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Studie zum Integrationsverhalten von TürkenMigranten fordern Kindergartenpflicht

Die Hälfte der Türken in Deutschland will früher oder später in die Heimat zurück. Gleichzeitig befürwortet die Mehrheit verpflichtende Deutsch- und Integrationskurse.

Erst in die Kita und dann mit guten Deutschkenntnissen in die Schule. Bild: dpa

BERLIN taz | Wie viele Migranten sind "Integrationsverweigerer"? Kommen Zuwanderer wegen der Sozialleistungen nach Deutschland? Für viele Fragen, um die in der deutschen Integrationsdebatte gestritten wird, fehlen bislang verlässliche Datengrundlagen. Eine neue Befragung zum Integrationsverhalten von Türken in Deutschland gibt dazu einige Antworten.

Für die Studie wurden 1000 in Deutschland lebende Menschen mit türkischem Migrationshintergrund – darunter ein Viertel mit deutscher Staatsbürgerschaft – befragt. Davon lebt ein Drittel schon seit über 30 Jahren in Deutschland – trotzdem betrachtet nur ein knappes Fünftel Deutschland als Heimat. Für 40 Prozent bleibt die Türkei das gefühlte Heimatland. Ebenfalls 40 Prozent empfinden beide Länder als Heimat. Das Gefühl der Hin- und Hergerissenheit zwischen den zwei Staaten äußert sich auch in der Zahl von fast zwei Drittel der Befragten, die sich in Deutschland als Türke und in der Türkei als Deutsche fühlen.

Fast die Hälfte fühlt sich in Deutschland unerwünscht. Und so planen 47 Prozent fest, früher oder später in die Türkei zurückzukehren. Besonders stark äußert sich diese Vorhaben bei den gut Gebildeten, denn sie rechnen damit, auch in der Türkei leicht einen Job zu finden. Viele Türken führten ein "Leben auf Abruf", sagt Studienautor Holger Liljeberg.

Ein knappes Drittel der Befragten würde ohne Sozialleistungen durch den deutschen Staat im Fall des Jobverlusts sofort eine Rückkehr in die Türkei in Erwägung ziehen. Aber von einer "Zuwanderung in die Sozialsysteme" kann man nach den Ergebnissen der Studie nicht sprechen: Die Hälfte der Türken in Deutschland ist berufstätig, unter den Migranten im erwerbsfähigen Alter sind es sogar zwei Drittel.

Gegen das Bild vom "Integrationsverweigerer" spricht, dass über drei Viertel der Studienteilnehmer verpflichtende Deutsch- und Integrationskurse für Migranten ohne ausreichende Kenntnisse befürworten. 91 Prozent finden, dass Kinder unbedingt von klein auf Deutsch lernen müssten. Und sogar 95 Prozent sind der Meinung, dass alle türkischstämmigen Kinder vor der Schule eine Kindertagesstätte besuchen sollten, um bei Schulbeginn über ausreichende Deutschkenntnisse zu verfügen.

Vonn Deutschland wünschen sich viele der Befragten (83 Prozent) gleichzeitig mehr Rücksicht auf die Gewohnheiten und Besonderheiten türkischer Einwanderer. Diskriminierung haben schon einige erfahren: Fast ein Drittel meint, wegen seines türkischen Namens oder Aussehens bei Bewerbungen abgelehnt worden zu sein; und fast jeder Zweite hat deshalb schon Beschimpfungen in der Öffentlichkeit erlebt.

Vom Islam- und Migrantenkritiker Thilo Sarrazin halten die Befragten nicht viel. Über zwei Drittel finden, er habe mit seinen umstrittenen Thesen unrecht, wenn auch einzelne Fakten stimmen mögen. Ganze 40 Prozent haben von Sarrazins Äußerungen aber noch gar nichts gehört.

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8 Kommentare

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  • B
    Boumedienne

    @Fordler: auf Leute wie dich können wir auch getrost verzichten !!!

    Ansonsten gilt: Liebe Muslime, lasst uns mit diesen Christen nicht allein !!!!

  • H
    Huss

    @antiantiantianti

    Integrieren sich Migranten, in dem sie sich jeden Stuss in Deutschland reinziehen? Gibt's hier nen Zwang zur Lektüre von bestimmten Bücher oder wie soll man das verstehen?

