Streaming bei Pop-Portal: Last.fm streicht Kostenlos-Musik
Bis vor kurzem ließen sich beim Portal Last.fm Musikstücke in voller Länge anhören - werbefinanziert. Das Modell ist gescheitert. Konkurrenten wie Spotify zittern ebenfalls.
"Himmlische Jukebox" nannte Last.fm seine Idee - und den Nutzern gefiel sie naturgemäß: Seit 2008 war es beim deutschen, amerikanischen und britischen Ableger des viel benutzten Musikportals möglich, Songs und Alben zahlreicher Künstler kostenlos und in voller Länge bis zu drei Mal per "On Demand Streaming" ("Musikströme auf Abruf") im Browser abzuhören. Der Plan dahinter: Plattenfirmen sollte neben dem Direktverkauf von Musik die Möglichkeit gegeben werden, auch mit Online-Werbung Geld zu verdienen, das man sich dann mit Last.fm teilen könnte. Zur Einführung des Dienstes, der jahrelang vorbereitet worden war und erst nach zähen Verhandlungen mit den Musikkonzernen umgesetzt werden konnte, sprach das Songportal gar von einer "Neugestaltung des Musikgeschäfts", die man damit nun einleite. Die Macher sagten das voller Stolz.
Von selbigem ist nun offenbar nichts mehr geblieben. Wie Last.fm in dieser Woche in seinem Blog fast beiläufig erwähnte, wird das "On Demand Streaming" abgedreht. Als Begründung wurde genannt, dass "die Beschäftigung der Nutzer mit anderen Funktionen wie den Profilen und den personalisierten Radiostationen" grundsätzlich größer sei als mit der Kostenlosmusik. Man wolle deshalb lieber seine "Kernkompetenz" stärken, als verbindendes Element für Musikfreunde im Netz zu agieren. Auch eigene Musikvideos will Last.fm nicht mehr einbinden: Allerdings kann man nach wie vor zufällig ausgewählte Songs einzelner Künstler in Form eines Pseudo-Radios hören.
Um die Nutzer nicht vollends zu vergraulen, will das Portal auf andere On-Demand-Angebote verlinken. Blöderweise klappt das allerdings nicht in allen Ländern. Jukebox-Dienste wie Spotify oder We7, die weiterhin auf werbefinanzierte Gratis-Mucke setzen, sind etwa in Deutschland schlicht nicht nutzbar, weil ihnen die Rechte fehlen. Das gleiche gilt für den von den Plattenlabels eingerichteten Musikvideodienst "Vevo", den man nur inoffiziell außerhalb der USA und Kanadas erreichen kann.
Warum Last.fm seine "himmlische Jukebox" tatsächlich zum Absturz bringt, darüber schweigt sich das mittlerweile zum US-Medienkonzern CBS gehörende Unternehmen aus. Beobachter gehen aber davon aus, dass das "On Demand Streaming" schlicht auf Dauer zu teuer war. Die Plattenfirmen und Lizenzgeber der Künstler hielten stets die Hand auf, auch wenn keine ertragreiche Werbung neben dem Musikabspielprogramm erschien - ein Problem, das auch das Videoportal YouTube kannte und deshalb zwischenzeitlich ganze Musikvideobibliotheken sperrte.
Spotify, der Marktführer für kostenlose Musikstreams im Netz, dürfte die Entscheidung von Last.fm mit gemischten Gefühlen aufnehmen. Zwar gibt es nun einen Konkurrenten weniger, der das eigene Angebot zudem verlinken wird. Doch lenkt dies ein Schlaglicht auf das eigene Finanzierungsproblem: Auch hier scheint über Werbung noch nicht genügend Geld hereinzukommen, weswegen das Portal mittlerweile verstärkt auf die Vermarktung eines Monatsabos setzt. Auch aus diesem Grund stockt die Expansion: Wichtige Märkte wie die USA oder Deutschland werden von der schwedischen Firma noch immer nicht bedacht, nur in Schweden, Norwegen, Finnland, Spanien, Frankreich und Großbritannien kann man über eine leicht bedienbare Client-Software soviel Musik hören, wie man möchte.
Andere neuartige Strategien, mit digitaler Musik abseits der üblichen kostenpflichtigen Downloads Geld zu verdienen, kommen ebenfalls nicht auf die Füße. Nokias "Comes with Music"-Projekt, bei dem ausgewählte Handys gegen Zuzahlung mit einer unbegrenzten Anzahl an herunterladbaren Songs ausgestattet wurden, hat die hohen Erwartungen bislang verfehlt - knapp 110.000 Käufer sollen nur gefunden worden sein. Auch hakt es am Kopierschutz: Die Songs funktionieren nicht mit herkömmlichen MP3-Spielern wie dem iPod. Ausgerechnet in China, einem Land mit hoher Rate an Musikpiraterie, verzichten die Finnen indes auf diese Maßnahme: Hier geht "Comes with Music" in diesem Monat ohne Rechteschutz an den Start - Erfolgsaussichten derzeit noch ungewiss.
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