Streit der Woche: „Es geht nur um den eigenen Luxus“

Die Touristen müssen schnell nach Nordafrika zurückkehren, fordert der Forscher Günter Meyer. Durch Reisen die Welt zu verbessern, funktioniere nicht, entgegnet die Ex-Grüne Halo Saibold.

Ist Touristen alles egal? Bild: dpa

BERLIN taz | Kurz vor Beginn der Internationalen Tourismus-Börse in Berlin fordert der Arabien-Experte Günter Meyer die Deutschen dazu auf, bald wieder nach Ägypten und Tunesien zu reisen. „Nur durch Tourismus können sich Ägypten und Tunesien wirtschaftlich stabilisieren und die Demokratisierungsprozesse vorangetrieben werden“, schreibt der Leiter des Mainzer Zentrums für Forschung zur arabischen Welt im Streit der Woche der sonntaz.

In Ägypten hingen etwa 2,5 Millionen Menschen direkt vom Tourismus ab. Wenn man davon ausgehe, dass an jedem der Arbeitsplätze vier bis fünf Familienangehörige hingen, sei das insgesamt sogar fast ein Drittel der Gesamtbevölkerung. „Der Tourismus ist diese einzige Möglichkeit, die Menschen dauerhaft wirtschaftlich abzusichern“, schreibt Meyer.

Am Mittwoch beginnt in Berlin die Internationale Tourismus-Börse, die weltweit wichtigste Fachmesse zu Reisen. Im nächsten Jahr soll Ägypten Partnerland der Messe werden.

Halo Saibold, Gründungsmitglied der Grünen, ist dem Gedanken gegenüber skeptisch, man könne durch Reisen die Welt verbessern. „Die Art des heute vorwiegend betriebenen Tourismus kann es sicher nicht“, schreibt die Ex-Grüne und einstige Vorsitzende des Bundestags-Tourismusauschusses in der sonntaz. „Es geht dabei nur um den eigenen Luxus, das eigene Vergnügen - und dies meist zu den billigsten Preisen.“ Das Reiseland diene nur als Kulisse hinter den Hotelanlagen. An der Bevölkerung fließe das Geld größtenteils vorbei.

Martina Kohl, Expertin für nachhaltigen Tourismus bei der Naturschutzorganisation WWF, betont in der sonntaz die Verantwortung der Anbieter und Konsumenten. Es gehe darum, Hotels wählen zu können, die verantwortlich mit knappen Ressourcen und dem Öksystem umgingen.

„Die Tourismuswirtschaft kann Einfluss nehmen auf die Geschicke eines Landes und die Auswahl ihrer Produkte“, schreibt Kohl. „Dadurch kann sehr wohl die Welt verbessert werden.“

Heinz Fuchs, Chef von Tourism Watch, einer Informationsstelle des Evangelischen Entwicklungsdienstes, sieht den wichtigsten Einfluss des Tourismus darin, dass er den Reisenden selbst verändert. Reisen könne ein „weltbürgerliches Bewusstsein“ fördern, sagte Fuchs taz.de. Schon Kurt Tucholsky habe bornierten Landsleuten eine Reise ins Ausland empfohlen.

Im Streit der Woche in der aktuellen sonntaz diskutieren außerdem Peter Mario Kubsch, Chef des Studienreisen-Veranstalters Studiosus und die taz.de-Leser Sönke C. Weiss und Terry Johnson. Dirk Behrendt, Grünenparlamentarier im Berliner Abgeordnetenhaus erklärt, warum er die Ballermannisierung Berlins fürchtet.

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