piwik no script img

Streit der Woche Tag der deutschen EinheitMehr Aktion, weniger Kritik

Ist Deutschland eine Feier wert? Nein, sagt der Bundesvorsitzende der Jusos, Sascha Vogt. Die Bürgerrechtlerin Katrin Hattenhauer ist da ganz anderer Meinung.

"Einheit statt Grenzsperren" bei den Feierlichkeiten im vergangenen Jahr. Bild: ap

BERLIN taz | Am 3. Oktober begeht Deutschland seinen Nationalfeiertag. Deutschland allerdings, sagt der 30-jährige Bundesvorsitzende der Jusos, Sascha Vogt, sei kein Grund zum Feiern. Im "Streit der Woche" in der sonntaz lobt er die Wiedervereinigung und das Ende der Diktatur in der DDR. Allerdings bemängelt er die soziale Kluft in Deutschland.

"Die Unterschiede zwischen Arm und Reich sind größer statt kleiner geworden", sagt er. "Während die Millionäre in den vergangenen Jahren die Champagnerkorken knallen ließen, wissen Arbeitslose häufig nicht, wie sie die notwendigsten Dinge des täglichen Lebens und ihren Kindern eine gute Bildung finanzieren sollen."

Die Malerin und Bürgerrechtlerin Katrin Hattenhauer findet dagegen, dass es viele Gründe gibt, Deutschland zu feiern. Die heute 41jährige setzte sich in der DDR für Demokratie und Menschenrechte ein, hatte Berufsverbot, wurde regelmäßig verhört, 1989 saß sie in Leipzig einen Monat in Haft.

Natürlich gebe es auch im vereinten Deutschland keine vollkommene Gerechtigkeit, sagt sie. "Es gibt sicherlich vieles, wogegen man sein kann, sein sollte. Wer aber in Deutschland anders denkt als die Mehrheit, wird dadurch nicht zum Feind, dem ein selbstbestimmtes Leben verwehrt wird", sagt sie. Sie plädiert dafür, dass die Deutschen mehr aus ihrer Freiheit machen: "Mehr Aktion, weniger Kritik."

Bild: taz

Diese und viele weitere Geschichten erscheinen in der sonntaz vom 25./26. September 2010. Ab sofort mit noch mehr Seiten, mehr Reportagen, Interviews und neuen Formaten. Die sonntaz kommt jetzt auch zu Ihnen nach Hause: per Wochenendabo.

Lob für Deutschland kommt dagegen aus dem Ausland, etwa von Béatrice Angrand, die französische Generalsekretärin beim Deutsch-Französischen Jugend. "Die Brückenfunktion Deutschlands zwischen West- und Osteuropa konnte das Land nur dank der Wiedervereinigung übernehmen", sagt die 43jährige.

Das Deutschlandbild habe sich seitdem stark zum positiven verändert. "Für französische Jugendliche gewann das Land durch die Wiedervereinigung an Attraktivität", sagt sie. Sie verbinden das Land nicht mehr sofort mit dem Dritten Reich, sondern mit der Revolution von 1989, ähnlich der Französischen Revolution, nur friedlich.

Auch die polnische Schriftstellerin Magdalena Tulli, 54, schließt sich diesem Lob an. Der Fall der Mauer stehe für die Einheit Europas, auch wenn viele vergessen würden, dass es in Polen schon zuvor einigermaßen freie Wahlen gegeben habe. "Viele von uns freuten sich mit den Deutschen, auch wenn einige sich auch fürchteten. Die Jahre gingen ins Land. Es zeigte sich, dass sich niemand zu fürchten brauchte", sagt Tulli.

Im Streit der Woche äußern sich zudem Armin Petras, Intendant des Maxim Gorki Theaters in Berlin. Er fordert einen deutschlandfreien Tag will. Außerdem die Abgeordnete des Europaparlaments und ehemalige PDS-Vorsitzende Gabi Zimmer.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • H
    heikemai

    Z.K. finde ich die Tatsache, dass immer wieder ignoriert wird, dass es einem Arbeitslosengeldempfänger in diesem Lande immer noch sehr viel besser geht als ganz, ganz vielen wirklich armen Menschen auf dieser Welt. Z.K. finde ich, dass hier Frieden und Freiheit in Euro gerechnet wird. Kann man sich in unserem Land keinen goldenen Wasserkran leisten, fühlt man sich benachteiligt. Das ist arm!Ich begehe diesen Tag nachdenklich aber froh darüber, dass es ihn gibt!

  • H
    Helge

    Was soll mir dieser Artikel nun mitteilen? Das jemand nicht mit Deutschland zu frieden ist und ein anderer ist es zumindest ansatzweise? Das spannenste in diesem Text war die suche nach noch mehr Rechtschreibfehlern.

    Die ewige Diskussion von Sinn und UNsinn ein Land zu feiern macht doch jeder für sich aus und alle 2 Jahre zucken dann doch alle zusammen, wenn Klose Schweini und Co. ein tor machen.

    Am 3. Okrtober sollte auch ein Fest der Kritiker stattfinden, neben dem wurst-,ketschup-,senffarbigen Spektakel in Bremem.

    Eine Wurst wird 3,50 Kosten und ein Eis 2,50 dazu Cola 3 Euro und ein Bier 3,50: ALso kein Fest für ALG2 Empfänger!

    Einen schönen Sonntag.

  • G
    Global

    Die Globalisierung ist das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte und wird seine Richter finden.

  • JS
    jack sparrow

    die überschrift ist soooowas von klischee-bewegungdlinks....LAAAAANGWEILIG!

  • G
    guapito

    Es gibt gar keinen Grund ein Land bzw. einen Staat zu feiern.

    Schon gar nicht solch ein neokolonialistisch-agressives Geschwür wie Deutschland, welches als Anführer der EU und zusammen mit den USA weiterhin den ärmeren Teil der Welt vergewaltigt.

    Deutschand ist ein Grund zum KOTZEN!

  • V
    vic

    Wenn permanter sozialer Niedergang, Ausbeutung von Arbeitskraft und Bedürftigen zugunsten Vermögender, Einschränkung von Meinungs-und Versammlungsfreiheit ein Grund zu feiern ist. Ja, dann gibt es Grund zu feiern.

    Aber ohne mich.