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Streit um VereinshymneSchalke singt munter weiter

Der Fußballverein Schalke 04 hält an seiner uralten Hymne fest. Der von Muslimen kritisierte Propheten-Reim ist in Ordnung, urteilt ein Islamexperte.

"Keine Blasphemie oder Verhöhnung des Propheten", urteilt der Zentralrat der Muslime. Bild: ap

KÖLN taz | Trotz Protesten strenggläubiger Muslime wird Schalke 04 seine Vereinshymne "Blau und Weiß, wie lieb ich Dich" nicht ändern. Wie der Fußballbundesligist am Donnerstag in Gelsenkirchen mitteilte, stützt sich der Vereinsvorstand bei seiner Entscheidung auf ein Gutachten des Islamwissenschaftlers Bülent Ucar. Darin heißt es, an dem Lied sei aus islamischer Sicht "nichts zu beanstanden".

Auslöser der Aufregung ist die dritte Strophe der Schalker Hymne: "Mohammed war ein Prophet / Der vom Fußballspielen nichts versteht / Doch aus all der schönen Farbenpracht / Hat er sich das Blau und Weiße ausgedacht." Nachdem Ende Juli türkische Medien - eher belustigt - über die Zeilen berichtet hatten, reagierten Teile der islamischen Community mit einem Sturm der Entrüstung auf diese vermeintliche "Verunglimpfung des Propheten". Angestachelt von islamistischen Internetforen wurde die Geschäftsstelle des Ruhrgebietsvereins mit Protestbriefen und E-Mails überschwemmt.

"Der FC Schalke 04 hat sich verantwortungsvoll und ruhig mit diesen Schreiben beschäftigt", heißt es jetzt in der Stellungnahme des Vereins. Nachdem er die kritisierte Passage von Ucar islamwissenschaftlich hat überprüfen lassen, sieht er allerdings keinen Grund für eine Beanstandung. Tatsächlich fällt das Urteil des geschäftsführenden Leiters des Zentrums für Interkulturelle Islamstudien an der Uni Osnabrück klar aus: Der von dem Musiker und Schalke-Fan Hans J. König 1959 verfasste Text beinhalte "keine irgendwie beleidigende Substanz und ist daher auch nicht als Hetze zu verstehen", schreibt Ucar in der Expertise.

Die Aussage, dass Mohammed nichts vom Fußballspielen verstanden habe, sei "objektiv richtig", konstatiert Ucar. "Auch der Prophet war nach einhelliger Überzeugung aller Muslime nur ein Mensch, der nicht in die Zukunft gucken und damit ein Fußballexperte sein konnte." Er habe ja auch "schließlich Wichtigeres zu tun" gehabt. Es gehöre schon "eine gehörige Portion Humorlosigkeit dazu, um diesen Text als Herabwürdigung des Propheten und Hasskampagne gegen seine Person zu verstehen".

Auch die großen islamischen Verbände haben sich inzwischen unisono von den Schalke-Lied-Kritikern distanziert. Es sei zwar "ungewohnt", dass im Zusammenhang mit einer Fußballhymne Mohammed Erwähnung finde, sagte der Vorsitzende des Islamrats, Ali Kizilkaya. Doch ein Problem könne er in der Passage nicht erkennen. "Ich sehe da nichts Beleidigendes", sagte Kizilkaya der taz.

Die Proteste gegen das Lied seien nicht nur völlig überzogen, sondern würden zudem auch noch die berechtigte Kritik von Muslimen an wirklich islamfeindlichen Vorfällen untergraben. In dem Lied sei "keine Blasphemie oder eine Verhöhnung des Propheten zu erkennen", sagte auch der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime, Aiman A. Mazyek. "Am besten, wir lassen die Moschee im Dorf", empfahl er. Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V. (Ditib) sieht das Thema nahe am "Sommerloch".

Selbst das islamistische Internetportal muslim-markt.de, das Ende Juli zu den Mailprotesten gegen "diese Ungeheuerlichkeit" aufgerufen hatte, rudert inzwischen zurück. Er sei zwar weiterhin dafür, die inkriminierten Textteile zu entfernen, da "solche Passagen leicht missverstanden werden" könnten, schreibt Yavuz Özoguz, einer der Betreiber des umstrittenen Portals. "Aber selbst wenn das alte Lied bleibt, ist es nicht weiter schlimm!"