  • H
    Hans

    "... fast jeder Zweite hat deshalb schon Beschimpfungen in der Öffentlichkeit erlebt. ..."

     

    Ja, und das wird bald noch steigen, denn die Konjunktur wird in Japan eventuell jäh abgewürgt und ab 1,5 Prozent Wachstum stagniert der Arbeitsmarkt, danach steigt die Arbeitslosigkeit sogar an.

    Und die Aggressionen steigen - man muss nur ein paar Mal klicken im Interent und schon kann man Hass pur lesen. Übrigens sagt das Obrige Zitat weniger als 50 Prozent - die haben bereits in der Öffentlichkeit dumme Texte zu hören bekommen.

     

    Und 60 Prozent sehen in Deutschland ihre Heimat - auf die eine oder andere Weise. Auch das kommt m.M. nicht gerade korrekt rüber. Dass viele Migranten auf gepackten Koffern sitzen, finde ich nachvollziehbar, darin unterscheiden sie sich von vielen gebildeten und jüngeren Deutschen auch nicht (Siehe Auswanderer-TV etc.).

     

    Ich würde auch diese Studie nicht gänzlich kaufen, aber die Trends scheinen mir hier besser eingefangen zu sein, als in anderen Umfragen.

    Ich halte aber von Umfragen und überhaupt dem Erforschen der Sarrazin-Thesen nicht viel, weil der ganze Ansatz meiner Meinung nach zu Nichts führt.

     

    Was soll dabei heraus kommen, wenn wir theoretisch irgendwann wissen, dass die Summe der Integrationsverweigerer und Hard-Core-Muslime mit der Gruppe identisch ist, die in Verfassungsschutzberichten als harter Kern der Islamistenszene benannt wird? Das Geld sollte man lieber in echte Intergrationsmaßnahmen investieren.

  • AB
    Ali Baba

    tja, da fragt man nur wer diese studie erstellt hat und ob die aussagen so korrekt sind

  • CS
    Cin Size Gelsin

    Herr Wirminghaus was ist bei TAZ mit der Rechtschreibung?

    Zum Thema: Aufgrund der Krisen in den arabischen Gebieten wird die wirtschaftliche Entwicklung der Türkei in der nächsten Zeit stark schwächeln, was den Bedarf an Fachkräften vermindert. Seit 40 Jahren warten die Türken auf eine Möglichkeit wieder in die Heimat zurück zu können. In den 80'ern wurden Rückkehrhilfen angeboten. Zur Zeit wird nichts unternommen um den Rückkehrwilligen die Rückkehr zu erleichtern. Wenn die Deutsche Rentenversicherung auch den Arbeitgeberanteil an die Rückkehrer zurückzahlen würden u.u. mit Zinsen, wäre das eine Erleichterung für viele sich in das türkische Rentensystem einzukaufen. Jegliche Möglichkeiten Türken in Deutschland auf Dauer zu dulden wird nicht geschehen. Dafür ist das deutsche Volk viel zu nationalistisch eingestellt.

  • A
    antiantiantianti

    "Ganze 40 Prozent haben von Sarrazins Äußerungen aber noch gar nichts gehört."

     

    einen besseren Beweis für fehlende Integration kann es wohl nicht geben ..

  • PM
    Phillipe Maldini

    "Ganze 40 Prozent haben von Sarrazins Äußerungen aber noch gar nichts gehört."

     

    ...hatte einen anstrengenden Tag,...der ist jetzt aber wieder köstlich!!! :) Vielen Dank Ihr 40%igen ;)

  • F
    Fordler

    "Ein knappes Drittel der Befragten würde ohne Sozialleistungen durch den deutschen Staat im Fall des Jobverlusts sofort eine Rückkehr in die Türkei in Erwägung ziehen".

    Und die anderen zwei Drittel? Wovon würden die leben wollen?

    "Gegen das Bild vom "Integrationsverweigerer" spricht, dass über drei Viertel der Studienteilnehmer verpflichtende Deutsch- und Integrationskurse für Migranten ohne ausreichende Kenntnisse befürworten".

    Genau auf das verbleibende Viertel kann man getrost verzichten!