Streit um Vorgänge auf der "Gorch Fock": Die Ermittler gehen an Bord
Zu Guttenberg und ein Marine-Sprecher versprechen Aufklärung. Die SPD will einen Untersuchungsausschuss. Und der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes verteidigt das Ausbildungskonzept.
GLÜCKSBURG/USHUAIA/BERLIN dpa | Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) verlangt nach der angeblichen Meuterei auf dem Segelschulschiff "Gorch Fock" umfassende Aufklärung. Aufschluss erhofft sich der Minister von einem Ermittlungsteam, das die Vorgänge nach dem Tod einer Offiziersanwärterin im vergangenen November aufklären soll.
Das Team wird nach Angaben des Ministeriums vom Donnerstag zusammengestellt und soll sich dann auf den Weg machen. Unklar ist noch, wann die Ermittlungen beginnen sollen. Wegen der Ermittlungen kehrt die "Gorch Fock", die auf Weltumseglung ist, zu ihrem letzten Hafen Ushuaia in Argentinien zurück. Ein Sprecher der Marine sagte, der Dreimaster werde dort am Donnerstag gegen 18.00 Uhr (deutsche Zeit) erwartet. Dort soll das Ermittlerteam an Bord gehen.
Nach dem Tod der Kadettin hatten Mitglieder der Besatzung Vorgesetzten Versagen vorgeworfen. Zudem sei das Vertrauen zwischen der Stammmannschaft und den Offiziersanwärtern gestört gewesen. Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus schrieb in einem Brief an den Verteidigungsausschuss über Meuterei-Vorwürfe gegen vier Auszubildende.
Die Ermittler müssen auch Vorwürfen nachgehen, die Stammbesatzung habe Offiziersanwärter bedroht und sexuell belästigt. An Bord der "Gorch Fock" befindet sich derzeit die Stammbesatzung unter Kapitän Norbert Schatz. Die Ausbildung war nach dem tödlichen Sturz der 25-jährigen Offiziersanwärterin von der Takelage ausgesetzt worden.
Die anderen Anwärter kehrten nach Deutschland zurück. Ihre Aufgaben wurden von der Stammbesatzung und eingeflogenen Soldaten übernommen, damit der Dreimaster die Fahrt fortsetzen kann. Ein Ministeriumssprecher sagte: "Es gibt keine Entscheidung, dass die Reise abgebrochen wird."
"Das sind schwerwiegende Vorwürfe", sagte der Marine-Sprecher, Fregattenkapitän, Alexander von Heimann. "Wir werden jetzt alles Menschenmögliche tun, um den Sachen nachzugehen und das aufzuklären." Die Untersuchungskommission soll zügig Gespräche mit allen Beteiligten führen.
Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, warnte vor voreiligen Schlüssen. Man müsse prüfen, ob Sicherheitsbestimmungen verletzt worden seien, sagte Kirsch dem Hamburger Abendblatt (Donnerstag). "Manchmal stellt sich am Ende manches anders dar als am Anfang."
Kirsch verteidigte das Ausbildungskonzept auf dem Segelschiff. "Es gibt keine bessere Ausbildung als auf einem Schiff, wenn es um den Crew-Gedanken geht." Das Konzept werde sich auch in Zukunft bewähren. In der vergangene Woche war schon eine Delegation des Wehrbeauftragten zu Gesprächen bei der Besatzung gewesen. Demnach hatten sich nach dem tödlichen Sturz der Kameradin trauernde Offiziersanwärter geweigert, wieder in die Takelage zu klettern. Sie sollen trotzdem zum sogenannten Aufentern gedrängt worden sein.
Die SPD will Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wegen der Vorgänge bei der Bundeswehr vor den Verteidigungsausschuss des Bundestags zitieren. Der Minister müsse bei der nächsten Sitzung am Mittwoch kommender Woche umfassend Auskunft geben, verlangte SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold am Donnerstag in Berlin. Dabei soll es auch um die Öffnung von Feldpost-Briefen und den Tod eines Soldaten kurz vor Weihnachten in Afghanistan gehen.
"Guttenberg muss die drei Vorgänge zur Chefsache machen", sagte Arnold der Nachrichtenagentur dpa. Der CSU-Politiker versuche jedoch "wie immer, die Dinge von sich fernzuhalten". Klar sei jedenfalls, dass in seinem Ressort nicht richtig erkannt werde, über welche Vorfälle der Minister informiert werden müsse.
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