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Streit der WocheSind Doppelspitzen stumpf?

Mehrere Köche verderben den Brei. Oder: Vier Augen sehen mehr als zwei. Was stimmt? Kann es nur einen Chef geben? Oder ist geteilte Verantwortung das Zukunftsmodell?

Geteilte Verantwortung ist besser? Der Parteivorsitzende der Linkspartei Klaus Ernst und die Ex-Parteivorsitzende Gesine Lötzsch. Bild: dpa

Gesine Lötzschs Rücktritt und die Frage ihrer Nachfolge in der Doppelspitze der Linkspartei haben in der letzten Woche für Schlagzeilen gesorgt. Die Linkspartei hat bislang immer auf Gegensätze und Quote an ihrer Doppelspitze gesetzt: Mann traf auf Frau, Ost-Sozialisierung auf West-Sozialierung.

Dies könnte sich nun nach dem Rücktritt Gesine Lötzschs ändern. Für die nächste Legislaturperiode wäre unter anderem auch eine Konstellation zweier West-Männer denkbar. Am Modell der Doppelspitze hält die Linke jedoch fest.

Mit der Überzeugung, dass geteilte Verantwortung besser ist, steht sie nicht alleine. Der Trend scheint von der einsamen Führungsspitze zur Doppelspitze zu gehen. Nicht nur in kleinen Organisationen und Gremien: Auch das Jugendmagazin Neon, das Süddeutsche Magazin, die Grünen, SAP und die Deutsche Bank setzen ab diesem Jahr auf doppelte Spitzen.

Doppelspitzen sind nichts Neues. Bereits 400 Jahre vor Christus gab es diese Ämterteilung bei den alten Römern. Zwei-Mann-Spitzen wurden als Vertreter der Stadt vor dem Kaiser – dem alleinigen und absoluten Machthaber – eingesetzt. Machtrangeleien in diesen Zwei-Mann-Spitzen waren geregelt: Im Streitfall hatte der ältere Ehrenvorrang, prinzipiell waren beide gleichberechtigt und konnten ihr Veto gegen die Maßnahmen des jeweils anderen einlegen.

Heutzutage haben viele kleine und mittlere Unternehmen Doppelspitzen. Bei großen Konzernen wird nach Fusionen häufig eine Doppelspitze auf Zeit eingesetzt. Die Entscheidung der Deutschen Bank, die Führung des Geldhauses an zwei gleichberechtigte Co-Vorsitzende des Vorstands zu übertragen, ist dennoch heiß umstritten.

Und auch die neue Quoten-Doppelspitzendiskussion der Grünen und das Casting um die Neubesetzung des Doppels der Linken erhitzt die Gemüter. Können Kollektive führen? Oder zermürben sich Doppelspitzen im demokratischen Entscheidungsprozess?

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6 Kommentare

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  • F
    Falmine

    Eine Doppelspitze ist nach meinen Erfahrungen nicht per se besser als eine einzelne. Die größte Gewähr für eine erfolgreiche Führung bietet ein Tandem dann, wenn jede/r ihren/seinen klar definierten Zuständigkeitsbereich hat und zugleich lückenlos über wesentliche Entwicklungen im anderen Bereich informiert ist.

    Jede/r sollte die besonderen Fähigkeiten der/s anderen wertschätzen, sich über Erfolge für die gemeinsame Sache freuen können und Scharten gemeinsam auswetzen wollen. Das schafft Vertrauen, auch unter den anderen Mitstreiter/innen.

    Wenn zwei sich gegenseitig nur ständig belauern, um die Chance zur Einzelprofilierung nicht zu verpassen, gibt es enorme Reibungsverluste, lähmt Ressourcen aller und lässt das gemeinsame Projekt letztlich lahmen oder gar scheitern.

    Gut ist es, wenn sich zwei Kandidat/innen bereits vor der Wahl darüber verständigen können, ob und wie sie eine gemeinsame Führung erfolgreich gestalten wollen.

    Ich will auch klar aussprechen, was ein Tandem garantiert scheitern lässt: ungefestigte oder gar gestörte Charaktere mit Allmachtsphantasien, ohne Selbstreflexion und soziale Kompetenz. Das gilt für Männer und Frauen gleichermaßen. Beispiele kennen wir alle genug ...

  • TD
    taz.de Die Redaktion

    Danke für den Hinweis. Das mit der Schwarmintelligenz war dann doch ein bisschen viel und wir haben sie wieder zurückschwärmen lassen.

  • UR
    Uwe Roos

    Auf in die Diktatur der Doppelspitzen. Alles wird harmonischer, ausgewogener und politisch beliebiger. Die Teilung der Kompetenzen führt zu einer Verdopplung der Inkompetenzen was wiederum zu unfreiwilligen Inzenierungen für die Presse taugt.

    Über allem schwebt die Forderung nach einer Quote - pari pari um jeden Preis. Doch wem nützt das Ganze?

    Doppelte Posten bedeuten zweifache Funktionalitäten,

    jedem Funktionär seine gutdotierte Funktion. Das ist der schale Beigeschmack der bei dieser Debatte haften bleibt. Doppelspitzen hätten nur wirklichen Sinn wenn Sie in Wechselwirkung zu aussagekräftigen Inhalten und einer sachthemen orientierten Politik

    stehen würden. Aber tun Sie dies?

  • M
    Marcus

    2 Individuen sind kein Schwarm!

  • T
    T.V.

    Möglich daß sie stumpf sind, dann sind allerdings einzelne Spitzen stumpfer. Beim Anspitzen können viele helfen, ebenso wie beim abstumpfen. Und schließlich korrumpiert Macht ja auch, wer weiß ob da nicht das Modell Spitze generell ein Problem ist.

     

    Mein Bleistift funktioniert jedenfalls auch mit Doppelspitze.

  • PP
    Peter Petronius

    Ich lese immer Schwarmintelligenz, sehe um mich herum aber eher Schwarmdummheit...