Studie übers Sitzenbleiben: Sechs, setzen? Zu teuer!
Sitzenbleiben ist nicht nur pädagogisch sinnlos, sondern auch teuer: Fast eine Milliarde Euro Mehrkosten müssen die Bundesländer für die Ehrenrunden abdrücken.
Jedes Jahr müssen 250.000 Kinder und Jugendliche eine Klasse wiederholen. Die Effekte des Sitzenbleibens werden von Schulforschern seit Langem kritisiert, das Sitzenbleiben bringe im Grunde nichts. Doch nicht nur pädagogisch ist das Sitzenbleiben ein Verlustgeschäft: Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung rechnete jetzt vor, dass die "Ehrenrunden" auch noch einen ganzen Haufen Geld kosten.
Fast eine Milliarde Euro Mehrausgaben haben die Bundesländer durch die 250.000 Sitzenbleiber, haben die Wissenschaftler errechnet. Eingerechnet wurden die zusätzlichen Personalausgaben für die Schulen und die Schulverwaltung - genauso auch Sachkosten. Geld, das auch anders verwendet werden könnte. "Es ist aber eben ein lieb gewonnenes Instrument im deutschen Schulsystem, von dem man sich nur schwer trennt", sagt Antje Funcke von der Stiftung.
Ansätze gibt es aber, Schulkarrieren hürdenloser zu gestalten: In Nordrhein-Westfalen wurde vergangenes Jahr eine Initiative gestartet, die zum Ziel hat, die Zahl der Sitzenbleiber zu reduzieren. Mittlerweile sind schon 800 Schulen erfolgreich dabei, Alternativen zum Sitzenbleiben zu entwickeln. "Es soll aber nicht zu Lasten der Qualität gehen", sagt Thomas Breuer vom NRW-Schulministerium.
In Deutschland wird häufiger sitzengeblieben als in jedem anderen Land: Fast ein Viertel der fünfzehnjährigen Deutschen hat laut Pisa im Jahr 2003 bereits mindestens einmal eine Ehrenrunde gedreht. "Dass man auf Klassenwiederholungen verzichten und durch individuelle Förderung dennoch ein chancengerechtes und leistungsstarkes Schulsystem erreichen kann, sehen wir in zahlreichen anderen Ländern", sagt Klaus Klemm, der Autor der Bertelsmann-Studie.
Von Klassenwiederholungen erhofft man sich gemeinhin, dass der Wiederholer in seinem neuen Lernumfeld angemessener lernen kann. Untersuchungen haben aber gezeigt, dass sich solche Effekte nur kurzfristig im Jahr der Klassenwiederholung einstellen. Später haben die Wiederholer keinen Vorteil mehr gegenüber ähnlich leistungsschwachen Schülern, die versetzt wurden. Auch würden die besseren Schüler, die eine Klasse weiter durften, gar nicht davon profitieren, dass der Schwächere sitzen geblieben ist.
Die Durchfallerquoten wie auch die Ausgaben unterscheiden sich in den Ländern erheblich. Ein Beispiel: In Baden-Württemberg erreichen pro Jahr 1,7 Prozent der Schüler das Klassenziel nicht - in Bayern sind es fast doppelt so viele: 3,6 Prozent. Bei den Kosten gibt es aber sogar noch größere Unterschiede: Während in Bayern nur unwesentlich mehr Schüler unterrichtet werden als im Südwesten, trägt es einen Anteil von fast 30 Prozent der Kosten, die in Deutschland für Klassen- wiederholungen anfallen - in Baden-Württemberg sind es nur fünf Prozent.
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