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Stasidebatte im BundestagGysi gegen den Rest der Welt

Im Bundestag verteidigte sich der Fraktionsvorsitzende der Linken persönlich gegen den Vorwurf, er habe der Stasi als IM zugearbeitet.

Gregor Gysi und Katja Kipping während der aktuellen Stunde zur angeblichen Stasivergangenheit Gysis im Bundestag. Bild: dpa

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66 Kommentare

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  • JG
    Jürgen G. Gmell

    Glaubwürdigkeit, in der Tat, hier geht es darum und zuallererst darum. - Übrigens bin ich in keiner Partei, auch in keiner Kirche oder sonstigen Organisation Vorder- oder Hinterbänkler, Frau Was? - Man sollte immer auch die Funktion beachten, die ein Mensch einnimmt. Und bei manchen merkt man einfach die Anti-Demokraten, für die ein sauberer Anzug mehr zählt als die berühmte saubere Weste.

     

    Frau Birthler muss Auskunft geben und Stellung beziehen, das ist ihre Aufgabe. Aber ungefragt sich zur Anklägerin aufzuschwingen, weil es der Regierung momentan in den politischen Krämerladen passt, das ist eine gänzlich andere Dimension und Funktion.

     

    Die Birthler-Behörde ist so wenig ein Machtinstrument der Regierung wie es die Geheimdienste überhaupt sein sollten. Denn auch sie sollen ja informell zuarbeiten und nicht Gestapo-Stasi in einem Land spielen, das per Grundgesetz diese Mächte strikt voneinander zu trennen hat. Dass sie dienstaufsichtlich dem Kulturstaatsminister untersteht, ist pikant und diskussionsfähig.

     

    Die Glaubwürdigkeit von Herrn Gysi und seiner Partei DIE LINKE, zu untergraben war m. E. das Ziel und keineswegs, Aufklärung.

     

    Gefahr für den Rechtsstaat geht m. E. nicht von den "Betonköpfen" aus, die bekannt sind und sich bekannt haben und die vielleicht heute noch immer Linie halten. Ihr Einfluss wird von jenen, die sie im Honecker-Regime erlebt haben, schon klein genug gehalten - in einer Demokratie. Nicht aber in einem Staatsgebilde, in welchem Poltiker offenbar nur noch auf Umfragewerte schielen, wie die berühmte "Quoten-Hure" im TV und ihre Politik wie ein Unterhaltungsprogramm gestalten und denen jedes Mittel recht scheint, den politischen Gegner mit Unrat zu bewerfen und ggf. auch wider besseren Wissens zu diffamierten, weil es nützt. -Ob das Utilitarismus, Hedonismus oder einfach nur Charakterlosigkeit, entscheiden nicht alleine Philosophen, Uniprofessoren, Birthler- oder sonstige Behörden der Nomenklatura, sondern die Wählerinnen und Wähler.

  • SB
    Stefan Becker

    Unbesehen der Frage, ob Gysi nun tatsächlich IM war oder nicht: mich irritiert immer wieder aus Neue, daß die STASI auf der einen Seite stets als die Verkörperung des Bösen schlechthin betrachtet wird (vor allem von der Behörde, die ihren Namen trägt), andererseits aber offenbar wenig Zweifel an der Wahrheit dessen gehegt werden, was die endlosen Akten beinhalten. Auf zugegebenermaßen schmaler Wissensgrundlage scheinen mir die Vorwürfe gegen Gysi sich allein aus den Akten zu ergeben. Und denen traut Frau Birthler, die ansonsten - zu Recht - den STASI-Mitarbeitern jede Schlechtigkeit zutraut? Ich komme da mit dem Verständnis nicht so recht nach.

  • L
    lunatir

    Ich finde den Vergleich mit dem unaufgearbeitetem Dritten Reich einfach scheinheilig und lächerlich.

    Konservative brachten die Nazis im Kampf gegen Linke naiv an die Macht, und während die Cdu viele Nazis übernahm und in hohe Posten brachte, wurden Linke schon wieder von ihnen verurteilt.

    Die schreien jetzt wieder am lautesten wenn heutige Linke in einer nicht zu vergleichenden Diktatur dem System nah waren, das sie selber in letzter Konsequenz mit zu verantworten haben.

     

    Bei den Ims geht es um moralische Vergehen von vor oft 30 Jahren, und nicht um Verbrechen.

    Die allermeisten haben solche Angriffe aus vielen verschiedenen Gründen heute nicht mehr verdient.

    Wo es was zu verurteilen gab, wurde auch verurteilt, deswegen muß endlich eine unabhängige Kommission über die Stasiakten verfügen.

    Bei uns sind ja selbst Straftaten nach ein paar Jahren verjährt.

     

    Hier geht es um politische Taktik und Kalkül gegen linke demokratische Politik.

  • L
    lunatir

    Die Söhne der eigentlich betroffenen Ddr-Kritiker Havemann und Bahro fanden dieses "Tribunal" gegen Gysi beschämend für die Demokratie.

    Außerdem sind sie überzeugt das ihre Väter sich jetzt vor Gysi stellen würden, die selbst eine Verbindung zum ZK wollten und zusammen viel erreicht haben.

     

    Warum wird das in unseren "freien und unabhängigen" Medien so gut wie nie erwähnt?

  • U
    Uli

    Was mich irgendwie wundert ist, warum dieses Thema noch mal hochkommt. Als gelernter Ddr-Bürger war mir immer klar, dass Gysi Bohley, Havemann und andere nicht als Rechtsanwalt vertreten konnte ohne mit dem von der Partei kontrollierten Staatsapparat zu tun zu haben. Die Stasi war das Machtinstrument (prosaischer Schild und Schwert) der Partei, die vom Zentralkomitee (Zk) geführt wurde. Gysi war Genosse, der einen direkten Draht zum Zk hatte. Die Sophisterei um den Im-Status ist doch für eine moralische Bewertung überflüssig. Wenn Birthlers Behörde nachweisen könnte, dass Gysi den Interessen seiner Mandanten geschadet hat, wäre das wesentlich hilfreicher als die öffentliche und quasi-amtliche Verabreichung des Brandmals Im.

  • MK
    Michael K

    Wahre Aussagen bleiben wahre Aussagen, wer auch immer jene tut, daher ist die Person Gysi streitbar, nicht aber seine Beiträge zur Politik. Auch wenn Gysi eher atheistisch veranlagt ist gilt auch für ihn: Wer den ersten Stein werfe der sei ohne Schuld...und welche Partei fiel noch nicht durch Vergangenheitsunbewältigung, Korruption und Selbstbereicherung auf

  • R
    Rainer

    Schreiben jetzt schon Praktikanten für die taz? Oder ist die Qualität der Berichte inzwischen wirklich derart mies? ein Lehrstück was jornalistische Quallität ist findet sich erstaunlicherweise auf n-tv : "

     

     

    Donnerstag, 29. Mai 2008

    Die Gysi-Debatte

    Ein Mann im System DDR

     

    Von Solveig Bach

     

    Seit 1992 wird Gregor Gysi immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert, er sei Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi gewesen und habe Mandantenverrat begangen. Auch der Immunitätsausschuss des Deutschen Bundestages stellte im Mai 1998 fest, dass nach der ihm bekannten Aktenlage Gregor Gysi für das MfS als IM gearbeitet habe. Gysi habe "sich in die Strategien des MfS einbinden lassen, selbst an der operativen Bearbeitung von Oppositionellen teilgenommen und wichtige Informationen an das MfS weitergegeben", heißt es im Abschlussbericht. Dies streitet Gysi jedoch ab und klagt immer wieder vor Gericht gegen diese Anschuldigungen.

     

    "Rote Aristokratie"

     

    Die sehr emotional geführte Debatte um Gysi macht wieder einmal deutlich, dass man im Umgang mit der DDR-Vergangenheit nicht mit einfachen Schwarz-Weiß-Schemata weiter kommt. Gregor Gysi wurde 1948 in Berlin geboren. Er wuchs in einer jüdisch-kommunistischen Funktionärsfamilie auf. Sein Vater, Klaus Gysi, war Botschafter, Kulturminister und Staatssekretär für Kirchenfragen. Von 1966 bis 1970 studierte Gregor Gysi Rechtswissenschaften, wurde 1967 Mitglied der SED, promovierte 1976 über "Die Vervollkommnung des sozialistischen Rechts im Rechtsverwirklichungsprozeß" und arbeitete ab 1971 als einer der wenigen niedergelassenen Rechtsanwälte in der DDR. In dieser Funktion verteidigte er ab 1978 auch Systemkritiker wie Rudolf Bahro, Robert Havemann, Ulrike Poppe und Bärbel Bohley.

     

    Teil des Systems

     

    Gysi ist ein Kind der DDR-Nomenklatura, in ihrem Wertekanon ist er aufgewachsen. Er dürfte kaum Hemmungen gehabt haben, mit staatlichen Organen der DDR zu reden. In der aktuellen Stunde im Bundestag betonte Gysi, er habe lediglich mit der Abteilung Staat und Recht des Zentralkomitees der SED gesprochen. "Kontakte zur Staatssicherheit entsprachen weder meinem Stil noch meiner Würde." Weder "willentlich" noch "wissentlich" habe er mit der Stasi zusammengearbeitet. Alles, was einen normalen DDR-Bürger zur Zusammenarbeit mit der Stasi bewegen konnte, hatte Gysi irgendwie schon. Er dürfte kaum erpressbar gewesen sein, es gab kaum etwas, was sich nicht mit einem Anruf des Vaters hätte reparieren lassen. Der fiel zwar immer mal wieder in Ungnade, verspielte aber nie gänzlich die Gunst der SED.

     

    Jene väterliche Mischung aus Aufmüpfigkeit und Opportunismus machte sich auch der Sohn zu eigen. Auch seine Eitelkeit konnte er bereits als Dissidentenanwalt ausreichend ausleben, an einer zu großen Gemeinsamkeit mit dem Staatsapparat dürfte ihm ansonsten schon deshalb kaum gelegen haben, weil er sich den meisten Funktionären intellektuell überlegen fühlte.

     

    Ohne Stasi ging es nicht

     

    Dennoch hatte Gysi natürlich Kontakt zur Stasi, einfach, weil die DDR so war, wie sie war. Beim Zusammenbruch der DDR hatte das Ministerium für Staatssicherheit 85.500 hauptamtliche Mitarbeiter. Da war es schon für eine Konsum-Verkäuferin nur eine Frage der Zeit, wann sie mit der Stasi in Kontakt kam. Gregor Gysi aber verteidigte Rudolf Bahro und war zum Pflichtanwalt des Dissidenten Robert Havemann bestimmt worden. Und kein Widerwort gegen die DDR blieb langfristig von der Stasi unbeachtet. Auch Gysi selbst kann sich also kaum eingebildet haben, dass das MfS ausgerechnet an seiner anwaltlichen Tätigkeit kein Interesse hatte.

