piwik no script img

Stolpern als Kunstkritik

In Moers werden Alltagsmenschen zerstört

Opferfoto: dpa

Eine der ältesten Fragen der Menschheit lautet: Ist das Kunst oder kann das weg? Im beschaulichen niederrheinischen Städtchen Moers sorgt derzeit Kunst für Furore. Die Wittener Künstlerin Christel Lechner hatte lebensgroße Statuen aufgestellt, die sie „Alltagsmenschen“ nennt und die offenbar manche Betrachter zu seltsamen Taten inspirieren. Seit Sonntag lag die Frauenskulptur eines „Amerikanischen Paars“ vor einem Ladenlokal zerstört am Boden. Während der wohlbeleibte Mann in Badeshorts noch steht, war seine Partnerin unter den Knien abgebrochen. Die Polizei vermutete einen Verkehrsunfall. Jetzt hat sich ein 22-jähriger Mann aus Kamp-Lintfort gemeldet und erklärt, er habe die Frau nachts aus Versehen „beim Stolpern mitgerissen“. Wie viel Alkohol im Spiel war, wurde in der dpa-Meldung vom Mittwoch nicht erwähnt. So sind sie, die Niederrheiner: Wissen nichts, können aber alles erklären und wenn sie nicht erklären können, warum ihnen etwas nicht gefällt, dann hucken sie sich die Saufe voll und erklären das Stolpern zur höheren Form der Kunstkritik. Echte Kunstgranaten, diese Moerser!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen