: Strengere Maßstäbe müssen gelten
Beim Lesen mancher taz-Kommentare lernt man wirklich was fürs Leben. Ich wusste bisher nicht, dass es der „Job“ von Firmenbossen ist, ohne Not tausende von Mitarbeitern zu entlassen oder Betriebe einfach gleich komplett zu schließen. Ich dachte immer, es sei die Aufgabe der Unternehmer, Arbeitsplätze zu schaffen. Eigentum verpflichtet – so will es das Grundgesetz.
Was Ulrike Herrmann will, spielt dagegen kaum eine Rolle. Im Übrigen ist es ja wohl der Gipfel der Absurdität, zu behaupten, dass es Menschen gebe, an die man keinerlei moralische Maßstäbe anlegen dürfe. Es ist gerade umgekehrt: Je mehr Macht jemand hat, desto strengere Maßstäbe müssen für ihn gelten. Heute verlegt man Werke nach Polen. Wenn die polnischen Beschäftigten mehr Lohn verlangen, geht man in die Ukraine, und irgendwann landet man in Südostasien, weil sich die Arbeiter dort noch leichter ausbeuten lassen. Und das darf niemand kritisieren, weil für die Handlanger dieses perversen Systems keine Moral gilt?
Ich wünsche Frau Herrmann nicht, dass sie ihren Arbeitsplatz verliert und nach einem Jahr in den Genuss eines Lebens mit 345 Euro monatlich kommt. Was mich sehr freuen würde, wäre, wenn sie in Zukunft weniger leichtfertig und gefühllos über das Schicksal ihrer Mitmenschen daherschreiben würde.
HEINRICH MÜLLER, Tegernheim