     

    Die DDR war kein Rechtsstaat, es gab jede Menge Straftatbestände, die nur dazu geschaffen worden waren, Kritiker massiv abzustrafen und Prozesse zu führen, in denen Gefängnisstrafen von vornherein feststanden. Die Kulisse aus Staatsanwalt, Richter, Anwalt der Verteidigung und Schöffen wurde dabei eingehalten, aber der Verteidiger wusste nur zu gut um seine Grenzen. Freispruch war kaum eine Option, es ging eher um Schadensbegrenzung oder um einen zügigen Weg in den Westen. Wer sich bei diesem Machtpoker vertat, riskierte unter Umständen seine Anwaltszulassung. Es galt, mit einem möglichst langen Löffel vom Teller des Teufels zu essen.

     

    Anständiger Versuch

     

    Gysi mag versucht haben, wie ein bürgerlicher Anwalt zu agieren. Die Wertschätzung der Dissidenten-Söhne Havemann und Bahro spricht zumindest für ihn. "Unabhängig von der Frage, ob Herr Gysi IM war, was ich nicht beurteilen kann, hat er im Sinne unseres Vaters gehandelt", sagte Florian Havemann der "Mitteldeutschen Zeitung". "Unser Vater wollte über Gregor Gysi eine Verbindung zur Parteiführung herstellen. Das ist ihm gelungen. Ab dem Zeitpunkt, als er Anwalt unseres Vaters war, hat es keinen Prozess mehr gegeben." Wären Gysis damalige Mandaten wie sein Vater nicht tot, "wären sie ihm jetzt ganz sicher beigesprungen," sagte Andrej Bahro.

     

    Havemann hat laut seinem Sohn in Gysi seinen "Postboten" zum ZK gesehen. Dabei muss man berücksichtigen, dass viele Dissidenten frühere SED-Mitglieder waren, denen es noch immer darum ging, mit den Genossen von einst im Gespräch zu bleiben. Solche "Verstoßenheitsgefühle" lassen sich heute kaum noch nachvollziehen, waren aber in den kommunistischen Parteien verbreitet. Gysi hat im Bundestag betont, er habe viel für Havemann geleistet. Auf DDR-Art hat er den Verfolgungsdruck auf Havemann gemildert. Diese Art ist aus der Sicht eines geeinten Deutschlands im Jahr 2008 absurd, das liegt vor allem daran, dass die DDR absurd war. Ein Land, das Kritik nur in Form von Eingaben akzeptierte, wenn überhaupt. Ein Land, in dem sich Schuldirektoren für die Zahl der Mittag-essenden Kinder rechtfertigen mussten. Ein Land, das nach Mechanismen funktionierte, die sich heute einfach kaum noch erklären lassen.

     

    Gregor Gysi wäre gut beraten, seine Sicht der Dinge darzustellen. Nicht auf dem Klageweg, nicht als ideologische Masche seiner Linken, sondern in der Komplexität und Differenziertheit seines 60-jährigen Lebens, in der DDR und im wiedervereinigten Deutschland. Dabei käme dann vielleicht eine Wahrheit zu Tage, die über das platte IM oder Nicht-IM hinausginge und die das Mysterium DDR ein wenig mehr enträtseln würde. Das wäre doch mal ein neuer Beitrag zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte. Und Gregor Gysi wäre wahrscheinlich derjenige, der das damit beinahe zwangsläufig verbundene Eingeständnis von Schuld authentisch vertreten könnte.

     

     

    ich hätte mir gewünscht einen Artikel dieser Qualität in der taz zu lesen, aber mir scheint die taz versteht sich inzwischen als Sprachorgan von Bündnis 90 die grünen und da hat ein differenzierter Artikel natürlich keinen platz ( mehr) schade!

     

     

     

     

     

     

     

     

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  • R
    Rene

    "aus nicht zum selbsständigen Denken erzogenen Schafsköpfen"

     

    zu dieser Kategorie zählt wohl eher derjenige, der ein schnelles verurteilendes Wort (nach-)spricht, ohne sich vorher mit dem Sachverhalt eingehend auseinandergestzt zu haben. Und dieser ist alles ander als eindeutig, und wenn dann eher eindeutig in die Richtung, dass Herr Gysi, seinem Mandanten auch nach eigener Aussage schlicht nur geholfen hat nicht geschadet.

    Von den historischen Umständen zu schweigen mit denen "Schafskopf" sich auseinandersetzen sollte, bevor sie zu harten Urteilen gelangt.

  • VS
    Veronika Schneider

    Für mich ist es immer wieder erstaunlich, wie schnell unsere "Ostverwandten", insbesondere die ehemaligen Profiteure der ehemaligen Diktatur des Proletariats, die Spielregeln der Demokratie gelernt haben und sich damit auch im System des Klassenfeindes sehr schnell wieder in eine exponierte und einflussreiche Position gebracht haben. Die ehemaligen Täter sind so schnell zu Opfern geworden, dass in den ersten Jahren ihre Verlogenheit sogar noch auffiel. Zunehmend trägt aber die Dreistigkeit der Verleugnung von Tatsachen wohl Früchte und die Täter werden täglich salonfähiger. Mich ekelts immer mehr und ich frage mich schon lange nicht mehr, was ein Herr Gysi (und seinesgleichen) sich sonst noch so erlauben könnten. Offensichtlich rekrutiert die Linke ihre Anhänger nicht mehr nur aus ehemaligen Sed-Kadern, sondern zunehmend auch aus nicht zum selbsständigen Denken erzogenen Schafsköpfen, die nur zu gern wieder irgendwelchen ideologischen Schwarz/Weißbildern auf den Leim gehen wollen und das auch noch mit linker Tradition verwechseln.

  • B
    Brigitte

    Ich kann mich an keine aktuelle Stunde im Bundestag erinnern, in der ein einziger Abgeordneter derart kollektiv "durch die Mangel dedreht wurde" - und das obwohl - soweit ich durch die Presse imnformiert bin - ein Akte von 1982 vorliegt, in der Gysi von der Stasi wirklich namentlich erwähnt wurde, nämlich als ungeeignet!

    Es ist schon klar, dass alle Angst haben vor der "Linken" - aber solche mittelalterlichen Hetzjagden, werden der Linken am Ende mehr Stimmen zugespielen!

    Meine Auch!

    Recht geschieht den Heuchlern!

  • AZ
    anke zoeckel

    Jörg Wer? Dafür, immerhin, sind sie ja gut, die Herren aus der vierten und fünften Reihe: Sie dürfen aussprechen, was die "Großen" ihrer Partei sich mit Rücksicht auf ihre politische Weste nicht erlauben mögen. Oskar Lafontaine also ist ein "Kettenhund". Seltsam nur, dass er als solcher überhaupt im Parlament sitzt. Ich hoffe, er trägt wenigstens einen Beißkorb.

     

    Die politische Kultur scheint in der neuen Hauptstadt nicht eben an Weltläufigkeit gewonnen zu haben. Dass sich einige Bundestagsabgeordnete partout nicht daran erinnern können, niemals im Leben ein Studium der Rechte erfolgreich abgeschlossen zu haben, ist nicht weiter erstaunlich. Alzheimer ist in einer insgesamt alternden Gesellschaft ein stark zunehmendes Phänomen. Der Bundestag wird auch nicht zum ersten Mal mit einem Gerichtssaal verwechselt. Dass man auf dem politischen Parkett Stimmung macht auf Basis eines lediglich vom Hörensagen herrührenden Wissens, ist Alltag. Und wenn das ZDF sich von Herrn Gysi nichts verbieten lässt, kann das durchaus daran liegen, dass wir einen Rechtsstaat haben. Hier und heute darf eben doch noch nicht jeder jedem nach Belieben den Mund verbieten - oder ihn zu einem umfassenden Geständnis nötigen. Herr Gysi hat als Jurist sicherlich vollstes Verständnis für das Beharren des öffentlich-rechtlichen Privatsenders von Herrn Schächte auf gewissen Grundrechten. Genau deswegen, nehme ich an, mochte er sich die Polemik der angeschlagenen Großkoalitionäre auch nicht bis zum bitteren Ende mit anhören. Wenn man bedenkt, wie verwaist die Parlamentsbänke häufig selbst die Verabschiedung wichtiger Gesetzestexte erleben, möchte, man ihm seine Flucht beinahe schon nachsehen. Schließlich geht man ja als fairer Parlamentarier nur ungern voreingenommen ins nächste Sachgespräch...

     

    Wenn Gysi kein Interesse an einer Klage gegen Frau Birthler hat, wirft das übrigens ein ganz schlechtes Licht auf unsere Gerichte. Nur: auch darzu kann man eigentlich man bloß noch die Schultern heben. Wo sich Politiker als Richter aufspielen, agieren eben mitunter auch Richter wie Politiker. Wir sind, scheint mir, nie zwei Deutschländer gewesen. Wir waren immer eins in unseren Traditionen.

  • JG
    Jürgen G. Gmell

    So in etwa wie hier stellt sich mir die deutsche Presselandschaft dar: 4:3 für Herrn Gysi.

     

    Das ist wenig und es ist verständlich, Aufklärung ist ein Recht der Presse. Aber bitte nicht von der Position einer Birthler aus, welche die Aussagen von (vermutlich echten) IM's zugrunde legen möchte.

     

    Es ist Heuchelei, Herrn Gysi "inoffizielle Mitarbeit" für die Stasi vorwerfen zu wollen. Er war offizieller Mitarbeiter der Regierung, für welche die Stasi als untergeordnete Behörde gearbeitet hat.

     

    Ich meine, es sind mehr die "inoffiziellen" Profiteure des Stasi-Systems, die sich auch unter "Bürgerrechtlern" verbargen und in den Kirchen, aber ausschließlich persönliche Vorteile suchten, die auch heute wieder mit den Fingern auf andere zeigen.

     

    Für Herrn Havemann und vor allem auch seine Familie bedeutete es m. E. eine unglaubliche Erleichterung nachdem sie derart verfolgt worden war, dass gewiss jede Spitzel-Äußerung "belohnt" wurde. - Sie konnten wieder leben, was anderen egal gewesen ist, solange es sie selbst nicht traf.

     

    Für mich ist die Äußerung des Sohnes von Herrn Havemann nicht mit 1.000 Spitzel-Vorwürfen aufzuwiegen. Seine Worte sind mehr als aus Gold, sie sind ein Stück der Wahrheit.

     

    In diesem Sinne darf also auch aufgeklärt werden. Was die Bürgerlichen nur allzu gerne tun, ist aber nicht aufklären, sondern anklagen. Und da sind die Gemeinsamkeiten der neuen und alten Profiteure.

  • F
    Flori

    @Peter

     

    "Die C-Parteien haben wahrlich genug Leichen im Keller. Ich verweise nur auf deren unaufgearbeitete NS-Vergangenheit, sowie Lambsdorf, Strauss, Kohl, Koch usw."

