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Archiv-Artikel

TONI KEPPELER ÜBER DAS WIEDERAUFTAUCHEN VON FIDEL CASTRO Der alte Kater wacht

Wer hat denn nun das Sagen auf Kuba? Staatschef Raúl oder Parteichef Fidel? Die Havannologen sind sich uneins. Die einen sagen, die beiden Castros stritten sich um die Macht: der Reformer Raúl gegen den dickköpfigen Fidel. Andere glauben an brüderliche Einheit. Raúl müsse den arg ins Trudeln geratenen Staatssozialismus im Inneren stabilisieren, Fidel stärke ihm mit seinen Auftritten den Rücken und spanne derweil den großen außenpolitischen Bogen. So richtig wissen tut es niemand. Beide Thesen stützen sich, wie das in Havanna nötig ist, auf die Interpretation von Oberflächlichkeiten.

Der Unterschied zwischen den beiden ist offensichtlich: Raúl, von Berufs wegen General, tritt in der weißen Guayabera auf, jenem lässig über der Hose getragenen Hemd, mit dem man sich in Lateinamerika auch unter Geschäftsleuten zeigen darf. Er verkündet Massenentlassungen aus Staatsbetrieben, öffnet die kontrollierte Wirtschaft für mehr Privatinitiative und entlässt mindestens 52 Dissidenten aus der Haft, um in tiefer Wirtschaftskrise gut Wetter mit der Europäischen Union zu machen. Fidel dagegen trägt das olivgrüne Armeehemd und haut in die alte Kerbe vom bösen Imperium USA. Kein Wort zur Krise, keines zu den Dissidenten.

Was beide Thesen vergessen: Obwohl Fidel nur weltpolitisch spricht, ist sein Wiederauftauchen gerade jetzt zuallererst ein innenpolitisches Zeichen. Bruder Raúl ist zu Konzessionen an den Kapitalismus gezwungen, wie sie vorher undenkbar waren. Dass ein solcher Schritt ein versteinertes System schnell zum Kippen bringen kann, zeigt die Geschichte des Ostblocks. Ebendarum musste Fidel nach vier Jahren aus der Versenkung kommen. Er muss den Kubanern zeigen: Der alte Kater ist noch da und wacht. Die Zeit, in der die Mäuse auf den Tischen tanzen können, ist noch fern.

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