Erleichtert zeigt sich der Schalker Fan-Club Verband. "Wir sind froh, dass sich das alles jetzt wieder entspannt hat", sagte dessen Vorsitzender Rolf Rojek der taz. Der Dachverband, in dem sich über 800 Fanclubs organisiert haben, bereitet sich auf den Saisonauftakt vor: Am Samstag gehts zum Auswärtsspiel nach Nürnberg. Dann wird auch die Hymne wieder aus zehntausenden Kehlen ertönen: "Blau und Weiß, wie lieb ich Dich!"

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14 Kommentare

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  • D
    dieter

    @ nassauer: die einteilung in "wir" (christen?) und die (muslime) ist bestenfalls ethnozentrisch, schlimmstenfalls rassistisch.

     

    @ steffi: ich vermute, das könnte auf die charakteristische islamische kunsttradition der ornamentik zurückgehen (blau-weiße Fayencedekore etc.), vermute aber auch, dass sich der autor eines fußball-liedes nicht zwingend über sinn und unsinn gedanken machen muss.

  • U
    urmel

    Mangelnder Humor ist wohl ein allgemeines Problem der Religionen, nicht nur des Islams:

     

    taz. de:

    04.08.2009

    "was fehlt ...

    ...Jesus-Witze im holländischen TV

     

    Jesus finden die Niederländer absolut nicht lustig. Zumindest ist eine Jesus-Kabarettshow mit dem Titel "Läuft ein Mann übers Wasser" schon vor der ersten Ausstrahlung im niederländischen Fernsehen untergegangen. Die Kirche protestierte und brachte die Sendung mit Jesus-Witzen bei ihrem Wasserlauf-Versuch zum Kentern.

     

    So sei das alles gar nicht beabsichtigt gewesen, sagte der Moderator Arie Boomsma: "Dieses Format bot eine einzigartige Möglichkeit, Vorurteile abzubauen und ein offenes und ehrliches Gespräch über Jesus in Gang zu bringen." Hat doch geklappt - das Land redet über Jesus - nur lachen will keiner über ihn."

  • PB
    Pater Braun

    Dass ein Lied, das in Reim und Versmaß so misslungen ist, so lange in Gebrauch geblieben ist, lässt an der Sangeskunst von Fußballfans ebenso zweifeln wie an ihrem Sprachverständnis.

  • A
    aso

    @ Hussein:

    da in D noch keine Scharia herrscht, darf man hier alles und jeden besingen und verspotten. Schon mal was vom „Leben des Brian“ gehört? Einer der besten Blasphemie-Filme. Man macht sich über Jesus das Christentum und Gott lustig, und es ist sogar noch witzig.

    „ warum beleidigt ihr ISLAM“:

    Es ist ein großer Unterschied, ob man jemanden bewußt beleidigt, z.B. mit: „du h...sohn, ich f... deine mutter“, oder ob jemand meint, sich beleidigt fühlen zu müssen weil er ein uraltes Lied hört, das mit Traditionen seines Gastlandes zu tun hat.

    Ist denn der Islam so eine Mimose, das er schon bei der Nennung eines Propheten-Namens hysterisch beleidigt ist ?

    „... Islam ist die wahre Religion...“:

    Scheinbar meinen Sie damit: die „einzig“ wahre Religion?

    Nun da es Meinungsfreiheit in D gibt, können Sie diese Meinung durchaus äußern. Leider gilt dies wohl nur für Muslime, für Nichtmuslime ist diese Behauptung unwichtig.

    „...und sie ist dikrekt von Gott...“:

    Hier meinen Sie wohl: von „Ihrem“ Gott. Auch dies ist deshalb für alle, die keine Muslime sind, da sie einen anderen Gott haben, oder keinen Gott wollen: unwichtig

    Insofern darf zumindest in D, jeder ihren Gott beleidigen, genauso, wie er ihr Auto beleidigen darf.

    Man darf sich hier sogar selbst beleidigen...

  • H
    Hussein

    Isch finde nicht gut, das es weiter gesungen wird! Es ist gegen Ehre und es ist wie Verspotten von unsere Prophet! Warum singt ihr nicht über Jesus oder Maria, warum beleidigt ihr ISLAM! Islam ist die wahre Religion und sie ist dikrekt von Gott, und wer Islam beleidigt, beleiigt Gott. Also bitte, hört auf und singt was anderes!

  • A
    Andre

    ...na und???

    Gott (seine Existenz mal vorausgesetzt) hat auch keinen Schimmer von Fußball... Und Shiva auch nicht... Und die große Schlange in Australien auch nicht... Die haben alle besseres zu tun!!!

