Streit in Mitte um eine Brache: Künstler bricht Gartenstreit vom Zaun
Seit Dienstagabend ist ihr Gelände gesperrt: Urban Gardening Aktivisten durch Fotokünstler Thomas Demand verdrängt – offenbar ohne Rechtsgrundlage.
![Frau gießt Balkonpflanzen in der Großstadt Frau gießt Balkonpflanzen in der Großstadt](https://taz.de/picture/1542147/14/16926730.jpeg)
Noch am Sonntag gärtnerten Bewohner der umliegenden Häuser fröhlich auf der Brache in der Torstraße, Höhe Tucholskystraße, und bauten Hochbeete aus Paletten. Seit Dienstagabend ist das Gelände gesperrt: Ein zwei Meter hoher Bauzaun mit „Betreten verboten“-Schildern verhindert den Zutritt. „Wir konnten gerade noch unsere Gartengeräte rausholen und ein paar Pflanzen“, schildert Susanne Gerber von der Initiative den Rausschmiss.
Zuvor war es beim wöchentlichen Plenum in den Räumen der benachbarten Volkssolidarität zum Eklat gekommen. Die Anwältin des Künstlers Thomas Demand, dessen Assistentin sowie der Architekt Johann Simons hatten dort Besitzansprüche verkündet und die Gartennutzer zur sofortigen Räumung des Geländes aufgefordert. Da war der Zaun schon bestellt.
Susanne Gerber von der Nachbarschaftsinitiative bezweifelt allerdings, dass Demand wirklich Eigentümer der Brache ist. Recherchen der Initiative hätten ergeben, dass die Grünfläche zumindest zum Teil dem Bundeseisenbahnvermögensamt gehört. Das wird dort auf Nachfrage bestätigt: Eigentümerin des Weges durch die Brache nebst Büschen und angrenzendem Mehrfamilienhaus, das seit 20 Jahren leer steht, sei das Amt, sagt Andreas Marciniak von der Immobilienabteilung der Bundesbehörde.
Die andere Hälfte der Brache weist das Grundbuch als Erholungsfläche aus. Laut Marciniak dürfe Demand den Weg nutzen, um zu seinem dahinter liegenden Grundstück zu kommen – mehr aber auch nicht. „Mit dem Zaun hat Herr Demand seine Kompetenzen überschritten“, betont Marciniak. Der Fotokünstler Demand, der in Los Angeles lebt, will auf dem Gelände des alten Bauhofs hinter der Brache ein Atelier bauen.
Bauhof wird abgerissen
Margit Beutler, Leiterin des Nachbarschaftsheims, das der Gartengruppe als Treffpunkt dient, ist sich sicher, dass die Lage bei einem freundlicheren Auftreten der Vertreter Demands nicht derart eskaliert wäre. „Schon am Dienstagnachmittag waren die mit der Polizei hier und forderten die Adresse eines Ansprechpartners“, erinnert sie sich. Auch Susanne Gerber, ebenfalls Künstlerin, sieht im Vorgehen das eigentliche Problem. „Das Skandalöse ist ja generell nicht, dass jemand etwas besitzt, sondern die Art der Inbesitznahme.“ In diesem Fall indes eines Grundstücks, das Demand gar nicht zur Gänze gehört.
Baubeginn, erklärt Architekt Johann Simons, sei in vier Wochen. Dann werde erst mal der alte Bauhof abgerissen. Bis die Atelierhalle fertig sei, soll die Grünfläche davor als Baustoffabladeplatz dienen. Die Bau- und Zufahrtsgenehmigung hierfür sei beantragt.
Die Initiative hofft, nach dem Bau am alten Platz wieder gärtnern zu können – und zuvor die Hochbeete und Pflanzsäcke retten zu können, die sich hinter dem Zaun befinden. Wobei fraglich ist, wie lange der noch steht. Das Eisenbahnvermögensamt will sich darum kümmern, dass das Gelände nicht mehr abgesperrt wird.
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