.
Kolats CDU-Kollege aus dem Untersuchungsausschuss, Uwe Goetze, sieht bei der Tempodrom-Sanierung ein „Stück aus dem Tollhaus“ und hält Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) falsche Information des Parlaments vor. Goetze bezieht sich auf Angaben der Finanzverwaltung, wonach die Unternehmensberatung Steinbacher Treuhand für ihre Dienste – vor allem Käufersuche fürs Tempodrom – rund 400.000 Euro bezog. Sarrazin hingegen hatte am 19. Februar im Abgeordnetenhaus von einer Honorarrate an die Steinbacher von 50.000 Euro und einer möglichen weiteren Rate gesprochen, stellte aber ein „meines Wissens“ voran.
Interessant ist vor allem, dass der Steinbacher-Chef auch Chef der Stiftung Neues Tempodrom ist, die über die Honorare befindet. Im Stiftungsrat hat auch die Finanzverwaltung einen Sitz. Bei der Genehmigung des Honorars aber fehlte sie nach eigenen Angaben. Warum das so war, konnte die Verwaltung gestern nicht erklären. STEFAN ALBERTI