    Liebe muslimischen (sich darüber aufregenden!) Erdmitbewohner, macht doch bitte nicht so´n Wirbel um so eine unwichtige Sch...!

  • A
    aso

    @ Blasphmie rulz:

    Genauso isset.

    Wenn es et wat gibt über dat man sich lustig machen sollte, dann doch über Relijion, wat sonst?

    Mann stelle sich nur mal vor, dieser Allah soll doch angeblich dat janze Universum erschaffen haben. Und wir bekämen mal tatsächlich Besuch von diesen Alliens...und denen erklärt Ayub A. Köhler, oder auch Kenan Kolat, dat sie eigentlich von Geburt an Muslime seien, nur sie hättens eben nur noch nich gewußt....

    Ob die uns wohl n Vogel zeigen würden?

    Blasphemie is wie wenze meinst, man kann doch nich an wat glauben, wat et gar nich gibt...

  • BR
    Blasphmie rulz

    Und wat wäre, wennet sich um Blasphemie handeln würde? Die Erleichterung, darüber, dass irgendwelche moderaten Taliban das Lied genehmigt haben verkennt, was es für Meinungsfreiheit etc. handelt, wenn man vor diesen Fanatikern - wie hier geschehen - einknickt. Für das Recht auf Gotteslästerung!

  • AR
    A.S. Reyntjes

    Der Text hieß doch ganz anders:

     

    "Päpstchen Pius war ein Prophet,

    Der vom Fußballspielen nichts versteht.

    Doch aus all der schönen Farbenpracht

    Hat er sich das Blau und Weiße ausgedacht."

     

    *

    Siehste - der eigene, römmisch-kattholsche Oberheilige ist eine Tabufigur.

    Mit anderen Reli-Oberen macht man seinen Spoaß, aus Kosten anderer.

     

    Umgekehrt ... wär's ehrlicher und aufgeklärter!

  • BK
    Bionca Knowless

    @ Nassauer

     

    Du regst dich aber wesentlich mehr auf als der Zentralrat der Muslime. Der lässt die Moschee im Dorf.

  • DB
    Der blaue Klaus

    Lieber FC Schalke 04!

     

    Ein königsblauer Anhänger hat im TV anläßlich des UEFA-Cup-Gewinns 1997 in Mailand folgendes gesagt:

     

    "Schalke, dat is mehr als Fussball, Schalke dat is Relijohn."

     

    Recht hatte er mit seiner Ironie. Und nun wollen wir uns mal das schöne Gebot der Monotheisten zu eigen machen, welches sinngemäß besagt: Du sollst keine anderen Götter neben mir haben!

     

    Also streicht die Zeile aus dem Lied, schließt die ökomenische Kapelle Auf Schalke und entzieht dem Karol Józef Wojtyła posthum die Ehrenmitgliedschaft.

    Keinen fußbreit den betenden Fundamentalisten!

     

    Und nun spielt mal schönen Fußball, auf dass es was wird mit der Meisterschaft.

     

    Mit königsblauem und agnostischem Gruß

     

    Klaus

     

     

    PS: Welcher Analphabet hat euch denn ins Ohr geflüstert, Theologie sei eine Wissenschaft? Da hat wohl einer nicht alle Englein auf der Nadelspitze!

  • S
    steffi

    leider erklärt er artikel die betreffende textzeile nicht - was haben denn die farben blau und weiß mit mohammed zu tun?!

  • R
    Rogaller

    Dabei bedarf es nur einer winzigen Änderung der Zeile, um sich die begeisterte Unterstützung aller Muslime zu sichern:

    "Mohammed ist ein Prophet, der vom Fußball viel versteht, drum aus aller Farbenpracht ....."

    oder

    "Mohammed ist ein Prophet, der uns treu zur Seite steht, drum ...."

     

    Und das kostet nur ein Lächeln!

    Rogaller

  • N
    Nassauer

    Um innere Unruhen zu vermeiden ist es unerlässlich, neben Vereinsliedern generell alle Bücher, Zeitungen, Zeitschriften sowie Speisekarten, Fahrpläne, Beipackzettel, Kalender, Comichefte, Visitenkarten, Geschäftsbedingungen, Plakate, Telefonbücher und natürlich auch alle mündlich überlieferten Texte dem Zentralrat der Muslime zur Genehmigung vorzulegen. Nur so können wir sicherstellen, dass sich kein Moslem irgendwie beleidigt fühlt. Ich fürchte nur, die schaffen das dennoch...