Stuttgarts neuer Bahnhof: Milliardenloch im Untergrund
Der unterirdische Bahnhof "Stuttgart 21" wird laut Bundesrechnungshofs deutlich teurer als bisher geplant. Ein Bericht kritisiert die Planungsgrundlage von Verkehrsminister Tiefensee.
Schwerer Rückschlag für das größte Verkehrsprojekt Deutschlands: Der in Stuttgart geplante unterirdische Bahnhof Stuttgart 21 wird mit 8,5 Milliarden Euro deutlich teurer als bisher angenommen. In einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestags kommt der Bundesrechnungshof zu dem Schluss, dass die Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs und der Anschluss an den Flughafen statt 3,1 Milliarden mindestens 5,3 Milliarden kosten wird; für die damit verbundene ICE-Neubaustrecke von Ulm nach Wendlingen würden statt 2 Milliarden bis zu 3,2 Milliarden fällig. Da in der bisherigen Planung Finanzierungsrisiken teilweise vom Land Baden-Württemberg und der Bahn gedeckt sind, bleibt eine Lücke von 1,3 Milliarden Euro.
Der Bericht zeigt zudem, dass das Bundesverkehrsministerium offenbar seine eigenen Berechnungen ignoriert. Denn der Bundesrechnungshof stützt seine Angaben auf einen Bericht des Ministeriums vom August, demzufolge Großprojekte des Bundes wegen gestiegener Bau- und Energiepreise erheblich teurer werden. Insgesamt sind Bauprojekte binnen einem Jahr im Schnitt bis zu 7,5 Prozent teurer geworden. Eisenbahnprojekte schlagen in Zukunft mit 60 Prozent Plus zu Buche. Diese Zahl haben die Prüfer des Rechnungshofs nun auf Stuttgart 21 angewandt - das Verkehrsministerium indes nicht.
Noch vergangene Woche gab es Berichte, nach denen sich der Haushaltsausschuss mit der Bahn auf eine endgültige Finanzierung geeinigt hätte, was nun hinfällig sein dürfte. Die Prüfer rechnen zudem vor, dass der Bund mit 2,5 Milliarden Euro den Löwenanteil der Kosten trägt. Darum müsse das Projekt in die Obhut des Bundes übergehen, fordern sie. Bisher ist Stuttgart 21 offiziell ein Projekt der Bahn, weshalb Bundestag und Landesparlamenten keine detaillierte Aufschlüsselung der Kosten vorliegt.
Der baden-württembergische Verkehrsminister Heribert Reh ließ am Dienstag verlauten, er halte die Kalkulation des Rechnungshofes in einigen Teilen für nicht zutreffend, Ministerpräsident Günther Oettinger sieht die Kostenrechnung nach wie vor als "tragfähig". Die Grünen kritisieren dagegen deutlich: "Damit erweist sich das Projekt Stuttgart 21 als das Milliardengrab, vor dem wir immer gewarnt haben, und vielleicht auch als Grab für Verkehrsminister Tiefensee", schreibt der verkehrspolitische Sprecher Winfried Hermann.
Für die Bahn wäre Stuttgart 21 nach den neuen Zahlen des Rechnungshof ein Nullsummenspiel: Da der Kopfbahnhof in Stuttgart einem unterirdischen Durchgangsbahnhof mit 8 statt 16 Gleisen weichen soll, werden in der Stadt 140 Hektar Land frei. Der Erlös aus dem Verkauf steht laut einer Vereinbarung von 1995 der Bahn zu. Der Rechnungshof beziffert die Erlöse auf 1,4 Milliarden Euro - der Kostenanteil der Bahn beträgt aber nur 1,1 Milliarden plus 380 Millionen Euro im Fall einer Kostensteigerung. Ein Sprecher des Unternehmens sagte der taz, man könne die Zahlen nicht nachvollziehen.
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