     

    1. War das jetzt ok, dass in den C-Parteien die NS-Vergangenheit einzelner Mitglieder nicht richtig aufgearbeitet wurde? Oder würden Sie sagen, man hätte dies dort tun sollen? Und wenn Sie dieser Ansicht sind, ist es dann nicht auch richtig, jetzt die Stasi/SED-Vergangenheit hoher PDS-Funktionäre aufzuarbeiten?

     

    2. Lambsdorf(Jahrgang 1926, zum Zeitpunkt des Kriegsausbruchs also 13 Jahre alt) und Kohl (Jahrgang 1930, bei Kriegsbruch 9 Jahre alt) waren echt mal ganz böse Nazis.

  • C
    caro

    Warum kommt in allen Artikeln in der Auseinandersetzung mit Ddr-Brd-Geschichte eigentlich immer nur in einem Satz das Zugeständnis "ok, es gab auch die Stasi im Osten, aber das ist nun vorbei" (oder so ähnlich) vor?

    Ich finde es wirklich erschreckend, wenn ich mir vorstelle ("Wer heute in Ostdeutschland Mitte 40 und älter ist, hatte in seiner Ddr-Vergangenheit fast zwangsläufig irgendetwas mit der Stasi zu tun. Nur zur Erinnerung: Im Oktober 1989 arbeiteten 91.000 Menschen hauptamtlich für das MfS. Mitte bis Ende der 80er-Jahre lag die Zahl der Im bei 180.000. Überall, ob im Betrieb oder Sportverein, ob in Kirche oder in Schule, gab es Leute, die der Stasi mehr oder weniger zugearbeitet haben - und mit manchen war man sogar befreundet.") welch große Menge Menschen an diesem Unterdrückungssystem teilgenommen hat und es da keine Aufarbeitung zu gibt.

    Ich will einsehen, dass der Staub "der" Geschichte sich noch nicht gelegt hat, dass alle "Betroffenen" noch leben und eine Erinnerungsarbeit dadurch nicht erleichtert wird. Aber warum zur Hölle spricht "die Gesellschaft" nicht über all das?

    Konkret gesagt: Ich kann hinnehmen, dass jemand "vom System" gezwungen wurde/sich gezwungen gefühlt hat, an Unterdrückungsmechanismen teilzunehmen, aber dann ist es umso wichtiger, heute darüber zu sprechen und das aufzuarbeiten...vielleicht mit Leuten sprechen, die unter der Unterdrückung der freien Meinungsäußerung gelitten haben (anstatt irgendwelche "Opfer"-Sed-Verbände so sehr in die mediale Öffentlichkeit zu tragen mit ihren unverschämten und (die Opfer ihres Systems) verachtenden Meinungen und Forderungen)?!

     

    Also auf Herrn Gysi oder Konsorten gemünzt: wenn es denn Stasi-Im-Aktivitäten gegeben hat, dann einen ehrlichen Umgang damit pflegen und aus genau dieser Perspektive auch handeln. Einem Politiker_in/Nachbar_in/Arbeitskolleg_in, der_die heute keinen Umgang mit einer Informantentätigkeit für die Stasi findet/gefunden hat, kann ich nicht über'n Weg trauen!!! Das führt bei mir emotional zu einer Pauschalverurteilung "der Linken" und "den Ostlern".

     

    Gerade in der Brd haben wir doch vor 60 Jahren und den Folgejahren die Erfahrung gemacht, dass alte Nsdap-Funktionäre wieder fröhlich Richter, Ärzte, Politiker geworden sind und wie das bis heute spürbar ist.... Jetzt haben wir doch die Chance als "Gesellschaft" hier eine (ehrliche) Auseinandersetzung zu finden! Nicht nur in Bezug auf die Ddr, sondern dann getrost auch für die Brd.

     

    Für eine ehrliche Aufarbeitung der "Geschichte", auch wenn das vielleicht auf Widersprüche stoßen kann (unterschiedliche Täter-Opfer-Erfahrungen die parallel existieren)!!!!!

  • E
    Elena

    mir ist es egal ob gysi bei der stasi war oder nicht, wichtig ist was er sagt und wofür er heute kämpft. das was er sagt hat im gegensatz zu den meisten politikern einen inhalt und darum ist er mir sympatisch

  • WL
    Werner Lorenzen-Pranger

    Wenn Gysi IM war, warum liegen denn dann immer noch keine eindeutigen Beweise auf dem Tisch? Was ist mit den genau entgegen gesetzten Aussagen des Herrn Havemann jun.?

    Die taz sollte aufhören, das Geschäft der Bild-Zeitung zu übernehmen - allerdings - nachdem auch Koalitionen der Grünen mit der schwarzbraunen Cdu möglich sind - so als Nachfolger der Schill-Partei grübel grübel.......

  • IA
    Ihr Alexander Rüstau

    Wäre die SED/PDS 1990 genauso selbstverständlich verboten worden wie die NSDAP 1945, wäre der staunenden Öffentlichkeit heute das schaurige Schauspiel erspart geblieben, daß vermeidliche Stasi-Spitzel wie Gysi und Konsorten im Bundestag sitzen, die deutsche Hauptstadt regieren und in der Bundesversammlung über die Besetzung des höchsten deutschen Staatsamtes - des Bundespräsidenten - mitentscheiden dürfen.

  • P
    peter

    Nun lasst es mal gut sein taz. Die C-Parteien haben wahrlich genug Leichen im Keller. Ich verweise nur auf deren unaufgearbeitete NS-Vergangenheit, sowie Lambsdorf, Strauss, Kohl, Koch usw.

    Also bitte, macht nicht den Job der Bild-Schmierfinken.

  • H
    heiribido

    "Gemeinstem und liederlichen Verrat" habe Gysi begangen.

     

    Schöner Deutsch, die.

  • A
    Andre

    Was regt sich die Welt auf? Das nach dem 2. WK eine Menge NSDAP Mitglieder in der Politik wie z.B. Walter Scheel der später sogar Präsident war. Darüber wurde nicht so ein Hermann gemacht. Jaja die anderen Parteien haben Angst vor der Linken, da wird schon mal mit Dreck geworfen.

  • JG
    Jürgen G. Gmell

    Ich frage mich, wann wird wohl Egon Bahr (von der Gegenseite) als "inoffizieller Mitarbeiter" oder auch "informeller Mitarbeiter" des BND verunglimpft. Schließlich hat auch er mit den "Geheimen" geredet, nur halt denen von der "richtigen" Seite?

     

    Was sagen die Freigekauften dazu?

     

    Die Art und Weise, wie hier Herr Gysi, bei anderen lasse ich diesen Vorsatz weg, öffentlich demontiert werden soll, zeigt m. E. nur, welche - inzwischen fast schon zur hysterischen Angst angewachsene - Panik offensichtlich die Regierungsparteien vor einer neu erstarkten Linken haben.

     

    Es ist klar, dass deren Führungspersonen - und gerade die, welche positive Identifikation ermöglichen - als Zielpersonen massiven Angriffen ausgesetzt werden.

     

    Wo die aber für Herrn Gysi negative gesundheitliche Folgen gezeitigt haben, ist in der Tat jegliches gesundes Maß überschritten.

  • UR
    Udo Radert

    "Gregor Gysi und Katja Kipping während der aktuellen Stunde zur angeblichen Stasivergangenheit Gysis im Bundestag."

     

    Was bitte, heißt hier "angebliche" Stasivergangenheit?

     

    Bitte die Geschichtsklitterungen unterlassen, Gysis Stasibeziehungen wurden bereits 1998 und erst recht heute wieder eindeutig festgestellt.

     

    Da ist nichts "angebliches" mehr dabei...

  • JG
    Jürgen G. Gmell

    Glaubwürdigkeit, in der Tat, hier geht es darum und zuallererst darum. - Übrigens bin ich in keiner Partei, auch in keiner Kirche oder sonstigen Organisation Vorder- oder Hinterbänkler, Frau Was? - Man sollte immer auch die Funktion beachten, die ein Mensch einnimmt. Und bei manchen merkt man einfach die Anti-Demokraten, für die ein sauberer Anzug mehr zählt als die berühmte saubere Weste.

     

    Frau Birthler muss Auskunft geben und Stellung beziehen, das ist ihre Aufgabe. Aber ungefragt sich zur Anklägerin aufzuschwingen, weil es der Regierung momentan in den politischen Krämerladen passt, das ist eine gänzlich andere Dimension und Funktion.

     

    Die Birthler-Behörde ist so wenig ein Machtinstrument der Regierung wie es die Geheimdienste überhaupt sein sollten. Denn auch sie sollen ja informell zuarbeiten und nicht Gestapo-Stasi in einem Land spielen, das per Grundgesetz diese Mächte strikt voneinander zu trennen hat. Dass sie dienstaufsichtlich dem Kulturstaatsminister untersteht, ist pikant und diskussionsfähig.

     

    Die Glaubwürdigkeit von Herrn Gysi und seiner Partei DIE LINKE, zu untergraben war m. E. das Ziel und keineswegs, Aufklärung.

     

    Gefahr für den Rechtsstaat geht m. E. nicht von den "Betonköpfen" aus, die bekannt sind und sich bekannt haben und die vielleicht heute noch immer Linie halten. Ihr Einfluss wird von jenen, die sie im Honecker-Regime erlebt haben, schon klein genug gehalten - in einer Demokratie. Nicht aber in einem Staatsgebilde, in welchem Poltiker offenbar nur noch auf Umfragewerte schielen, wie die berühmte "Quoten-Hure" im TV und ihre Politik wie ein Unterhaltungsprogramm gestalten und denen jedes Mittel recht scheint, den politischen Gegner mit Unrat zu bewerfen und ggf. auch wider besseren Wissens zu diffamierten, weil es nützt. -Ob das Utilitarismus, Hedonismus oder einfach nur Charakterlosigkeit, entscheiden nicht alleine Philosophen, Uniprofessoren, Birthler- oder sonstige Behörden der Nomenklatura, sondern die Wählerinnen und Wähler.

  • SB
    Stefan Becker

    Unbesehen der Frage, ob Gysi nun tatsächlich IM war oder nicht: mich irritiert immer wieder aus Neue, daß die STASI auf der einen Seite stets als die Verkörperung des Bösen schlechthin betrachtet wird (vor allem von der Behörde, die ihren Namen trägt), andererseits aber offenbar wenig Zweifel an der Wahrheit dessen gehegt werden, was die endlosen Akten beinhalten. Auf zugegebenermaßen schmaler Wissensgrundlage scheinen mir die Vorwürfe gegen Gysi sich allein aus den Akten zu ergeben. Und denen traut Frau Birthler, die ansonsten - zu Recht - den STASI-Mitarbeitern jede Schlechtigkeit zutraut? Ich komme da mit dem Verständnis nicht so recht nach.

  • L
    lunatir

    Ich finde den Vergleich mit dem unaufgearbeitetem Dritten Reich einfach scheinheilig und lächerlich.

