■ Surfbrett: Weiche Eier und harte Kerle
Was unterscheidet ein Weichei von einem richtigen Kerl? Dem Weichei mangelt es an Durchsetzungsvermögen, und für Harald Müller ist das vielleicht auch der Grund, warum er noch keinen Verlag für sein „Lexikon für Weich-Eier“ gefunden hat. Nun steht es im Internet, denn das kann sich nicht wehren. Die „mehr als 1000 Begriffserklärungen für Weicheier und Menschen, die es werden wollen“, können unter www.muller.de/weichei/ abgerufen werden – und sie sind ein Lehrstück. Nicht, weil es erstrebenswert wäre, selbst zum Weichei zu mutieren, sondern dieses Lexikon vermittelt überzeugend, was ein hoffnungsvoller Jungautor auf der Suche nach einer passenden Marktlücke im überschwemmten Buchmarkt alles falsch machen kann. Müller, der nach eigenem Bekunden seine Sammlung nicht so ganz ernst meint, hat den Balanceakt zwischen noch erträglichem und manchmal sogar ganz lustigem Blafasel und auch in alkoholisiertem Zustand nicht mehr erträglichem Dummlall nicht so ganz auf die Reihe gekriegt. Den Begriff „Alter“ mit „Bezeichnung des Lebensabschnittes nach dem fünften Lebensjahr“ zu erklären ist durchaus in Ordnung. Aber daß die Zwiebel ein „heimtückisches Gemüse“ sein soll und ein Zoologischer Garten eine „andere Bezeichnung für eine ausgiebig getragene Unterhose“, ist weder nachvollziehbar noch besonders lustig. Manchmal ist es ganz nützlich, wenn es auf dem Weg von der Idee zum Buch noch eine Instanz gibt, die sich „Lektor“ oder „Verleger“ nennt. Auf diese Weise werden wir, wenn auch nicht immer, von solch überflüssigen und dümmlichen Machwerken verschont. Nur im Internet gibt es diese Instanz nicht, dort kann jeder schreiben, was er will. dieter@taz.de
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