Streit um Tribunal im Libanon: Hisbollah boykottiert UN-Ermittlungen
Nach Ermittlungen in einem Krankenhaus macht Hassan Nasrallah, mächtigster Mann der libanesischen Hisbollah, mächtig Stimmung gegen das Uno-Sondertribunal.

Im Libanon ein mächtiger Mann: Zuhörer lauscht einer von Nasrallahs Reden. Bild: dapd
BEIRUT afp | Der Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hat alle Libanesen zu einem Boykott der Ermittlungen des UN-Tribunals zum Mord an dem früheren Ministerpräsidenten Rafik Hariri aufgerufen. Jede Zusammenarbeit mit dem Gericht sei ein Angriff auf seine Bewegung, warnte Nasrallah in einer Fernsehansprache am Donnerstagabend.
Einen Tag nach dem Angriff wütender Frauen auf zwei Ermittler des Gerichts in einer gynäkologischen Klinik in einer Hisbollah-Hochburg im Süden Beiruts sagte Nasrallah, das Gericht verletzte die Ehre seiner Bewegung: "Ich rufe alle Libanesen, Bürger und Politiker, auf, dieses Tribunal zu boykottieren und jede Zusammenarbeit mit den Ermittlern zu beenden", sagte Nasrallah. "Jede weitere Zusammenarbeit mit dem Tribunal gleicht einem Angriff auf den Widerstand."
"Warum sind die Krankenakten unserer Frauen notwendig für die Ermittlungen", fragte Nasrallah. Die Ermittler hatten am Mittwoch den Leiter des Krankenhauses um Informationen zu Patienten gebeten, doch nach einem Angriff 30 aufgebrachter Frauen ohne die erbetenen Unterlagen wieder abziehen müssen. Der Staatsanwalt des Sondertribunals, Daniel Bellemare, erklärte daraufhin, solche Angriffe würden die Ermittlungen nicht aufhalten.
Eine Sprecherin des Sondertribunals für den Libanon in Den Haag, das den Bombenanschlag auf Hariri im Jahr 2005 in Beirut untersucht, sagte, die Äußerung sei "ein gezielter Versuch zur Behinderung der Justiz".
Der Libanon befindet sich in einer tiefen politischen Krise, nachdem Medien berichtet hatten, das Haager-Gericht plane, Anklage gegen Mitglieder der Hisbollah zu erheben. Die radikalislamische Bewegung lehnt die UN-Ermittlungen als Eingriff in die inneren Angelegenheiten des Libanon ab und fordert eine eigene Untersuchung. Ministerpräsident Saad Hariri, ein Sohn des ermordeten Politikers, versprach jedoch, das UN-Tribunal weiter zu unterstützen.
Leser*innenkommentare
charlot
Gast
Wenn Den Haag Massenmorde wie in Sabra und Schatila und etlichen anderen Lagern im Libanon unverfolgt lässt, nur weil sie von Christen und Juden begangen wurden, dann aber mir einem derartigen Ehrgeiz den Mord an einer Einzelperson verfolgt, weil sie die ungeliebte Hisbolla verdächtigt, entsteht schon ein sehr schaler Geschmack ob der politischen Unabhängigkeit der Den Hager Justiz. Dann würde Den Haag sich schneller selbst wierder abschaffen, als es entstanden ist. Eine politische Justiz brauchen wir nicht, davon gibt es schon viel zu viele. Klar ist, der Mord muss verfolgt werden, aber bitte vom zuständigen Gericht in Libanon, von mir aus auch mit unabhängiger internationaler juristischer Hilfe.
Stefan
Gast
@zed:
Verschwörungstheoretiker und Antisemiten orakeln eben gerne ein wenig.
Zed
Gast
@TigerLilly:
Traust Du Dich auszusprechen wen dur für verantwortlich hältst?
Leser
Gast
Was erwartet man auch sonst von diesen Faschisten? Man muss dieser Hisbollah entschlossen und kraftvoll entgegentreten! Wo ist die Antifa wenn man sie mal braucht?
TigerLilly
Gast
Wer hat von dem Mord an Hariri Vorteile? Ganz sicher nicht Syrien, ganz sicher nicht die Hisbollah. Also, wer dann wohl?
scft
Gast
hören wir auf zu heucheln, jeder weiß was die "ermittler" wollen und sollen.
justiz? nein: exekutive! justitia hält eine waage und wägt ohne Rücksicht auf die Personen. Wo bleibt die Gerechtigkeit für millionen tote zivilisten von hiroshima bis irak?
werdet nicht zu tieren!