    Konservative brachten die Nazis im Kampf gegen Linke naiv an die Macht, und während die Cdu viele Nazis übernahm und in hohe Posten brachte, wurden Linke schon wieder von ihnen verurteilt.

    Die schreien jetzt wieder am lautesten wenn heutige Linke in einer nicht zu vergleichenden Diktatur dem System nah waren, das sie selber in letzter Konsequenz mit zu verantworten haben.

     

    Bei den Ims geht es um moralische Vergehen von vor oft 30 Jahren, und nicht um Verbrechen.

    Die allermeisten haben solche Angriffe aus vielen verschiedenen Gründen heute nicht mehr verdient.

    Wo es was zu verurteilen gab, wurde auch verurteilt, deswegen muß endlich eine unabhängige Kommission über die Stasiakten verfügen.

    Bei uns sind ja selbst Straftaten nach ein paar Jahren verjährt.

     

    Hier geht es um politische Taktik und Kalkül gegen linke demokratische Politik.

  • L
    lunatir

    Die Söhne der eigentlich betroffenen Ddr-Kritiker Havemann und Bahro fanden dieses "Tribunal" gegen Gysi beschämend für die Demokratie.

    Außerdem sind sie überzeugt das ihre Väter sich jetzt vor Gysi stellen würden, die selbst eine Verbindung zum ZK wollten und zusammen viel erreicht haben.

     

    Warum wird das in unseren "freien und unabhängigen" Medien so gut wie nie erwähnt?

  • U
    Uli

    Was mich irgendwie wundert ist, warum dieses Thema noch mal hochkommt. Als gelernter Ddr-Bürger war mir immer klar, dass Gysi Bohley, Havemann und andere nicht als Rechtsanwalt vertreten konnte ohne mit dem von der Partei kontrollierten Staatsapparat zu tun zu haben. Die Stasi war das Machtinstrument (prosaischer Schild und Schwert) der Partei, die vom Zentralkomitee (Zk) geführt wurde. Gysi war Genosse, der einen direkten Draht zum Zk hatte. Die Sophisterei um den Im-Status ist doch für eine moralische Bewertung überflüssig. Wenn Birthlers Behörde nachweisen könnte, dass Gysi den Interessen seiner Mandanten geschadet hat, wäre das wesentlich hilfreicher als die öffentliche und quasi-amtliche Verabreichung des Brandmals Im.

  • MK
    Michael K

    Wahre Aussagen bleiben wahre Aussagen, wer auch immer jene tut, daher ist die Person Gysi streitbar, nicht aber seine Beiträge zur Politik. Auch wenn Gysi eher atheistisch veranlagt ist gilt auch für ihn: Wer den ersten Stein werfe der sei ohne Schuld...und welche Partei fiel noch nicht durch Vergangenheitsunbewältigung, Korruption und Selbstbereicherung auf

  • R
    Rainer

    Schreiben jetzt schon Praktikanten für die taz? Oder ist die Qualität der Berichte inzwischen wirklich derart mies? ein Lehrstück was jornalistische Quallität ist findet sich erstaunlicherweise auf n-tv : "

     

     

    Donnerstag, 29. Mai 2008

    Die Gysi-Debatte

    Ein Mann im System DDR

     

    Von Solveig Bach

     

    Seit 1992 wird Gregor Gysi immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert, er sei Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi gewesen und habe Mandantenverrat begangen. Auch der Immunitätsausschuss des Deutschen Bundestages stellte im Mai 1998 fest, dass nach der ihm bekannten Aktenlage Gregor Gysi für das MfS als IM gearbeitet habe. Gysi habe "sich in die Strategien des MfS einbinden lassen, selbst an der operativen Bearbeitung von Oppositionellen teilgenommen und wichtige Informationen an das MfS weitergegeben", heißt es im Abschlussbericht. Dies streitet Gysi jedoch ab und klagt immer wieder vor Gericht gegen diese Anschuldigungen.

     

    "Rote Aristokratie"

     

    Die sehr emotional geführte Debatte um Gysi macht wieder einmal deutlich, dass man im Umgang mit der DDR-Vergangenheit nicht mit einfachen Schwarz-Weiß-Schemata weiter kommt. Gregor Gysi wurde 1948 in Berlin geboren. Er wuchs in einer jüdisch-kommunistischen Funktionärsfamilie auf. Sein Vater, Klaus Gysi, war Botschafter, Kulturminister und Staatssekretär für Kirchenfragen. Von 1966 bis 1970 studierte Gregor Gysi Rechtswissenschaften, wurde 1967 Mitglied der SED, promovierte 1976 über "Die Vervollkommnung des sozialistischen Rechts im Rechtsverwirklichungsprozeß" und arbeitete ab 1971 als einer der wenigen niedergelassenen Rechtsanwälte in der DDR. In dieser Funktion verteidigte er ab 1978 auch Systemkritiker wie Rudolf Bahro, Robert Havemann, Ulrike Poppe und Bärbel Bohley.

     

    Teil des Systems

     

    Gysi ist ein Kind der DDR-Nomenklatura, in ihrem Wertekanon ist er aufgewachsen. Er dürfte kaum Hemmungen gehabt haben, mit staatlichen Organen der DDR zu reden. In der aktuellen Stunde im Bundestag betonte Gysi, er habe lediglich mit der Abteilung Staat und Recht des Zentralkomitees der SED gesprochen. "Kontakte zur Staatssicherheit entsprachen weder meinem Stil noch meiner Würde." Weder "willentlich" noch "wissentlich" habe er mit der Stasi zusammengearbeitet. Alles, was einen normalen DDR-Bürger zur Zusammenarbeit mit der Stasi bewegen konnte, hatte Gysi irgendwie schon. Er dürfte kaum erpressbar gewesen sein, es gab kaum etwas, was sich nicht mit einem Anruf des Vaters hätte reparieren lassen. Der fiel zwar immer mal wieder in Ungnade, verspielte aber nie gänzlich die Gunst der SED.

     

    Jene väterliche Mischung aus Aufmüpfigkeit und Opportunismus machte sich auch der Sohn zu eigen. Auch seine Eitelkeit konnte er bereits als Dissidentenanwalt ausreichend ausleben, an einer zu großen Gemeinsamkeit mit dem Staatsapparat dürfte ihm ansonsten schon deshalb kaum gelegen haben, weil er sich den meisten Funktionären intellektuell überlegen fühlte.

     

    Ohne Stasi ging es nicht

     

    Dennoch hatte Gysi natürlich Kontakt zur Stasi, einfach, weil die DDR so war, wie sie war. Beim Zusammenbruch der DDR hatte das Ministerium für Staatssicherheit 85.500 hauptamtliche Mitarbeiter. Da war es schon für eine Konsum-Verkäuferin nur eine Frage der Zeit, wann sie mit der Stasi in Kontakt kam. Gregor Gysi aber verteidigte Rudolf Bahro und war zum Pflichtanwalt des Dissidenten Robert Havemann bestimmt worden. Und kein Widerwort gegen die DDR blieb langfristig von der Stasi unbeachtet. Auch Gysi selbst kann sich also kaum eingebildet haben, dass das MfS ausgerechnet an seiner anwaltlichen Tätigkeit kein Interesse hatte.

     

    Die DDR war kein Rechtsstaat, es gab jede Menge Straftatbestände, die nur dazu geschaffen worden waren, Kritiker massiv abzustrafen und Prozesse zu führen, in denen Gefängnisstrafen von vornherein feststanden. Die Kulisse aus Staatsanwalt, Richter, Anwalt der Verteidigung und Schöffen wurde dabei eingehalten, aber der Verteidiger wusste nur zu gut um seine Grenzen. Freispruch war kaum eine Option, es ging eher um Schadensbegrenzung oder um einen zügigen Weg in den Westen. Wer sich bei diesem Machtpoker vertat, riskierte unter Umständen seine Anwaltszulassung. Es galt, mit einem möglichst langen Löffel vom Teller des Teufels zu essen.

     

    Anständiger Versuch

     

    Gysi mag versucht haben, wie ein bürgerlicher Anwalt zu agieren. Die Wertschätzung der Dissidenten-Söhne Havemann und Bahro spricht zumindest für ihn. "Unabhängig von der Frage, ob Herr Gysi IM war, was ich nicht beurteilen kann, hat er im Sinne unseres Vaters gehandelt", sagte Florian Havemann der "Mitteldeutschen Zeitung". "Unser Vater wollte über Gregor Gysi eine Verbindung zur Parteiführung herstellen. Das ist ihm gelungen. Ab dem Zeitpunkt, als er Anwalt unseres Vaters war, hat es keinen Prozess mehr gegeben." Wären Gysis damalige Mandaten wie sein Vater nicht tot, "wären sie ihm jetzt ganz sicher beigesprungen," sagte Andrej Bahro.

     

    Havemann hat laut seinem Sohn in Gysi seinen "Postboten" zum ZK gesehen. Dabei muss man berücksichtigen, dass viele Dissidenten frühere SED-Mitglieder waren, denen es noch immer darum ging, mit den Genossen von einst im Gespräch zu bleiben. Solche "Verstoßenheitsgefühle" lassen sich heute kaum noch nachvollziehen, waren aber in den kommunistischen Parteien verbreitet. Gysi hat im Bundestag betont, er habe viel für Havemann geleistet. Auf DDR-Art hat er den Verfolgungsdruck auf Havemann gemildert. Diese Art ist aus der Sicht eines geeinten Deutschlands im Jahr 2008 absurd, das liegt vor allem daran, dass die DDR absurd war. Ein Land, das Kritik nur in Form von Eingaben akzeptierte, wenn überhaupt. Ein Land, in dem sich Schuldirektoren für die Zahl der Mittag-essenden Kinder rechtfertigen mussten. Ein Land, das nach Mechanismen funktionierte, die sich heute einfach kaum noch erklären lassen.

     

    Gregor Gysi wäre gut beraten, seine Sicht der Dinge darzustellen. Nicht auf dem Klageweg, nicht als ideologische Masche seiner Linken, sondern in der Komplexität und Differenziertheit seines 60-jährigen Lebens, in der DDR und im wiedervereinigten Deutschland. Dabei käme dann vielleicht eine Wahrheit zu Tage, die über das platte IM oder Nicht-IM hinausginge und die das Mysterium DDR ein wenig mehr enträtseln würde. Das wäre doch mal ein neuer Beitrag zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte. Und Gregor Gysi wäre wahrscheinlich derjenige, der das damit beinahe zwangsläufig verbundene Eingeständnis von Schuld authentisch vertreten könnte.

     

     

    ich hätte mir gewünscht einen Artikel dieser Qualität in der taz zu lesen, aber mir scheint die taz versteht sich inzwischen als Sprachorgan von Bündnis 90 die grünen und da hat ein differenzierter Artikel natürlich keinen platz ( mehr) schade!

