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Straßenkampf beendetDutschke trifft Springer

Oberverwaltungsgericht segnet die Umbenennung der Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße endgültig ab. Grüne, Linkspartei und SPD freuen sich über den Erfolg nach drei Jahren Straßenkampf. CDU und Springer-Verlag sind sprachlos.

Da ging es zur Sache: Studentenprotest im April 1968 vor der Springer-Drukcerie in der Kochstraße Bild: AP
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Dem Axel-Springer-Verlag hat es die Sprache verschlagen. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Friedbert Pflüger schweigt. Beide hatten sich am Barrikadenbau gegen Rudi Dutschke beteiligt. Nun aber gab das Oberverwaltungsgericht (OVG) bekannt, dass die Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße umbenannt werden darf. Eine Klage von 27 Anliegern, darunter der Axel-Springer-Verlag, wurde in letzter Instanz abgewiesen (siehe Kasten). Bei Grünen, Linkspartei und SPD wurde der Entscheid vom Montag zum Teil euphorisch begrüßt. Der Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz (Grüne), kündigte an, dass die Umbenennung mit einem symbolischen Akt an der Ecke Rudi-Dutschke-, Axel-Springer-Straße begangen werden soll.

Der Entscheid

Aus der Mitteilung des Oberverwaltungsgerichts: "Die Kläger, eine Vielzahl von Eigentümern und Mietern an der Kochstraße, unter ihnen die Axel Springer AG, sehen in der Umbenennung die Billigung von vor 40 Jahren begangenen Straftaten und betrachten sie als Diskreditierung und daher als einen Verstoß gegen das Gebot staatlicher Neutralität. Das OVG ist dieser Argumentation nicht gefolgt. Die Benennung und Umbenennung von Straßen geschehe ausschließlich im öffentlichen, nicht auch im privaten Interesse der Anwohner. Deren Interesse am Fortbestand oder an der Abwehr eines Straßennamens sei grundsätzlich rechtlich nicht geschützt. Ob ausnahmsweise das Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebot staatlichen Handelns missachtet werde, richte sich nach einer objektiven Betrachtung. Danach sei die konkrete Umbenennung nicht zu beanstanden. Sie zeichne die 40 Jahre zurückliegende zeitgeschichtliche Situation nach, auf die sowohl Dutschke als einer der Protagonisten der Studentenbewegung und als einer der Initiatoren der Kampagne "Enteignet Springer" als auch Springer mit seiner Presse Einfluss genommen hätten. Dass die damaligen exponierten Kontrahenten im politischen Meinungskampf als Namensgeber von aufeinanderstoßenden Straßen weiterlebten, könne aus objektiver Sicht als Ausdruck der Meinungs- und Informationsfreiheit verstanden werden und lasse verschiedene, auch versöhnliche Deutungen zu. Das Bestehen solcher Interpretationsmöglichkeiten schließe einen Verstoß gegen das Gebot staatlicher Neutralität und das Willkürverbot aus."

Ende 2004 hatte die taz angeregt, die Kochstraße nach Rudi Dutschke zu benennen, der Heiligabend 1979 an den Spätfolgen eines Attentats gestorben war. Am 11. April 1968 hatte ein Mann Dutschke mit drei Schüssen lebensgefährlich verletzt. Am selben Abend hatten Demonstranten der Studentenbewegung in der Kochstraße versucht, die Auslieferung von Zeitungen des Springer-Verlags zu verhindern. Insbesondere dem Springer-Blatt Bild wurde vorgeworfen, mit seiner Kampagne gegen Dutschke mitverantwortlich für Schüsse zu sein.

In der Bezirksverordnetenversammlung von Friedrichshain-Kreuzberg votierte eine Mehrheit aus Grünen und PDS für die Idee der taz. Die CDU war Anfang 2007 mit dem Versuch gescheitert, den alten Straßennamen per Bürgerentscheid zu retten. Mit der Abweisung der Anwohnerklage ist nun das letzte Hindernis aus dem Weg geräumt.

"Wir begrüßen außerordentlich, dass die Umbenennung jetzt rechtskräftig ist", sagte Dirk Behrendt, rechtspolitischer Sprecher der Grünen. "Der langjährige Widerstand des Axel-Springer-Verlages wurde damit gebrochen." Sein Parteikollege, der Kreuzberger Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele, wollte gleich in die Dutschke-Straße 1 ziehen. "Allerdings ohne zu prüfen,was dort ist", sagte Ströbele der taz.

Klaus Lederer, Landesvorsitzender der Linkspartei, begrüßte das Urteil: "Dass die Kritiker bis in die letzte Instanz gegangen sind zeigt, dass der Kampf um die Deutungshoheit der 68er noch nicht beendet ist".

Bei Straßennamen gehe es stets darum, der Nachwelt ein Stück Geschichte zu hinterlassen, erklärte Christian Gaebler, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion. Daher begrüße er die Würdigung. "Straßen müssen nicht immer nur nach den ganz Großen benannt werden", so Gaebler.

Die Ehrung sei begrüßenswert, sagte selbst Philipp Stein, Sprecher des Mayday-Bündnisses, das eine der drei Kreuzberger Demonstrationen am 1. Mai organisiert. Es sei aber fatal, wenn die Umbenennung zu einer Historisierung von Dutschke führen würde. "Man muss sie als Auftrag sehen, sich auch heute nicht mit den gesellschaftlichen Zustände abzufinden", so Stein.

Helge Malchow, Verleger von Dutschkes Tagebüchern, sagte: "Dutschke ist eine umstrittene, aber bedeutsame Figur der Zeitgeschichte, die seit 1968 der Geschichte der Bundesrepublik eine Reihe von positiven Impulsen gegeben hat. Ich halte es für angemessen und richtig, dass diese Straßennamensänderung vorgenommen worden ist."

Dutschkes Sohn Marek freute sich über die "konstruktive Verarbeitung der Geschichte". "Ich bin froh, dass endlich die Ecke der Versöhnung zustandekommt", sagte Dutschke in Anspielung auf ihre Nähe zur Axel-Springer-Strasse. Er wisse, dass es andere Positionen gebe. "Aber ich finde, es ist besser, die Geschichte konstruktiv zu verarbeiten, als im alten Lagerdenken verhakt zu bleiben". GA, TOK, PU

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