TAZ-SERIE: WIE HALTEN SIE ES MIT DEM FLIEGEN? : „Immer ein Symbol der Freiheit“
LUFTVERKEHR 2012 wird der Großflughafen BBI eröffnet. Die Frage, wo die Flugzeuge lärmen werden, erhitzt die Gemüter. Aber es gibt nicht nur Betroffene – die meisten sitzen auch mal selbst im Flugzeug. Oder? Die taz hört sich um. Teil 1: am Flughafen Tegel
Anna Nannen*, 75, aus Zehlendorf: „Ich würde nicht sagen, dass ich zu den klassischen Vielfliegern gehöre. Aber ich gebe zu: Ich benutze schon recht oft ein Flugzeug. Zwei- bis dreimal im Jahr erhebe ich mich in die Lüfte. Das kann eine Reise nach Italien sein oder nach Mexiko. Ich bin 75 Jahre alt und von Beruf Lehrerin. Als Pensionärin bin ich finanziell nicht so schlecht gestellt, außerdem interessiert mich die weite Welt immer noch. Das leiste ich mir einfach. Schon mit meinem verstorbenen Mann, der Hochschullehrer war, habe ich viele Forschungsreisen unternommen. Das Weiteste waren Neuguinea und Australien.
Ich bin gebürtige Steglitzerin, wohne aber schon lange in Zehlendorf. Einige meiner Nachbarn sind schwer empört und geben Listen herum, die man unterschreiben soll, um sich gegen den Fluglärm zu wehren, der durch den Bau des neuen Flughafens entsteht. Ich habe noch nicht unterschrieben. Ich nutze die Flugzeuge doch auch. Ich kann mir vorstellen, dass in Zehlendorf viel mehr Leute wohnen, die sich eine Flugreise leisten können, als etwa in Neukölln.
Und noch etwas wird bei den Protesten vergessen: dass wir bei der Berlin-Blockade und zu Mauerzeiten ohne diese Maschinen vollkommen aufgeschmissen gewesen wären. Flugzeuge waren für uns Südwestberliner immer ein Symbol der Freiheit.“
Beate Oder*, 49, aus Fürstenwalde: „Ich bin in meinem Leben erst dreimal geflogen. Mein weitester Flug war nach Kamerun, dann war ich noch in Stockholm und in Stuttgart. Ich habe vier Kinder und kann es mir finanziell nicht leisten, so einen großen Urlaub zu machen. Man fährt dann doch lieber mit dem Auto.
Ich arbeite seit sieben Jahren als Sicherheitskontrollkraft am Flughafen. Ich kontrolliere auch die Taschen. Die Leute, die wegfliegen, sind eigentlich alle gut drauf. Aber bei der Ankunft, da sind sie mitunter ganz schön gnatzig, weil sie so geschafft sind vom Flug, vor allem nach Langstreckenflügen. Mit denen möchte ich nicht tauschen, denke ich mir oft. Die Reisenden, die ankommen, stehen oft allein da. Von den Fluggesellschaften ist keiner mehr da, der sich um sie kümmert. Die Flugpreise werden immer niedriger, mit der Folge, dass an allen Ecken und Enden gespart und der Service runtergefahren wird.
Die Diskussion um die Flugrouten betrifft mich eigentlich nicht. Ich wohne in Brandenburg. Es ist ganz selten, dass wir mal ein Flugzeug hören. Wenn der neue Flughafen fertig ist, werden wir noch mehr Ruhe haben.“
PROTOKOLL: PLUTONIA PLARRE
*Name geändert