     

     

     

     

     

     

     

     

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  • R
    Rene

    "aus nicht zum selbsständigen Denken erzogenen Schafsköpfen"

     

    zu dieser Kategorie zählt wohl eher derjenige, der ein schnelles verurteilendes Wort (nach-)spricht, ohne sich vorher mit dem Sachverhalt eingehend auseinandergestzt zu haben. Und dieser ist alles ander als eindeutig, und wenn dann eher eindeutig in die Richtung, dass Herr Gysi, seinem Mandanten auch nach eigener Aussage schlicht nur geholfen hat nicht geschadet.

    Von den historischen Umständen zu schweigen mit denen "Schafskopf" sich auseinandersetzen sollte, bevor sie zu harten Urteilen gelangt.

  • VS
    Veronika Schneider

    Für mich ist es immer wieder erstaunlich, wie schnell unsere "Ostverwandten", insbesondere die ehemaligen Profiteure der ehemaligen Diktatur des Proletariats, die Spielregeln der Demokratie gelernt haben und sich damit auch im System des Klassenfeindes sehr schnell wieder in eine exponierte und einflussreiche Position gebracht haben. Die ehemaligen Täter sind so schnell zu Opfern geworden, dass in den ersten Jahren ihre Verlogenheit sogar noch auffiel. Zunehmend trägt aber die Dreistigkeit der Verleugnung von Tatsachen wohl Früchte und die Täter werden täglich salonfähiger. Mich ekelts immer mehr und ich frage mich schon lange nicht mehr, was ein Herr Gysi (und seinesgleichen) sich sonst noch so erlauben könnten. Offensichtlich rekrutiert die Linke ihre Anhänger nicht mehr nur aus ehemaligen Sed-Kadern, sondern zunehmend auch aus nicht zum selbsständigen Denken erzogenen Schafsköpfen, die nur zu gern wieder irgendwelchen ideologischen Schwarz/Weißbildern auf den Leim gehen wollen und das auch noch mit linker Tradition verwechseln.

  • B
    Brigitte

    Ich kann mich an keine aktuelle Stunde im Bundestag erinnern, in der ein einziger Abgeordneter derart kollektiv "durch die Mangel dedreht wurde" - und das obwohl - soweit ich durch die Presse imnformiert bin - ein Akte von 1982 vorliegt, in der Gysi von der Stasi wirklich namentlich erwähnt wurde, nämlich als ungeeignet!

    Es ist schon klar, dass alle Angst haben vor der "Linken" - aber solche mittelalterlichen Hetzjagden, werden der Linken am Ende mehr Stimmen zugespielen!

    Meine Auch!

    Recht geschieht den Heuchlern!

  • AZ
    anke zoeckel

    Jörg Wer? Dafür, immerhin, sind sie ja gut, die Herren aus der vierten und fünften Reihe: Sie dürfen aussprechen, was die "Großen" ihrer Partei sich mit Rücksicht auf ihre politische Weste nicht erlauben mögen. Oskar Lafontaine also ist ein "Kettenhund". Seltsam nur, dass er als solcher überhaupt im Parlament sitzt. Ich hoffe, er trägt wenigstens einen Beißkorb.

     

    Die politische Kultur scheint in der neuen Hauptstadt nicht eben an Weltläufigkeit gewonnen zu haben. Dass sich einige Bundestagsabgeordnete partout nicht daran erinnern können, niemals im Leben ein Studium der Rechte erfolgreich abgeschlossen zu haben, ist nicht weiter erstaunlich. Alzheimer ist in einer insgesamt alternden Gesellschaft ein stark zunehmendes Phänomen. Der Bundestag wird auch nicht zum ersten Mal mit einem Gerichtssaal verwechselt. Dass man auf dem politischen Parkett Stimmung macht auf Basis eines lediglich vom Hörensagen herrührenden Wissens, ist Alltag. Und wenn das ZDF sich von Herrn Gysi nichts verbieten lässt, kann das durchaus daran liegen, dass wir einen Rechtsstaat haben. Hier und heute darf eben doch noch nicht jeder jedem nach Belieben den Mund verbieten - oder ihn zu einem umfassenden Geständnis nötigen. Herr Gysi hat als Jurist sicherlich vollstes Verständnis für das Beharren des öffentlich-rechtlichen Privatsenders von Herrn Schächte auf gewissen Grundrechten. Genau deswegen, nehme ich an, mochte er sich die Polemik der angeschlagenen Großkoalitionäre auch nicht bis zum bitteren Ende mit anhören. Wenn man bedenkt, wie verwaist die Parlamentsbänke häufig selbst die Verabschiedung wichtiger Gesetzestexte erleben, möchte, man ihm seine Flucht beinahe schon nachsehen. Schließlich geht man ja als fairer Parlamentarier nur ungern voreingenommen ins nächste Sachgespräch...

     

    Wenn Gysi kein Interesse an einer Klage gegen Frau Birthler hat, wirft das übrigens ein ganz schlechtes Licht auf unsere Gerichte. Nur: auch darzu kann man eigentlich man bloß noch die Schultern heben. Wo sich Politiker als Richter aufspielen, agieren eben mitunter auch Richter wie Politiker. Wir sind, scheint mir, nie zwei Deutschländer gewesen. Wir waren immer eins in unseren Traditionen.

  • JG
    Jürgen G. Gmell

    So in etwa wie hier stellt sich mir die deutsche Presselandschaft dar: 4:3 für Herrn Gysi.

     

    Das ist wenig und es ist verständlich, Aufklärung ist ein Recht der Presse. Aber bitte nicht von der Position einer Birthler aus, welche die Aussagen von (vermutlich echten) IM's zugrunde legen möchte.

     

    Es ist Heuchelei, Herrn Gysi "inoffizielle Mitarbeit" für die Stasi vorwerfen zu wollen. Er war offizieller Mitarbeiter der Regierung, für welche die Stasi als untergeordnete Behörde gearbeitet hat.

     

    Ich meine, es sind mehr die "inoffiziellen" Profiteure des Stasi-Systems, die sich auch unter "Bürgerrechtlern" verbargen und in den Kirchen, aber ausschließlich persönliche Vorteile suchten, die auch heute wieder mit den Fingern auf andere zeigen.

     

    Für Herrn Havemann und vor allem auch seine Familie bedeutete es m. E. eine unglaubliche Erleichterung nachdem sie derart verfolgt worden war, dass gewiss jede Spitzel-Äußerung "belohnt" wurde. - Sie konnten wieder leben, was anderen egal gewesen ist, solange es sie selbst nicht traf.

     

    Für mich ist die Äußerung des Sohnes von Herrn Havemann nicht mit 1.000 Spitzel-Vorwürfen aufzuwiegen. Seine Worte sind mehr als aus Gold, sie sind ein Stück der Wahrheit.

     

    In diesem Sinne darf also auch aufgeklärt werden. Was die Bürgerlichen nur allzu gerne tun, ist aber nicht aufklären, sondern anklagen. Und da sind die Gemeinsamkeiten der neuen und alten Profiteure.

  • F
    Flori

    @Peter

     

    "Die C-Parteien haben wahrlich genug Leichen im Keller. Ich verweise nur auf deren unaufgearbeitete NS-Vergangenheit, sowie Lambsdorf, Strauss, Kohl, Koch usw."

     

    1. War das jetzt ok, dass in den C-Parteien die NS-Vergangenheit einzelner Mitglieder nicht richtig aufgearbeitet wurde? Oder würden Sie sagen, man hätte dies dort tun sollen? Und wenn Sie dieser Ansicht sind, ist es dann nicht auch richtig, jetzt die Stasi/SED-Vergangenheit hoher PDS-Funktionäre aufzuarbeiten?

     

    2. Lambsdorf(Jahrgang 1926, zum Zeitpunkt des Kriegsausbruchs also 13 Jahre alt) und Kohl (Jahrgang 1930, bei Kriegsbruch 9 Jahre alt) waren echt mal ganz böse Nazis.

  • C
    caro

    Warum kommt in allen Artikeln in der Auseinandersetzung mit Ddr-Brd-Geschichte eigentlich immer nur in einem Satz das Zugeständnis "ok, es gab auch die Stasi im Osten, aber das ist nun vorbei" (oder so ähnlich) vor?

    Ich finde es wirklich erschreckend, wenn ich mir vorstelle ("Wer heute in Ostdeutschland Mitte 40 und älter ist, hatte in seiner Ddr-Vergangenheit fast zwangsläufig irgendetwas mit der Stasi zu tun. Nur zur Erinnerung: Im Oktober 1989 arbeiteten 91.000 Menschen hauptamtlich für das MfS. Mitte bis Ende der 80er-Jahre lag die Zahl der Im bei 180.000. Überall, ob im Betrieb oder Sportverein, ob in Kirche oder in Schule, gab es Leute, die der Stasi mehr oder weniger zugearbeitet haben - und mit manchen war man sogar befreundet.") welch große Menge Menschen an diesem Unterdrückungssystem teilgenommen hat und es da keine Aufarbeitung zu gibt.

    Ich will einsehen, dass der Staub "der" Geschichte sich noch nicht gelegt hat, dass alle "Betroffenen" noch leben und eine Erinnerungsarbeit dadurch nicht erleichtert wird. Aber warum zur Hölle spricht "die Gesellschaft" nicht über all das?

    Konkret gesagt: Ich kann hinnehmen, dass jemand "vom System" gezwungen wurde/sich gezwungen gefühlt hat, an Unterdrückungsmechanismen teilzunehmen, aber dann ist es umso wichtiger, heute darüber zu sprechen und das aufzuarbeiten...vielleicht mit Leuten sprechen, die unter der Unterdrückung der freien Meinungsäußerung gelitten haben (anstatt irgendwelche "Opfer"-Sed-Verbände so sehr in die mediale Öffentlichkeit zu tragen mit ihren unverschämten und (die Opfer ihres Systems) verachtenden Meinungen und Forderungen)?!

     

    Also auf Herrn Gysi oder Konsorten gemünzt: wenn es denn Stasi-Im-Aktivitäten gegeben hat, dann einen ehrlichen Umgang damit pflegen und aus genau dieser Perspektive auch handeln. Einem Politiker_in/Nachbar_in/Arbeitskolleg_in, der_die heute keinen Umgang mit einer Informantentätigkeit für die Stasi findet/gefunden hat, kann ich nicht über'n Weg trauen!!! Das führt bei mir emotional zu einer Pauschalverurteilung "der Linken" und "den Ostlern".

     

    Gerade in der Brd haben wir doch vor 60 Jahren und den Folgejahren die Erfahrung gemacht, dass alte Nsdap-Funktionäre wieder fröhlich Richter, Ärzte, Politiker geworden sind und wie das bis heute spürbar ist.... Jetzt haben wir doch die Chance als "Gesellschaft" hier eine (ehrliche) Auseinandersetzung zu finden! Nicht nur in Bezug auf die Ddr, sondern dann getrost auch für die Brd.

     

    Für eine ehrliche Aufarbeitung der "Geschichte", auch wenn das vielleicht auf Widersprüche stoßen kann (unterschiedliche Täter-Opfer-Erfahrungen die parallel existieren)!!!!!

