TROTZ NEUER STUDIE – DER STREIT UM EMBRYONENFORSCHUNG GEHT WEITER : Grund zu vorsichtigem Optimismus
Die Frage, ob die verbrauchende Embryonenforschung hierzulande zugelassen werden soll, bleibt auf der Tagesordnung. Das ändert sich auch nicht durch die jetzt publizierte Studie über die erfolgreiche Umwandlung von Körperzellen in entwicklungsfähige Stammzellen. Dieses Verfahren ist bisher nur an Mauszellen ausprobiert worden. Ob es auch bei menschlichen Zellen funktioniert, ist fraglich. In der Vergangenheit mussten Stammzellforscher die leidvolle Erfahrung machen, dass ihre Tierversuche mit Zellen menschlichen Ursprungs nicht reproduzierbar sind.
Die Experimente à la Dolly, dem weltweit berühmten Klonschaf aus Edinburgh, sind warnende Beispiele. Bei zahlreichen Tierarten – unter anderem Hund, Katze, Pferd, Kuh, Ziege – gelang es, genetische Kopien herzustellen. Nur beim Menschen und unseren nächsten Verwandten, den Affen, versagte diese Technik. Versucht worden ist es einige Male. Doch die biologischen Eigenschaften der Menschenzellen verhinderten bisher jeden Klonversuch. Vor zu viel Euphorie muss daher gewarnt werden. Trotzdem sollte dieser Forschungsansatz verstärkt verfolgt werden. Die angekündigte Initiative von Bundesforschungsministerin Annette Schavan, die Alternativen zur Embryonenforschung verstärkt zu fördern, ist daher zu begrüßen.
Nichts ist derzeit wünschenswerter in der Stammzellforschung, als eine Alternative zur Vernichtung von Embryonen zur Verfügung zu haben. Nur so wird es überhaupt möglich sein, den Druck der Forscher nach einer Freigabe der verbrauchenden Embryonenforschung auch langfristig standzuhalten. Die jetzt veröffentlichten Forschungsergebnisse werden mit Sicherheit auch eine wichtige Rolle bei der nach der Sommerpause zu erwartenden Debatte über das deutsche Stammzellgesetz spielen. Nur klar sollte man sich dabei auch sein: Selbst wenn – einmal optimistisch in die Zukunft geschaut – eine ethisch saubere Methode zur Herstellung von medizinisch einsetzbaren Stammzellen existieren sollte, der Streit um die Embryonen wird damit nicht beendet sein. Dazu sind die Forscher viel zu neugierig. WOLFGANG LÖHR