: Stoff für den Unterricht
betr.: „Die Wolke“, Filmkritik von Georg Seeßlen, taz vom 16. 3. 06
Nachdem ich mich durch den langen Essay des von mir verehrten Vielschreibers Georg Seeßlen gearbeitet habe, stelle ich mir die Frage: Und nun? Empfiehlt er den Besuch des Films oder rät er ab?
Fakt ist doch, dass das Thema Atomkraft selbst von den den Grünen nahe stehenden LehrerInnen schon lange nicht mehr im Unterricht behandelt wird. Und wenn dann ein Unterhaltungsfilm mit den Mitteln des Gefühlskinos unsere kollektive Verdrängung der atomaren Gefahren offenbart, finde ich das zunächst gut. Mehr noch: Gerade indem „Die Wolke“ auf die digitalen Schaueffekte des Katastrophenfilms verzichtet, werden die Folgen eines GAUs wesentlich eindringlicher auf das Private fokussiert. Wenn Seeßlen die Katastrophe als Vehikel für die jugendliche Liebesgeschichte missbraucht sieht, deckt sich das nicht mit meiner Erfahrung bei einem Schülerscreening in Aachen. Das kritische Urteil und die Autonomie, die laut Seeßlen „unter den Tränen und unter dem Glück“ des Gezeigten verloren ginge, äußerten sich hier im Multiplex als vorwurfsvolle Frage an die anwesenden LehrerInnen: „Warum behandeln wir das nicht im Unterricht?“ MANFRED RÜSEL, Aachen