  • E
    Elena

    mir ist es egal ob gysi bei der stasi war oder nicht, wichtig ist was er sagt und wofür er heute kämpft. das was er sagt hat im gegensatz zu den meisten politikern einen inhalt und darum ist er mir sympatisch

  • WL
    Werner Lorenzen-Pranger

    Wenn Gysi IM war, warum liegen denn dann immer noch keine eindeutigen Beweise auf dem Tisch? Was ist mit den genau entgegen gesetzten Aussagen des Herrn Havemann jun.?

    Die taz sollte aufhören, das Geschäft der Bild-Zeitung zu übernehmen - allerdings - nachdem auch Koalitionen der Grünen mit der schwarzbraunen Cdu möglich sind - so als Nachfolger der Schill-Partei grübel grübel.......

  • IA
    Ihr Alexander Rüstau

    Wäre die SED/PDS 1990 genauso selbstverständlich verboten worden wie die NSDAP 1945, wäre der staunenden Öffentlichkeit heute das schaurige Schauspiel erspart geblieben, daß vermeidliche Stasi-Spitzel wie Gysi und Konsorten im Bundestag sitzen, die deutsche Hauptstadt regieren und in der Bundesversammlung über die Besetzung des höchsten deutschen Staatsamtes - des Bundespräsidenten - mitentscheiden dürfen.

  • P
    peter

    Nun lasst es mal gut sein taz. Die C-Parteien haben wahrlich genug Leichen im Keller. Ich verweise nur auf deren unaufgearbeitete NS-Vergangenheit, sowie Lambsdorf, Strauss, Kohl, Koch usw.

    Also bitte, macht nicht den Job der Bild-Schmierfinken.

  • H
    heiribido

    "Gemeinstem und liederlichen Verrat" habe Gysi begangen.

     

    Schöner Deutsch, die.

  • A
    Andre

    Was regt sich die Welt auf? Das nach dem 2. WK eine Menge NSDAP Mitglieder in der Politik wie z.B. Walter Scheel der später sogar Präsident war. Darüber wurde nicht so ein Hermann gemacht. Jaja die anderen Parteien haben Angst vor der Linken, da wird schon mal mit Dreck geworfen.

  • JG
    Jürgen G. Gmell

    Ich frage mich, wann wird wohl Egon Bahr (von der Gegenseite) als "inoffizieller Mitarbeiter" oder auch "informeller Mitarbeiter" des BND verunglimpft. Schließlich hat auch er mit den "Geheimen" geredet, nur halt denen von der "richtigen" Seite?

     

    Was sagen die Freigekauften dazu?

     

    Die Art und Weise, wie hier Herr Gysi, bei anderen lasse ich diesen Vorsatz weg, öffentlich demontiert werden soll, zeigt m. E. nur, welche - inzwischen fast schon zur hysterischen Angst angewachsene - Panik offensichtlich die Regierungsparteien vor einer neu erstarkten Linken haben.

     

    Es ist klar, dass deren Führungspersonen - und gerade die, welche positive Identifikation ermöglichen - als Zielpersonen massiven Angriffen ausgesetzt werden.

     

    Wo die aber für Herrn Gysi negative gesundheitliche Folgen gezeitigt haben, ist in der Tat jegliches gesundes Maß überschritten.

  • UR
    Udo Radert

    "Gregor Gysi und Katja Kipping während der aktuellen Stunde zur angeblichen Stasivergangenheit Gysis im Bundestag."

     

    Was bitte, heißt hier "angebliche" Stasivergangenheit?

     

    Bitte die Geschichtsklitterungen unterlassen, Gysis Stasibeziehungen wurden bereits 1998 und erst recht heute wieder eindeutig festgestellt.

     

    Da ist nichts "angebliches" mehr dabei...

  • JG
    Jürgen G. Gmell

    Glaubwürdigkeit, in der Tat, hier geht es darum und zuallererst darum. - Übrigens bin ich in keiner Partei, auch in keiner Kirche oder sonstigen Organisation Vorder- oder Hinterbänkler, Frau Was? - Man sollte immer auch die Funktion beachten, die ein Mensch einnimmt. Und bei manchen merkt man einfach die Anti-Demokraten, für die ein sauberer Anzug mehr zählt als die berühmte saubere Weste.

     

    Frau Birthler muss Auskunft geben und Stellung beziehen, das ist ihre Aufgabe. Aber ungefragt sich zur Anklägerin aufzuschwingen, weil es der Regierung momentan in den politischen Krämerladen passt, das ist eine gänzlich andere Dimension und Funktion.

     

    Die Birthler-Behörde ist so wenig ein Machtinstrument der Regierung wie es die Geheimdienste überhaupt sein sollten. Denn auch sie sollen ja informell zuarbeiten und nicht Gestapo-Stasi in einem Land spielen, das per Grundgesetz diese Mächte strikt voneinander zu trennen hat. Dass sie dienstaufsichtlich dem Kulturstaatsminister untersteht, ist pikant und diskussionsfähig.

     

    Die Glaubwürdigkeit von Herrn Gysi und seiner Partei DIE LINKE, zu untergraben war m. E. das Ziel und keineswegs, Aufklärung.

     

    Gefahr für den Rechtsstaat geht m. E. nicht von den "Betonköpfen" aus, die bekannt sind und sich bekannt haben und die vielleicht heute noch immer Linie halten. Ihr Einfluss wird von jenen, die sie im Honecker-Regime erlebt haben, schon klein genug gehalten - in einer Demokratie. Nicht aber in einem Staatsgebilde, in welchem Poltiker offenbar nur noch auf Umfragewerte schielen, wie die berühmte "Quoten-Hure" im TV und ihre Politik wie ein Unterhaltungsprogramm gestalten und denen jedes Mittel recht scheint, den politischen Gegner mit Unrat zu bewerfen und ggf. auch wider besseren Wissens zu diffamierten, weil es nützt. -Ob das Utilitarismus, Hedonismus oder einfach nur Charakterlosigkeit, entscheiden nicht alleine Philosophen, Uniprofessoren, Birthler- oder sonstige Behörden der Nomenklatura, sondern die Wählerinnen und Wähler.

  • SB
    Stefan Becker

    Unbesehen der Frage, ob Gysi nun tatsächlich IM war oder nicht: mich irritiert immer wieder aus Neue, daß die STASI auf der einen Seite stets als die Verkörperung des Bösen schlechthin betrachtet wird (vor allem von der Behörde, die ihren Namen trägt), andererseits aber offenbar wenig Zweifel an der Wahrheit dessen gehegt werden, was die endlosen Akten beinhalten. Auf zugegebenermaßen schmaler Wissensgrundlage scheinen mir die Vorwürfe gegen Gysi sich allein aus den Akten zu ergeben. Und denen traut Frau Birthler, die ansonsten - zu Recht - den STASI-Mitarbeitern jede Schlechtigkeit zutraut? Ich komme da mit dem Verständnis nicht so recht nach.

  • L
    lunatir

    Ich finde den Vergleich mit dem unaufgearbeitetem Dritten Reich einfach scheinheilig und lächerlich.

    Konservative brachten die Nazis im Kampf gegen Linke naiv an die Macht, und während die Cdu viele Nazis übernahm und in hohe Posten brachte, wurden Linke schon wieder von ihnen verurteilt.

    Die schreien jetzt wieder am lautesten wenn heutige Linke in einer nicht zu vergleichenden Diktatur dem System nah waren, das sie selber in letzter Konsequenz mit zu verantworten haben.

     

    Bei den Ims geht es um moralische Vergehen von vor oft 30 Jahren, und nicht um Verbrechen.

    Die allermeisten haben solche Angriffe aus vielen verschiedenen Gründen heute nicht mehr verdient.

    Wo es was zu verurteilen gab, wurde auch verurteilt, deswegen muß endlich eine unabhängige Kommission über die Stasiakten verfügen.

    Bei uns sind ja selbst Straftaten nach ein paar Jahren verjährt.

     

    Hier geht es um politische Taktik und Kalkül gegen linke demokratische Politik.

  • L
    lunatir

    Die Söhne der eigentlich betroffenen Ddr-Kritiker Havemann und Bahro fanden dieses "Tribunal" gegen Gysi beschämend für die Demokratie.

    Außerdem sind sie überzeugt das ihre Väter sich jetzt vor Gysi stellen würden, die selbst eine Verbindung zum ZK wollten und zusammen viel erreicht haben.

     

    Warum wird das in unseren "freien und unabhängigen" Medien so gut wie nie erwähnt?

  • U
    Uli

    Was mich irgendwie wundert ist, warum dieses Thema noch mal hochkommt. Als gelernter Ddr-Bürger war mir immer klar, dass Gysi Bohley, Havemann und andere nicht als Rechtsanwalt vertreten konnte ohne mit dem von der Partei kontrollierten Staatsapparat zu tun zu haben. Die Stasi war das Machtinstrument (prosaischer Schild und Schwert) der Partei, die vom Zentralkomitee (Zk) geführt wurde. Gysi war Genosse, der einen direkten Draht zum Zk hatte. Die Sophisterei um den Im-Status ist doch für eine moralische Bewertung überflüssig. Wenn Birthlers Behörde nachweisen könnte, dass Gysi den Interessen seiner Mandanten geschadet hat, wäre das wesentlich hilfreicher als die öffentliche und quasi-amtliche Verabreichung des Brandmals Im.

  • MK
    Michael K

    Wahre Aussagen bleiben wahre Aussagen, wer auch immer jene tut, daher ist die Person Gysi streitbar, nicht aber seine Beiträge zur Politik. Auch wenn Gysi eher atheistisch veranlagt ist gilt auch für ihn: Wer den ersten Stein werfe der sei ohne Schuld...und welche Partei fiel noch nicht durch Vergangenheitsunbewältigung, Korruption und Selbstbereicherung auf

  • R
    Rainer

    Schreiben jetzt schon Praktikanten für die taz? Oder ist die Qualität der Berichte inzwischen wirklich derart mies? ein Lehrstück was jornalistische Quallität ist findet sich erstaunlicherweise auf n-tv : "

     

     

    Donnerstag, 29. Mai 2008

    Die Gysi-Debatte

    Ein Mann im System DDR

     

    Von Solveig Bach

     

    Seit 1992 wird Gregor Gysi immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert, er sei Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi gewesen und habe Mandantenverrat begangen. Auch der Immunitätsausschuss des Deutschen Bundestages stellte im Mai 1998 fest, dass nach der ihm bekannten Aktenlage Gregor Gysi für das MfS als IM gearbeitet habe. Gysi habe "sich in die Strategien des MfS einbinden lassen, selbst an der operativen Bearbeitung von Oppositionellen teilgenommen und wichtige Informationen an das MfS weitergegeben", heißt es im Abschlussbericht. Dies streitet Gysi jedoch ab und klagt immer wieder vor Gericht gegen diese Anschuldigungen.

