■ Steueraffäre Graf offenbart fehlende Stammesidentität: ... und der Amigo lacht
Jetzt sitzt auch noch der Finanzberater. Dringender Verdacht: Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall. Joachim Eckardt soll zehn Millionen Mark am Fiskus vorbeigeschwiemelt haben. Zum Wohle von Stefanie Graf und ihrer Familie.
Die Steuergeschichte kommt daher wie eine Show von David Copperfield: Wo eben noch eine Batzen Geld war, ist plötzlich das Nichts – und eine paar Länder weiter liegt's gemütlich unter einer warmen Deck(adress)e. It's magic. Da staunt der Laie. Gestern noch hat er DM 16 ans Finanzamt überwiesen – Säumnisgebühr für die Verspätung von einem Tag.
Blickt noch jemand durch? Papa Graf offenbar auch nicht. Vielleicht zwei Rechercheure beim Spiegel. Es geht einfach zu exotisch zu. Wer die Meldungen liest, nimmt auf der Reise vom Finanzdschungel dieser Bananenrepublik zu den prächtigsten Steueroasen dieser Welt besser den Globus zu Hand. Curaçao, Niederländische Antillen, Guernsey, Vaduz ...
Aber Obacht, bald ist so richtig der Teufel los im Ländle. Nicht wegen Erwin, dem Ministerpräsidenten, sondern wegen dessen Monetenminister. Gestern stand die offene Drohung in der Stuttgarter Zeitung: „Mayer-Vorfelder will sich vor Beamte stellen.“ Gefährlicher geht's nimmer. Gerhard mit dem Kürzel MV ist ja im Nebenamt Präsident des VfB Stuttgart, und jeder Trainer weiß, was diese Formulierung heißt: Morgen bist du weg vom Fenster! Und der MV bleibt.
Derweil wird munter debattiert: Hat er oder hat er nicht ... – die schützende Hand über die Grafs gehalten? Die Behörden gebremst? Getrickst? Er: der Späth, der Teufel, der MV. Das aber zeigt nur, daß es mit der Stammesidentität dieses südlichen Sprengels nicht mehr weit her ist. Der Meineid, die Protektion, der sprichwörtliche Kuhhandel, das gehört doch seit jeher zur Folklore des Politikers. Zünftige Kerle, Amigos eben – in Bayern funktioniert das noch.
Bei den Schwaben ist das Stammesgefüge erodiert (Späth wurde geschaßt eines Urlaubs wegen!). Die Identität wird künstlich geschaffen, und zwei Figuren haben nicht wenig dazu herhalten müssen: die Brühlerin, der Leimener. Allzugern hat man die zwei aus Baden (!) nach Stuttgart gebeten, Fototermin hier, ein bißchen Showtennis mit dem Landesvater dort. Am Mittwoch erinnerte Erwin Teufel an Steffis Verdienste „vor allem für das Land Baden-Württemberg“.
Verzweifelte Reden. Der Amigo in München kann da nur lachen. Herr Thömmes
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