     

    "Rote Aristokratie"

     

    Die sehr emotional geführte Debatte um Gysi macht wieder einmal deutlich, dass man im Umgang mit der DDR-Vergangenheit nicht mit einfachen Schwarz-Weiß-Schemata weiter kommt. Gregor Gysi wurde 1948 in Berlin geboren. Er wuchs in einer jüdisch-kommunistischen Funktionärsfamilie auf. Sein Vater, Klaus Gysi, war Botschafter, Kulturminister und Staatssekretär für Kirchenfragen. Von 1966 bis 1970 studierte Gregor Gysi Rechtswissenschaften, wurde 1967 Mitglied der SED, promovierte 1976 über "Die Vervollkommnung des sozialistischen Rechts im Rechtsverwirklichungsprozeß" und arbeitete ab 1971 als einer der wenigen niedergelassenen Rechtsanwälte in der DDR. In dieser Funktion verteidigte er ab 1978 auch Systemkritiker wie Rudolf Bahro, Robert Havemann, Ulrike Poppe und Bärbel Bohley.

     

    Teil des Systems

     

    Gysi ist ein Kind der DDR-Nomenklatura, in ihrem Wertekanon ist er aufgewachsen. Er dürfte kaum Hemmungen gehabt haben, mit staatlichen Organen der DDR zu reden. In der aktuellen Stunde im Bundestag betonte Gysi, er habe lediglich mit der Abteilung Staat und Recht des Zentralkomitees der SED gesprochen. "Kontakte zur Staatssicherheit entsprachen weder meinem Stil noch meiner Würde." Weder "willentlich" noch "wissentlich" habe er mit der Stasi zusammengearbeitet. Alles, was einen normalen DDR-Bürger zur Zusammenarbeit mit der Stasi bewegen konnte, hatte Gysi irgendwie schon. Er dürfte kaum erpressbar gewesen sein, es gab kaum etwas, was sich nicht mit einem Anruf des Vaters hätte reparieren lassen. Der fiel zwar immer mal wieder in Ungnade, verspielte aber nie gänzlich die Gunst der SED.

     

    Jene väterliche Mischung aus Aufmüpfigkeit und Opportunismus machte sich auch der Sohn zu eigen. Auch seine Eitelkeit konnte er bereits als Dissidentenanwalt ausreichend ausleben, an einer zu großen Gemeinsamkeit mit dem Staatsapparat dürfte ihm ansonsten schon deshalb kaum gelegen haben, weil er sich den meisten Funktionären intellektuell überlegen fühlte.

     

    Ohne Stasi ging es nicht

     

    Dennoch hatte Gysi natürlich Kontakt zur Stasi, einfach, weil die DDR so war, wie sie war. Beim Zusammenbruch der DDR hatte das Ministerium für Staatssicherheit 85.500 hauptamtliche Mitarbeiter. Da war es schon für eine Konsum-Verkäuferin nur eine Frage der Zeit, wann sie mit der Stasi in Kontakt kam. Gregor Gysi aber verteidigte Rudolf Bahro und war zum Pflichtanwalt des Dissidenten Robert Havemann bestimmt worden. Und kein Widerwort gegen die DDR blieb langfristig von der Stasi unbeachtet. Auch Gysi selbst kann sich also kaum eingebildet haben, dass das MfS ausgerechnet an seiner anwaltlichen Tätigkeit kein Interesse hatte.

     

    Die DDR war kein Rechtsstaat, es gab jede Menge Straftatbestände, die nur dazu geschaffen worden waren, Kritiker massiv abzustrafen und Prozesse zu führen, in denen Gefängnisstrafen von vornherein feststanden. Die Kulisse aus Staatsanwalt, Richter, Anwalt der Verteidigung und Schöffen wurde dabei eingehalten, aber der Verteidiger wusste nur zu gut um seine Grenzen. Freispruch war kaum eine Option, es ging eher um Schadensbegrenzung oder um einen zügigen Weg in den Westen. Wer sich bei diesem Machtpoker vertat, riskierte unter Umständen seine Anwaltszulassung. Es galt, mit einem möglichst langen Löffel vom Teller des Teufels zu essen.

     

    Anständiger Versuch

     

    Gysi mag versucht haben, wie ein bürgerlicher Anwalt zu agieren. Die Wertschätzung der Dissidenten-Söhne Havemann und Bahro spricht zumindest für ihn. "Unabhängig von der Frage, ob Herr Gysi IM war, was ich nicht beurteilen kann, hat er im Sinne unseres Vaters gehandelt", sagte Florian Havemann der "Mitteldeutschen Zeitung". "Unser Vater wollte über Gregor Gysi eine Verbindung zur Parteiführung herstellen. Das ist ihm gelungen. Ab dem Zeitpunkt, als er Anwalt unseres Vaters war, hat es keinen Prozess mehr gegeben." Wären Gysis damalige Mandaten wie sein Vater nicht tot, "wären sie ihm jetzt ganz sicher beigesprungen," sagte Andrej Bahro.

     

    Havemann hat laut seinem Sohn in Gysi seinen "Postboten" zum ZK gesehen. Dabei muss man berücksichtigen, dass viele Dissidenten frühere SED-Mitglieder waren, denen es noch immer darum ging, mit den Genossen von einst im Gespräch zu bleiben. Solche "Verstoßenheitsgefühle" lassen sich heute kaum noch nachvollziehen, waren aber in den kommunistischen Parteien verbreitet. Gysi hat im Bundestag betont, er habe viel für Havemann geleistet. Auf DDR-Art hat er den Verfolgungsdruck auf Havemann gemildert. Diese Art ist aus der Sicht eines geeinten Deutschlands im Jahr 2008 absurd, das liegt vor allem daran, dass die DDR absurd war. Ein Land, das Kritik nur in Form von Eingaben akzeptierte, wenn überhaupt. Ein Land, in dem sich Schuldirektoren für die Zahl der Mittag-essenden Kinder rechtfertigen mussten. Ein Land, das nach Mechanismen funktionierte, die sich heute einfach kaum noch erklären lassen.

     

    Gregor Gysi wäre gut beraten, seine Sicht der Dinge darzustellen. Nicht auf dem Klageweg, nicht als ideologische Masche seiner Linken, sondern in der Komplexität und Differenziertheit seines 60-jährigen Lebens, in der DDR und im wiedervereinigten Deutschland. Dabei käme dann vielleicht eine Wahrheit zu Tage, die über das platte IM oder Nicht-IM hinausginge und die das Mysterium DDR ein wenig mehr enträtseln würde. Das wäre doch mal ein neuer Beitrag zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte. Und Gregor Gysi wäre wahrscheinlich derjenige, der das damit beinahe zwangsläufig verbundene Eingeständnis von Schuld authentisch vertreten könnte.

     

     

    ich hätte mir gewünscht einen Artikel dieser Qualität in der taz zu lesen, aber mir scheint die taz versteht sich inzwischen als Sprachorgan von Bündnis 90 die grünen und da hat ein differenzierter Artikel natürlich keinen platz ( mehr) schade!

     

     

     

     

     

     

     

     

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  • R
    Rene

    "aus nicht zum selbsständigen Denken erzogenen Schafsköpfen"

     

    zu dieser Kategorie zählt wohl eher derjenige, der ein schnelles verurteilendes Wort (nach-)spricht, ohne sich vorher mit dem Sachverhalt eingehend auseinandergestzt zu haben. Und dieser ist alles ander als eindeutig, und wenn dann eher eindeutig in die Richtung, dass Herr Gysi, seinem Mandanten auch nach eigener Aussage schlicht nur geholfen hat nicht geschadet.

    Von den historischen Umständen zu schweigen mit denen "Schafskopf" sich auseinandersetzen sollte, bevor sie zu harten Urteilen gelangt.

  • VS
    Veronika Schneider

    Für mich ist es immer wieder erstaunlich, wie schnell unsere "Ostverwandten", insbesondere die ehemaligen Profiteure der ehemaligen Diktatur des Proletariats, die Spielregeln der Demokratie gelernt haben und sich damit auch im System des Klassenfeindes sehr schnell wieder in eine exponierte und einflussreiche Position gebracht haben. Die ehemaligen Täter sind so schnell zu Opfern geworden, dass in den ersten Jahren ihre Verlogenheit sogar noch auffiel. Zunehmend trägt aber die Dreistigkeit der Verleugnung von Tatsachen wohl Früchte und die Täter werden täglich salonfähiger. Mich ekelts immer mehr und ich frage mich schon lange nicht mehr, was ein Herr Gysi (und seinesgleichen) sich sonst noch so erlauben könnten. Offensichtlich rekrutiert die Linke ihre Anhänger nicht mehr nur aus ehemaligen Sed-Kadern, sondern zunehmend auch aus nicht zum selbsständigen Denken erzogenen Schafsköpfen, die nur zu gern wieder irgendwelchen ideologischen Schwarz/Weißbildern auf den Leim gehen wollen und das auch noch mit linker Tradition verwechseln.

  • B
    Brigitte

    Ich kann mich an keine aktuelle Stunde im Bundestag erinnern, in der ein einziger Abgeordneter derart kollektiv "durch die Mangel dedreht wurde" - und das obwohl - soweit ich durch die Presse imnformiert bin - ein Akte von 1982 vorliegt, in der Gysi von der Stasi wirklich namentlich erwähnt wurde, nämlich als ungeeignet!

    Es ist schon klar, dass alle Angst haben vor der "Linken" - aber solche mittelalterlichen Hetzjagden, werden der Linken am Ende mehr Stimmen zugespielen!

    Meine Auch!

    Recht geschieht den Heuchlern!

  • AZ
    anke zoeckel

    Jörg Wer? Dafür, immerhin, sind sie ja gut, die Herren aus der vierten und fünften Reihe: Sie dürfen aussprechen, was die "Großen" ihrer Partei sich mit Rücksicht auf ihre politische Weste nicht erlauben mögen. Oskar Lafontaine also ist ein "Kettenhund". Seltsam nur, dass er als solcher überhaupt im Parlament sitzt. Ich hoffe, er trägt wenigstens einen Beißkorb.

     

    Die politische Kultur scheint in der neuen Hauptstadt nicht eben an Weltläufigkeit gewonnen zu haben. Dass sich einige Bundestagsabgeordnete partout nicht daran erinnern können, niemals im Leben ein Studium der Rechte erfolgreich abgeschlossen zu haben, ist nicht weiter erstaunlich. Alzheimer ist in einer insgesamt alternden Gesellschaft ein stark zunehmendes Phänomen. Der Bundestag wird auch nicht zum ersten Mal mit einem Gerichtssaal verwechselt. Dass man auf dem politischen Parkett Stimmung macht auf Basis eines lediglich vom Hörensagen herrührenden Wissens, ist Alltag. Und wenn das ZDF sich von Herrn Gysi nichts verbieten lässt, kann das durchaus daran liegen, dass wir einen Rechtsstaat haben. Hier und heute darf eben doch noch nicht jeder jedem nach Belieben den Mund verbieten - oder ihn zu einem umfassenden Geständnis nötigen. Herr Gysi hat als Jurist sicherlich vollstes Verständnis für das Beharren des öffentlich-rechtlichen Privatsenders von Herrn Schächte auf gewissen Grundrechten. Genau deswegen, nehme ich an, mochte er sich die Polemik der angeschlagenen Großkoalitionäre auch nicht bis zum bitteren Ende mit anhören. Wenn man bedenkt, wie verwaist die Parlamentsbänke häufig selbst die Verabschiedung wichtiger Gesetzestexte erleben, möchte, man ihm seine Flucht beinahe schon nachsehen. Schließlich geht man ja als fairer Parlamentarier nur ungern voreingenommen ins nächste Sachgespräch...

     

    Wenn Gysi kein Interesse an einer Klage gegen Frau Birthler hat, wirft das übrigens ein ganz schlechtes Licht auf unsere Gerichte. Nur: auch darzu kann man eigentlich man bloß noch die Schultern heben. Wo sich Politiker als Richter aufspielen, agieren eben mitunter auch Richter wie Politiker. Wir sind, scheint mir, nie zwei Deutschländer gewesen. Wir waren immer eins in unseren Traditionen.

  • JG
    Jürgen G. Gmell

    So in etwa wie hier stellt sich mir die deutsche Presselandschaft dar: 4:3 für Herrn Gysi.

     

    Das ist wenig und es ist verständlich, Aufklärung ist ein Recht der Presse. Aber bitte nicht von der Position einer Birthler aus, welche die Aussagen von (vermutlich echten) IM's zugrunde legen möchte.

     

    Es ist Heuchelei, Herrn Gysi "inoffizielle Mitarbeit" für die Stasi vorwerfen zu wollen. Er war offizieller Mitarbeiter der Regierung, für welche die Stasi als untergeordnete Behörde gearbeitet hat.

     

    Ich meine, es sind mehr die "inoffiziellen" Profiteure des Stasi-Systems, die sich auch unter "Bürgerrechtlern" verbargen und in den Kirchen, aber ausschließlich persönliche Vorteile suchten, die auch heute wieder mit den Fingern auf andere zeigen.

     

    Für Herrn Havemann und vor allem auch seine Familie bedeutete es m. E. eine unglaubliche Erleichterung nachdem sie derart verfolgt worden war, dass gewiss jede Spitzel-Äußerung "belohnt" wurde. - Sie konnten wieder leben, was anderen egal gewesen ist, solange es sie selbst nicht traf.

     

    Für mich ist die Äußerung des Sohnes von Herrn Havemann nicht mit 1.000 Spitzel-Vorwürfen aufzuwiegen. Seine Worte sind mehr als aus Gold, sie sind ein Stück der Wahrheit.

     

    In diesem Sinne darf also auch aufgeklärt werden. Was die Bürgerlichen nur allzu gerne tun, ist aber nicht aufklären, sondern anklagen. Und da sind die Gemeinsamkeiten der neuen und alten Profiteure.

  • F
    Flori

    @Peter

     

    "Die C-Parteien haben wahrlich genug Leichen im Keller. Ich verweise nur auf deren unaufgearbeitete NS-Vergangenheit, sowie Lambsdorf, Strauss, Kohl, Koch usw."

     

    1. War das jetzt ok, dass in den C-Parteien die NS-Vergangenheit einzelner Mitglieder nicht richtig aufgearbeitet wurde? Oder würden Sie sagen, man hätte dies dort tun sollen? Und wenn Sie dieser Ansicht sind, ist es dann nicht auch richtig, jetzt die Stasi/SED-Vergangenheit hoher PDS-Funktionäre aufzuarbeiten?

     

    2. Lambsdorf(Jahrgang 1926, zum Zeitpunkt des Kriegsausbruchs also 13 Jahre alt) und Kohl (Jahrgang 1930, bei Kriegsbruch 9 Jahre alt) waren echt mal ganz böse Nazis.

  • C
    caro

    Warum kommt in allen Artikeln in der Auseinandersetzung mit Ddr-Brd-Geschichte eigentlich immer nur in einem Satz das Zugeständnis "ok, es gab auch die Stasi im Osten, aber das ist nun vorbei" (oder so ähnlich) vor?

    Ich finde es wirklich erschreckend, wenn ich mir vorstelle ("Wer heute in Ostdeutschland Mitte 40 und älter ist, hatte in seiner Ddr-Vergangenheit fast zwangsläufig irgendetwas mit der Stasi zu tun. Nur zur Erinnerung: Im Oktober 1989 arbeiteten 91.000 Menschen hauptamtlich für das MfS. Mitte bis Ende der 80er-Jahre lag die Zahl der Im bei 180.000. Überall, ob im Betrieb oder Sportverein, ob in Kirche oder in Schule, gab es Leute, die der Stasi mehr oder weniger zugearbeitet haben - und mit manchen war man sogar befreundet.") welch große Menge Menschen an diesem Unterdrückungssystem teilgenommen hat und es da keine Aufarbeitung zu gibt.

    Ich will einsehen, dass der Staub "der" Geschichte sich noch nicht gelegt hat, dass alle "Betroffenen" noch leben und eine Erinnerungsarbeit dadurch nicht erleichtert wird. Aber warum zur Hölle spricht "die Gesellschaft" nicht über all das?

    Konkret gesagt: Ich kann hinnehmen, dass jemand "vom System" gezwungen wurde/sich gezwungen gefühlt hat, an Unterdrückungsmechanismen teilzunehmen, aber dann ist es umso wichtiger, heute darüber zu sprechen und das aufzuarbeiten...vielleicht mit Leuten sprechen, die unter der Unterdrückung der freien Meinungsäußerung gelitten haben (anstatt irgendwelche "Opfer"-Sed-Verbände so sehr in die mediale Öffentlichkeit zu tragen mit ihren unverschämten und (die Opfer ihres Systems) verachtenden Meinungen und Forderungen)?!

     

    Also auf Herrn Gysi oder Konsorten gemünzt: wenn es denn Stasi-Im-Aktivitäten gegeben hat, dann einen ehrlichen Umgang damit pflegen und aus genau dieser Perspektive auch handeln. Einem Politiker_in/Nachbar_in/Arbeitskolleg_in, der_die heute keinen Umgang mit einer Informantentätigkeit für die Stasi findet/gefunden hat, kann ich nicht über'n Weg trauen!!! Das führt bei mir emotional zu einer Pauschalverurteilung "der Linken" und "den Ostlern".

     

    Gerade in der Brd haben wir doch vor 60 Jahren und den Folgejahren die Erfahrung gemacht, dass alte Nsdap-Funktionäre wieder fröhlich Richter, Ärzte, Politiker geworden sind und wie das bis heute spürbar ist.... Jetzt haben wir doch die Chance als "Gesellschaft" hier eine (ehrliche) Auseinandersetzung zu finden! Nicht nur in Bezug auf die Ddr, sondern dann getrost auch für die Brd.

     

    Für eine ehrliche Aufarbeitung der "Geschichte", auch wenn das vielleicht auf Widersprüche stoßen kann (unterschiedliche Täter-Opfer-Erfahrungen die parallel existieren)!!!!!

  • E
    Elena

    mir ist es egal ob gysi bei der stasi war oder nicht, wichtig ist was er sagt und wofür er heute kämpft. das was er sagt hat im gegensatz zu den meisten politikern einen inhalt und darum ist er mir sympatisch

  • WL
    Werner Lorenzen-Pranger

    Wenn Gysi IM war, warum liegen denn dann immer noch keine eindeutigen Beweise auf dem Tisch? Was ist mit den genau entgegen gesetzten Aussagen des Herrn Havemann jun.?

    Die taz sollte aufhören, das Geschäft der Bild-Zeitung zu übernehmen - allerdings - nachdem auch Koalitionen der Grünen mit der schwarzbraunen Cdu möglich sind - so als Nachfolger der Schill-Partei grübel grübel.......

  • IA
    Ihr Alexander Rüstau

    Wäre die SED/PDS 1990 genauso selbstverständlich verboten worden wie die NSDAP 1945, wäre der staunenden Öffentlichkeit heute das schaurige Schauspiel erspart geblieben, daß vermeidliche Stasi-Spitzel wie Gysi und Konsorten im Bundestag sitzen, die deutsche Hauptstadt regieren und in der Bundesversammlung über die Besetzung des höchsten deutschen Staatsamtes - des Bundespräsidenten - mitentscheiden dürfen.

  • P
    peter

    Nun lasst es mal gut sein taz. Die C-Parteien haben wahrlich genug Leichen im Keller. Ich verweise nur auf deren unaufgearbeitete NS-Vergangenheit, sowie Lambsdorf, Strauss, Kohl, Koch usw.

    Also bitte, macht nicht den Job der Bild-Schmierfinken.

  • H
    heiribido

    "Gemeinstem und liederlichen Verrat" habe Gysi begangen.

     

    Schöner Deutsch, die.

  • A
    Andre

    Was regt sich die Welt auf? Das nach dem 2. WK eine Menge NSDAP Mitglieder in der Politik wie z.B. Walter Scheel der später sogar Präsident war. Darüber wurde nicht so ein Hermann gemacht. Jaja die anderen Parteien haben Angst vor der Linken, da wird schon mal mit Dreck geworfen.

  • JG
    Jürgen G. Gmell

    Ich frage mich, wann wird wohl Egon Bahr (von der Gegenseite) als "inoffizieller Mitarbeiter" oder auch "informeller Mitarbeiter" des BND verunglimpft. Schließlich hat auch er mit den "Geheimen" geredet, nur halt denen von der "richtigen" Seite?

     

    Was sagen die Freigekauften dazu?

     

    Die Art und Weise, wie hier Herr Gysi, bei anderen lasse ich diesen Vorsatz weg, öffentlich demontiert werden soll, zeigt m. E. nur, welche - inzwischen fast schon zur hysterischen Angst angewachsene - Panik offensichtlich die Regierungsparteien vor einer neu erstarkten Linken haben.

     

    Es ist klar, dass deren Führungspersonen - und gerade die, welche positive Identifikation ermöglichen - als Zielpersonen massiven Angriffen ausgesetzt werden.

     

    Wo die aber für Herrn Gysi negative gesundheitliche Folgen gezeitigt haben, ist in der Tat jegliches gesundes Maß überschritten.

  • UR
    Udo Radert

    "Gregor Gysi und Katja Kipping während der aktuellen Stunde zur angeblichen Stasivergangenheit Gysis im Bundestag."

     

    Was bitte, heißt hier "angebliche" Stasivergangenheit?

     

    Bitte die Geschichtsklitterungen unterlassen, Gysis Stasibeziehungen wurden bereits 1998 und erst recht heute wieder eindeutig festgestellt.

     

    Da ist nichts "angebliches" mehr dabei...